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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gibt es ja nicht ...«, sagte er leise.
    Caroline sah auf. »Was ist los, Schatz?« Jake schüttelte den Kopf. »Ach, nichts.« Er reichte ihr die Zeitung über den Tisch hinweg und zeigte auf einen Artikel. »Nur der Ort, wo es passiert ist.«
    Caroline überflog den Artikel. »Fellhead«, sagte sie mit ausdruckslosem Gesicht. »Das ist wohl der Ort, wo die reizende Jane herkommt?«
    Sie hatten bisher, einer stillschweigenden Abmachung folgend, nicht viel über die Vergangenheit gesprochen, aber als Caroline plante, einen Packen Briefe von Robert Southey zu kaufen, hatte Jake erwähnt, dass er einige Zeit mit Jane im Lake District verbracht hatte. »Stimmt«, sagte er und grinste dann. »Ich hoffe, sie hat diesen Artikel gesehen.« »Warum? Weil Fellhead nicht gerade oft in den Schlagzeilen ist?«
    »Nein ...« Er beugte sich hinüber und zeigte auf den vorletzten Absatz. »Weil sie überzeugt sein wird, dass dies ein Beweis für eine ihrer verrückten Theorien ist.« »Ich verstehe nicht«, sagte Caroline in einem Ton, der deutlich machte, dass dies bei ihr höchst selten der Fall war. »Die schwarzen Tätowierungen. Es sind solche, die sich die Seeleute früher in der Südsee machen ließen, als Segelschiffe auf den Inseln anlegten, um Vorräte an Bord zu nehmen und mit den Eingeborenen Handel zu treiben«, erklärte Jake. »Zum Beispiel ließen sich die meisten Seeleute der Bounty tätowieren, während sie auf Tahiti Brotfrüchte sammelten, die sie mit nach Hause bringen sollten.« »Was für ein kurioses Detail.«
    »Jane hat mir ihre Lieblingstheorie so oft vorgetragen, dass ich sie nicht vergessen habe.« Jake lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und freute sich, dieses eine Mal im Mittelpunkt zu stehen. »Sie glaubt, dass Fletcher Christian nicht auf Pitcairn umgekommen, sondern in den Lake District zurückgekommen ist und von seiner Familie beschützt wurde. Das ist ein Gerücht, das in der Gegend dort schon seit fast zweihundert Jahren kursiert.«
    »Amüsant«, sagte Caroline. »Und auch erstaunlich, dass es solche unglaublichen Geschichten, die sonst meist in Städten entstehen, schon gab, bevor die Städte sich ausbreiteten.« Er lächelte und fand es genauso komisch wie sie. »Aber Jane ist noch einen Schritt weitergegangen. Das ist das Verrückte an der Sache. Sie ist überzeugt, dass Christian, wenn er nach Hause zurückgekommen wäre, darauf gebrannt hätte, seine Geschichte zu erzählen, um die Sache klarzustellen.«
    »Da hat sie wahrscheinlich Recht«, sagte Caroline, nahm sich lässig eine Zigarette und zündete sie an. »Wer hätte an seiner Stelle seine Geschichte nicht bekannt machen wollen?«
    »Na ja, Jane glaubt, dass er seinen alten Schulfreund William Wordsworth besuchte und ihm seine Version der Ereignisse erzählte. Und dass William alles in Form eines langen, narrativen Gedichts niederschrieb, das er aber nie ohne schlimme Folgen für sich selbst und die ganze Familie Christian hätte veröffentlichen können.«
    Caroline hatte sich kerzengerade aufgerichtet, riss sich die Sonnenbrille vom Gesicht und starrte ihn an. »Fletcher Christian ging mit Wordsworth zusammen zur Schule?«, fragte sie.
    »Offenbar ja. Jane sagt, dass dieser Teil der Geschichte auf unstrittigen Tatsachen beruht. Aber der Rest ist nur Gerücht, Klatsch und Janes Phantasiegebilde.«
    »Jake, hast du eine Ahnung, was solch ein Gedicht wert wäre, wenn wir mal annehmen, dass es wirklich existiert?« Plötzlich war die griechische Maske abgefallen, und die gerissene Londoner Geschäftsfrau kam zum Vorschein, die er auf der Party kennen gelernt hatte.
    Er runzelte die Stirn, fühlte sich unbehaglich und ertappt. »Das hab ich mir noch nie überlegt. Hunderttausend?« Caroline schüttelte ungläubig den Kopf. »Mindestens zehnmal so viel. Wahrscheinlich mehr. Ich würde schätzen, zwischen einer und zwei Millionen, je nachdem, wie lang das Gedicht ist.«
    Jake pfiff leise. »Schade, dass es nicht Realität ist«, sagte er bestimmt.
    Caroline starrte ihn mit unergründlichem Gesichtsausdruck an. »Wieso weißt du, dass das Gedicht nicht existiert?« Jake stieß hervor: »Es gibt keine Beweise, dass es existiert. Oder je existiert hat. Es ist nur eine verrückte Idee von Jane.«
    »Das ist die gleiche Jane, deren wissenschaftliches Fachgebiet Wordsworth ist?«, fragte Caroline mit einer gewissen Schärfe, die in ihrem freundlichen Ton mitschwang. »Ja, aber ...«
    »Sie ist also wahrscheinlich auf ihrem Fachgebiet sehr

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