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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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nicht, wie sie bei seinem Spiel mitmachen konnte. Sie stand auf, denn auch wenn sie blieb, konnte sie nichts weiter erreichen. »Sie müssen tun, was Sie für richtig halten«, sagte sie. »Also, wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich habe zu tun.« Er nickte. »Ich werd mit ihm reden, Dr. Gresham. Ich mag das Pack, das junge Mädchen belästigt, genauso wenig wie Sie. Sie können Tenille sagen, sie wird sicher sein.« »Danke.« Sie wandte sich, die Hand auf der Türklinke, zum Gehen. »Wer immer Tenilles Vater ist, er sollte stolz auf sie sein. Sie ist etwas Besonderes.«
    »Auf Wiedersehen, Dr. Gresham. Ich nehme an, wir werden uns nicht wieder treffen«, sagte er. Er klang so sehr nach einem Schurken aus einem James-Bond-Film, dass der Bann gebrochen war.
    Jane grinste. »Man kann ja nie wissen«, sagte sie. Als sie die Wohnung verließ, war sie in Hochstimmung. Trotz der Gleichgültigkeit, die Hammer ihr vorgespielt hatte, war sie sicher, dass sie erreicht hatte, was sie sich vorgenommen hatte. Sie könnte mit gutem Gewissen und im Vertrauen darauf, dass Tenille nichts Schlimmes passieren würde, nach Fellhead fahren können.
    Einer der größten Vorteile, die Carlisle bot, war die hinreißende Landschaft in der unmittelbaren Umgebung, dachte Dr. River Wilde. Sie hatte entdeckt, dass man in jeder beliebigen Richtung nicht lange zu fahren brauchte, um sich in einer Landschaft von atemberaubender Schönheit wiederzufinden, sei es das düstere hügelige Hochland von Northumberland mit dem Hadrianswall als Querbalken zum Penninischen Gebirge oder die majestätische Schönheit des Lake-District-Nationalparks mit seinen Hochmooren, Wäldern und düsteren Wasserflächen. Sie war in der Nähe von Cambridge in einer rundum flachen Gegend aufgewachsen, die nur wenig Abwechslung bot. Hier oben im Norden nahmen die Jahreszeiten irgendwie schneller Gestalt an, und jeder Tag brachte eine fein schattierte Änderung der Welt um sie herum. Es war eine Landschaft, deren Geschichte zur Analyse genauso geeignet war wie der menschliche Körper, dachte sie. Kürzlich hatte sie sich einer Gruppe von Universitätsangestellten angeschlossen, die jeden Sonntag in den Bergen wanderte, und erst eine Woche zuvor hatte die beiläufige Bemerkung eines ihrer Kollegen sie erstaunt innehalten lassen. Als sie die Ostseite des Great Gable hinaufgegangen waren, hatte er gesagt, wenn Wordsworth jetzt nach England zurückkäme, würde er in seiner Heimatlandschaft, dem Lake District, viel mehr Veränderungen feststellen als auf dem Universitätsgelände seines Cambridger Colleges.
    »Wir halten die Landschaft für unveränderlich, aber da haben wir Unrecht«, sagte er. »Überall sehen wir hier die Auswirkung der menschlichen Hand oder eigentlich der Füße. Betrachten Sie nur die Erosion auf diesen Wegen und die Straßen«, fügte er hinzu und wies in die Richtung von Buttermere und Derwent Water, wo die Sonne auf den Stahldächern der Autos glänzte. »An jedem schönen Sommertag erstickt alles im Verkehr. Zu Wordsworths Zeiten ging man über die Pfade der Viehtreiber, nicht über Straßen, die aus den Bergen herausgeschnitten sind wie aus einem Stück Käse. Und die Wege waren meist leer. Diese Landschaft erzählt die Geschichte der letzten zweihundert Jahre deutlicher als jedes weit ausgedehnte Stadtgebiet.«
    »Ganz zu schweigen von der Geschichte der Teestube«, hatte ein anderer Kollege düster eingeworfen. »Ich bin überrascht, dass uns oben auf dem Great Gable noch keine erwartet.« River hatte ihre Gedanken dazu für ein andermal aufgehoben, und heute Morgen, als sie auf der alten römischen Straße in Richtung Bothel aus Carlisle hinausfuhr, dachte sie wieder darüber nach. Fast zweitausend Jahre waren vergangen, seit diese Straße von Legionären gebaut wurde, die viele Meilen von ihrer Heimat entfernt gezwungen waren, fremdländische Kost zu essen und sich an die oft höllischen Winter der nördlichsten Gegenden des Reichs zu gewöhnen. Sie fragte sich, wie viel von dem, was sie jetzt sah, bei den Geistern der Legionäre noch Erinnerungen wecken würde. Vielleicht der Horizont, vielleicht die Farben. Aber sonst nicht viel. Sie liebte auch die Ortsnamen, die an eine weitere Welle von Eindringlingen erinnerten. Die Wikinger hatten den Orten, die sie besetzten - Ireby, Branthwaite, Whitrigg, - in den Nachsilben ihren Stempel aufgedrückt. Und es gab andere wunderbare Namen, deren Herkunft sie nicht kannte - Blennerhasset, Dubwath und

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