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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber in Wirklichkeit würde sie es tun, weil er sie in der Stunde ihrer Not Patty genannt hatte.
    Und das wäre längst nicht das Ende. Wenn er ging, würde sie mit niemals versiegender Energie dafür sorgen, dass er auf die schwarze Liste kam. Er würde ganz sicher nie wieder bei einer Dichter-Tournee lesen, an der sie beteiligt war, und das waren eine ganze Menge Tourneen. Dann war da das heikle Problem der Stipendien. Ihr Mann hatte ihr einen Haufen Geld hinterlassen (obwohl man, wie er glaubte, wahrscheinlich nicht sagen konnte, wie Ron Cummings dies tat, dass ihr das Geld praktisch aus dem Arschloch fiel, denn Gard glaubte nicht, dass Patricia McCardle überhaupt etwas so Vulgäres wie ein Arschloch oder auch nur ein Rektum besaß – wenn sie sich erleichtern musste, geschah das wahrscheinlich durch einen Akt Unbefleckter Ausscheidung). Patricia McCardle hatte einen großen Teil dieses Geldes für verschiedene Stiftungen verwendet. Dies machte sie gleichzeitig zu einer ernst zu nehmenden Mäzenin und einer überaus gerissenen Geschäftsfrau, was das raffinierte Geschäft der Einkommenssteuer betraf: Die Stiftungsgelder waren Abschreibemodelle. Ein paar finanzierten Dichter über bestimmte Zeiträume hinweg. Ein paar finanzierten mit Bargeld dotierte Literaturpreise und andere bezuschussten Magazine für zeitgenössische Literatur und Poesie. Diese Stipendien und Zuschüsse wurden von Komitees vergeben. Aber hinter jedem wirkte die Hand von Patricia McCardle und gewährleistete, dass sie sich so exakt zusammenfügten wie die Teile eines chinesischen Puzzles … oder die Fäden eines Spinnennetzes.
    Sie konnte ihm viel mehr antun, als ihre lausigen sechshundert
Dollar zurückzufordern. Sie konnte ihm einen Maulkorb verpassen. Dabei war es möglich – unwahrscheinlich, aber immerhin möglich –, dass er noch ein paar gute Gedichte schrieb, bevor die Wahnsinnigen, die der Welt den Lauf einer Schrotflinte in den Arsch geschoben hatten, den Abzug betätigten.
    Also bring es hinter dich, dachte er. Er hatte beim Zimmerservice eine Flasche Johnny Walker bestellt (Gott segne DAS SPESENKONTO für immer und alle Zeit, amen), und schenkte sich jetzt mit einer Hand, die bemerkenswert ruhig geworden war, seinen zweiten Drink ein. Bring es hinter dich, das ist alles.
    Aber im Lauf des Tages dachte er immer wieder daran, an der Haltestelle Stuart Street in einen Greyhound-Bus einzusteigen und fünf Stunden später vor dem staubigen kleinen Drugstore in Unity wieder auszusteigen. Von dort per Anhalter weiter nach Troy. Bobbi Anderson anrufen und sagen: Ich wurde beinahe vom Zyklon davongewirbelt, Bobbi, aber ich bin gerade noch rechtzeitig in den Sturmkeller gekommen. Schwein gehabt, was?
    Scheiß drauf. Du bist deines eigenen Glückes Schmied. Wenn du stark bist, Gard, dann wirst du Glück haben. Bring es hinter dich, das ist alles. Genau das wirst du jetzt tun.
    Er wühlte in seiner Tragetasche und suchte nach den besten Kleidungsstücken, die er noch übrig hatte, da seine Lesekleidung unrettbar verloren zu sein schien. Er warf verblichene Jeans, ein weißes Hemd, eine zerknitterte Garnitur Unterwäsche und ein Paar Socken auf die Bettdecke (danke, Ma’am, das Bett brauchen Sie nicht zu machen, ich habe in der Badewanne geschlafen). Er zog sich an, aß ein paar Certs-Pfefferminzdrops, trank etwas Stoff, aß noch mehr Certs, und wühlte dann wieder in der Tasche, diesmal auf
der Suche nach Aspirin. Er fand es und nahm ein paar. Er sah zur Flasche. Sah weg. Das Pochen der Kopfschmerzen wurde schlimmer. Er setzte sich mit seinem Notizbuch ans Fenster und versuchte zu entscheiden, was er an diesem Abend vorlesen wollte.
    Im Licht dieses abscheulich langen Nachmittags sahen alle seine Gedichte aus, als wären sie in Punisch geschrieben. Anstatt seine Kopfschmerzen zu lindern, schien das Aspirin sie stattdessen zu verstärken: bamm, bamm, danke, Ma’am. Sein Kopf dröhnte mit jedem Herzschlag. Es waren die alten Kopfschmerzen, die sich anfühlten, als würde ihm ein stumpfer Stahlbohrer langsam von einem Punkt oberhalb links von seinem linken Auge in den Kopf getrieben. Er berührte die feine Narbe dort mit den Fingerspitzen und strich dann mit seinen Fingern an ihr entlang. Die dort unter der Haut vergrabene Stahlplatte war die Folge eines Skiunfalls in seinen Teenie-Jahren. Er erinnerte sich noch, wie der Arzt gesagt hatte: Du wirst vielleicht von Zeit zu Zeit Kopfschmerzen haben, mein Sohn. Wenn sie kommen, dann danke Gott,

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