Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
nicht genau, wo.« »Sie wollen damit sagen, dass Tenille ihre Zeit in der Wohnung einer fremden Frau verbracht hat, und Sie wissen nicht, wo sie ist?«, sagte Donna mit gespielter Empörung. Sie wusste, dass an Sharons Verhalten nichts Ungewöhnliches war, jedenfalls nicht in der Marshpool-Siedlung, wo eine deprimierend hohe Zahl von Eltern nicht die leiseste Ahnung hatte, wo ihre Kinder zu jeder beliebigen Tages- oder Nachtzeit waren.
    »Es ist besser, als sich in der Siedlung herumzutreiben und Drogen zu rauchen und zu trinken«, sagte Sharon kampflustig. »Ich weiß über die Frau nur, dass sie Jane heißt und Dozentin an der Universität ist.« »An welcher?«
    Sharon schien verblüfft. »Einfach an der Universität.«
    Donna schob ihren Stuhl zurück, und die Stuhlbeine quietschten auf dem PVC-Belag. »Ich werde dem nachgehen. Hoffentlich lügen Sie nicht, Sharon. Was mich betrifft, stehen Sie so lange unter Verdacht, bis ich mit Tenille gesprochen habe.«
    »Das können Sie doch nicht machen«, widersprach Sharon und stand auf. »Ich will gehen.«
    Donna sprang auf und ging mit atemberaubender Geschwindigkeit um den Tisch herum. Sie stand so nah vor Sharon, dass sie den Geruch von Kochfett in ihrem Haar wahrnehmen konnte, und sah ihr fest in die Augen. »Bringen Sie mich nicht dazu, Sie zu verhaften, Sharon. Ich kann Sie wegen Verabredung zu Mord und Brandstiftung hier so schnell einbuchten lassen, dass Sie große Augen machen würden. Also, jetzt sind Sie so nett und setzen Sie sich.« Sharon wich vor ihr zurück. Sie stieß mit den Kniekehlen an den Stuhl und sank unbeholfen auf die harte Sitzfläche. Donna lächelte. »Ich lasse Ihnen eine Tasse Tee bringen.« Sie ging zur Tür. Jetzt krieg ich dich, Tenille.

 
     
     
    Die Arbeit war zwar ermüdend, aber nicht schwer. Unsere Aufgabe war es, achthundert Brotbaumsetzlinge zu sammeln, und das hatten wir in zwei Wochen erledigt. Aber wenn wir zu dieser Zeit zur Heimreise in See gestochen wären, hätte das an Selbstmord gegrenzt. Kein Kapitän, der auf die Erhaltung seines Schiffes und seiner Ladung bedacht ist, würde versuchen, den Pazifik in der Regenzeit zu überqueren, und er hätte auch gar keine Chance, gegen die Gewalt des meist direkt aus der Gegenrichtung kommenden Windes die Torresstraße zu passieren. Und so mussten wir bis zum vierten April des nächsten Jahres auf Tahiti ausharren. Im Grunde bedeutete das weder für die Offiziere noch für die Mannschaft eine Härte. Die Eingeborenen erwiesen uns große Gefälligkeiten, das Essen war gut und reichlich und das Wetter herrlich. Wir erlernten die Sprache der Eingeborenen, und sie nannten mich Titreano, besser konnten sie meinen Familiennamen nicht aussprechen. Ich schloss viele Freundschaften, unter anderem mit Mauatua , die später meine Frau werden sollte und die ich Isabella, nach meiner Cousine Isabella Curwen, taufte. Für meine Person war die Trennung von Bligh nur noch ein zusätzlicher Vorteil des angenehmsten Lebens, das ich je gekannt hatte.

14
    Auf den ersten Blick sah es nicht nach viel Material aus. Ein halbes Dutzend Archivkartons, das war alles. Aber Jane wusste, dass es nicht ganz so war. In jeder dieser Schachteln würde ein Stoß von brüchigen Papieren liegen, manche davon waren seit einer Generation oder länger nicht mehr angefasst worden. Briefe in verschiedenen Handschriften, gekritzelt oder wie gestochen, hingeworfene Notizen und Fragmente in verblasster Tinte, unleserliche Entwürfe mit ausgestrichenen Stellen und Überarbeitungen. All dies lag in chaotischer Fülle bereit, um ihre Augen und die Grenzen ihres Wissens zu strapazieren.
    Anthony hatte ihr versichert, es gebe keine weiteren Unterlagen im Besitz der Stiftung, die noch nicht katalogisiert seien. »Natürlich ist eine beträchtliche Menge von anderen Wordsworth-Materialien noch irgendwo da draußen in der Welt, aber wir haben keine Möglichkeit, zu erfahren, was es ist und in wessen Besitz es sich befindet«, sagte er. Als er Janes bedrückte Miene sah, lächelte er. »Lass dich nicht entmutigen. Wir haben auf jeden Fall viel mehr Material als irgendjemand sonst. Und wir wollen die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass du hier deinen ersten Hinweis gefunden hast.«
    Janes Lächeln war so düster wie der Winter in Fellhead. »Ich werde an dem Gedanken festhalten«, sagte sie und hob in dem kleinen Zimmer, das Anthony ihr als Arbeitsraum zugeteilt hatte, den ersten Karton auf den Tisch. »Schreckliche

Weitere Kostenlose Bücher