Das Moor Des Vergessens
Moor gefunden, daher der Name. Und seine Tätowierungen sind typisch für einen Seemann, also habe ich meiner Phantasie freien Lauf gelassen. Außerdem klingt es besser als Moorseemann.« »Da haben Sie Recht. Viel Glück.«
»Danke. Möchten Sie, dass ich Sie auf dem Laufenden halte?«
Er nickte. »Das wäre prima. Also ...« Er zögerte kurz und sagte dann sehr schnell: »Sie hätten wohl keine Lust, mal etwas mit mir trinken zu gehen?«
Der Gedanke war River tatsächlich überhaupt noch nicht gekommen. Aber je mehr sie darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr die Idee. Sie lächelte. »Doch, eigentlich schon. Und Sie können mir mit Ihrem Fachwissen helfen.« »Wie denn?« »Na ja« - sie brach mit einem verlegenen Lachen ab -, »mir
ist gerade klar geworden, dass ich nicht mal Ihren Vornamen weiß.«
Sie lachten beide. »Ewan. Heißt das, ich darf Sie fragen, woher Ihr Name kommt?« River war etwas verlegen. »Hippie-Eltern.« »So ein Name macht es einem bestimmt nicht einfach, ernst genommen zu werden. Ich muss zugeben, ich dachte, jemand hätte sich einen Spaß erlaubt.«
»Tatsächlich?« Sie warf ihm ein Lächeln zu, das aber nicht bis zu ihren Augen reichte. »Immerhin bricht er das Eis.« Das Lächeln war verschwunden. »Ich erwarte allerdings, dass man mich ernst nimmt.«
Ihre Entschlossenheit, die nicht zu übersehen war, rief bei Rigston die Erinnerung an seine zwölfjährige Tochter wach, die er immer seltener sah, seit ihre eigenen Angelegenheiten wichtiger geworden waren als das Bedürfnis, einen Vater zu sehen, der seit fünf Jahren nicht mehr mit ihr unter einem Dach wohnte. River Wilde machte genau wie Marnie den Eindruck, sie wolle etwas beweisen und sei absolut entschlossen, Erfolg zu haben. Er sagte sich jedoch, dass diese Frau kein Kind mehr war, egal, wie jung sie schien. Sie war es gewohnt, Dinge zu sehen, mit denen seine Tochter, so hoffte er, nie fertig werden müsste. »Natürlich würde ich mir etwas anderes auch nicht einmal im Traum einfallen lassen.« Sein Gesichtsausdruck war freundlich und offen. River entspannte sich. »Also, wozu brauchen Sie mein Fachwissen?«, fuhr er fort.
»Weil er bestimmt ein Fall für Sie wäre, wenn er nicht schon so lang tot wäre. Ganz sicher werde ich es wissen, wenn wir Röntgenaufnahmen und die CT-Untersuchung vom ganzen Körper gemacht haben, aber momentan neige ich zu der Meinung, dass unser Moorpirat keines natürlichen Todes gestorben ist. Ich glaube, jemand hat ihm den Schädel eingeschlagen.«
Für Tenille war das Glück, allein in Janes Wohnung sein zu dürfen, fast den Anlass wert, durch den es dazu gekommen war. Jane war gut gelaunt von ihrem Treffen mit Hammer zurückgekommen, sagte aber wenig darüber, außer dass sie überzeugt sei, Tenille würde keine Probleme mehr mit Geno haben. »Hm«, brummte Tenille.
»Ich kann verstehen, dass du vielleicht Zweifel hast«, meinte Jane. »Aber ich habe das Gefühl, dass Hammer nichts sagt, was er nicht auch ernst meint. Also, tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen, Tenille, muss den Zug noch erwischen. Ich werde zwei Wochen weg sein. Du kannst den Rest des Tages hier bleiben, wenn du willst. Lass einfach die Tür hinter dir ins Schloss fallen, okay?« »Ja, okay. Kann ich an den Computer gehen?« Jane überlegte einen Moment und nickte dann. »Aber heute Abend musst du nach Hause. Ich will nicht, dass du dich endlos lange hier verkriechst. Versprichst du das?« Tenille hatte so getan, als schmolle sie, hatte es aber versprochen. Sie würde später die Wohnung verlassen, und wenn Geno da war, würde sie einfach in Janes Wohnung zurückgehen. Sie hatte den Schlüssel, und da sie wusste, dass Jane weg war, hatte sie die Freiheit, die Bude zwei Wochen als ihre eigene zu nutzen. Irgendwie würde sich die Lage bis dahin von selbst beruhigen, sagte sie sich. Egal, was Jane davon hielt, sie war nicht überzeugt, dass Hammer sich Geno vorknüpfen würde. Er war kein Mann, der sich von einer Frau etwas vorschreiben ließ, und schon gar nicht von einer Frau der weißen Mittelschicht.
Tenille wartete geduldig, während Jane eine Tasche mit Kleidern und Büchern packte, und sobald sie weg war, ging sie ins Arbeitszimmer. Sie setzte sich, und ihr Finger verharrte über dem Anschaltknopf. Sie fühlte sich zu aufgedreht, um online zu gehen. Im Lauf der letzten Jahre hatte sie sich beigebracht, sich so zu fühlen, als sei sie allein auf der Welt, ein einzelnes Teilchen, das im Leben anderer Menschen
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