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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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gleichen Topf, es wird erwartet, dass wir zusammenhalten.« Schließlich hatte sie sich durchgesetzt, allerdings nicht, ohne mehr Energie aufwenden zu müssen, als so ein hochnäsiger sturer Bürokrat eigentlich verdiente. Donna schwang das bedruckte Blatt, das sie dem murrenden Beamten der Stadtverwaltung letzten Endes abgerungen hatte. »Es geht hier nicht um eine der üblichen Festnahmen in Marshpool. Jane Gresham ist keine Schlampe. Sie ist eine ehrbare Bürgerin. Sie hat sogar eine Arbeit, was hier ungefähr genau so üblich ist wie ein Preis für regelmäßige Anwesenheit in der Schule. Wir werden also an Ms. Greshams Tür klopfen und vernünftig mit ihr darüber reden, wo sich Tenille Cole aufhält, anstatt ihre Tür einzutreten.« »Und wenn wir feststellen, dass sie so eine radikale feministische Lesbe ist, die sich für die Bürgerrechte stark macht und uns nicht reinlässt, damit wir uns höflich mit ihr unterhalten können?«, fragte DS Chappel.
    »Dann treten wir die Tür ein«, sagte Donna, wandte sich ab und starrte den gigantischen, neben ihr aufragenden Betonblock an. »Also gut, Jungs, nehmt den Rammbock mit.« Sie ging voran. »Will jemand eine Wette darauf abschließen, dass der Aufzug funktioniert?«
    Es war seltsam, dachte Tenille, dass ein sonst so geschätztes Gut, das nur selten zu haben war, seine Anziehungskraft verlor, wenn es als einzige Möglichkeit übrig blieb. Normalerweise wurde sie nie müde, sich in den Chatrooms aufzuhalten und sich mit Gleichgesinnten über Dinge zu unterhalten, die sie interessierten. Aber heute, wo sie unbegrenzten Zugriff hatte und nichts sie störte, ödete sie das Internet an wie noch nie. Sie hätte sehr gern ferngesehen, und seien es auch nur die Lokalnachrichten. Nur stand der Fernseher im Wohnzimmer, und man konnte wahrscheinlich durch die Gardinen, die Jane vor dem Fenster zum Weg aufgehängt hatte, das Flackern sehen. Sollte man kommen und sie suchen, würde dadurch sofort verraten, dass sich jemand in der Wohnung aufhielt.
    Schließlich hatte sie den Knautschsack und das Radio ins Arbeitszimmer geschafft, die Lautstärke heruntergedreht und, auf dem Boden sitzend, versucht, sich so zu konzentrieren, dass sie lesen konnte. Aber es war schwierig, zur Ruhe zu kommen. Die Angst quälte sie, und je mehr sie sich einredete, alles sei in Ordnung, desto schwerer war es, das zu glauben.
    Sie war fast erleichtert, als sie ein Klopfen an der Wohnungstür hörte. Tenille erstarrte, mit weit aufgerissenen Augen hielt sie krampfhaft das Buch fest. Erneutes Klopfen, dann eine Frauenstimme. »Miss Gresham? Hier ist die Polizei. Machen Sie bitte auf.« Die Stille schien sich endlos zu dehnen. Dann klapperte es am Briefschlitz. Die gleiche Stimme, jetzt klarer. »Miss Gresham, ich warne Sie, wenn Sie die Tür nicht freiwillig öffnen, werden wir uns mit Gewalt Zutritt verschaffen.«
    Tenille kam es vor, als klebe ihre geschwollene Zunge am harten Gaumen. Vor Angst musste sie aufs Klo. Was war das für ein Mist? Wieso spuckten die so große Töne, dass sie Janes Tür aufbrechen wollten? Selbst wenn sie die Verbindung zwischen ihr und Jane hergestellt hätten, würden sie doch nicht kommen und mit einem Rammbock nach Zeugen suchen.
    Bevor sie den nächsten logischen Schritt vollziehen konnte, wurde schon wieder geklopft, diesmal von Rufen begleitet. Dann plötzlich Stille, unterbrochen von der unverkennbaren krächzenden Stimme der verrückten Irin von nebenan: »Jesses, Marie und Josef, wieso um Himmels willen macht ihr da so 'n Krach?« Auf ihre Frage folgte der übliche Anfall von schleimigem Husten. »Und wer sind Sie?«
    »Ich bin Noreen Gallagher. Ich bin diejenige, die vor dem Fernseher 'n Nickerchen machen wollte, bis ihr so laut wart, dass die Toten aufwachen.«
    »Wir suchen Jane Gresham«, sagte die Polizistin. Tenille konzentrierte sich mit halb zusammengekniffenen Augen, um kein einziges Wort zu verpassen.
    »Die werden sie jetzt nicht hier finden, oder?«, sagte Noreen verächtlich.
    »Das ist doch ihre Wohnung, nicht wahr?« »Natürlich ist es ihre Scheißwohnung. Aber sie ist nicht da. Sie ist für zwei Wochen nach Hause gefahren in den Lake District. Gestern früh ist sie gefahren, hat angeklopft und mir gesagt, dass sie weggeht. Großen Rucksack auf’m Buckel und alles. Ihr werdet also Jane Gresham nicht hier finden. Was wollt ihr überhaupt von ihr?« »Das ist Sache der Polizei, Mrs. Gallagher. Ist sonst jemand in Miss Greshams Wohnung?«
    Noreen

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