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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Scheinwerfer näherten. Mit klopfendem Herzen packte er das Steuerrad. Mein Gott, das war knapp gewesen.
    Jake wischte sich den Schweiß von der Oberlippe und wartete ungeduldig darauf, dass die Ampel grün wurde. Er warf einen Blick auf die Karte, um sicherzugehen, dass das stimmte, was er vermutet hatte. Es gab hier keine Stelle, wo Jane abbiegen konnte, erst wieder am Ende des Sees. Auf der einen Seite war Wasser, auf der anderen waren die steilen, bewaldeten Hänge des Helvellyn. Wenn er ordentlich Gas gab, konnte er sie vielleicht noch einholen. Als die Ampel von Gelb auf Grün sprang, schoss er los und raste die Straße entlang. Aber als er die Stelle erreichte, wo er sich entscheiden musste, war immer noch kein Fiesta zu sehen. Hier war Jane entweder nach Keswick weitergefahren oder rechts auf die große Straße zur M6 abgebogen. Jake zögerte einen Moment und versuchte dann sein Glück mit der Straße, die er als den Weg in die Zivilisation betrachtete. Sein schnelleres Auto, das auch besser auf der Straße lag, würde vielleicht genügen, um sie einzuholen. Und wenn nicht, konnte er immer noch nach Keswick zurückkehren und auf den Parkplätzen nachsehen.
    Nach einer Meile kam er um eine Kurve und fuhr fast auf einen Traktor auf, der zwischen den niedrigen Steinmauern am Straßenrand dahinzuckelte. Es war an der Zeit, die Jagd aufzugeben. Schrecklich frustriert nutzte er die nächste Toreinfahrt, um zu wenden, und fuhr nach Keswick zurück. Nachdem er eine weitere halbe Stunde gesucht hatte, sah er sich gezwungen, seine Niederlage einzugestehen. Es würde nicht viel bringen, ans Ende der Straße zurückzukehren. Wenn Jane wieder dort vorbeikam, würde sie nach Hause fahren, zurück in den schützenden Schoß der Familie. Und ihm fiel keine andere Möglichkeit ein, ihr zu begegnen. Zumindest konnte er ziemlich sicher sein, dass Jane kein beweiskräftiges Dokument für ihre These gefunden hatte, denn sonst hätte sie ihre Zeit mit Anthony Catto im Dove Cottage verbracht.
    Bei dem Gedanken machte sein Gehirn einen dieser unerklärlichen Sprünge, die Wissenschaftler Intuition und Priester göttliche Eingebung nennen. Als er und Jane noch zusammen gewesen waren, hatten sie eine Woche gemeinsam in Barcelona verbracht. Um Gepäck zu sparen, hatten sie nur seinen Laptop mitgenommen. Sie installierte ihr E-Mail-Programm auf seinem Rechner, und er hatte es nie gelöscht. Es müsste noch drauf sein, inklusive gespeichertem Passwort. Er konnte also ihre E-Mails durchstöbern, ohne dass sie es jemals erfuhr, und er hatte keinen Zweifel, dass ihn das auf eine Spur bringen würde. Heutzutage bekam man doch immer irgendetwas per E-Mail.
    Dr. River Wilde zog einen weißen Kittel über ihre Kleider, die sie am Tag zuvor getragen hatte. Trotz lediglich zwei Stunden Schlaf hatte sie das Gefühl, dass ihre Gehirnzellen Funken sprühten. Guter Sex hatte immer diese Wirkung, dachte sie, streckte die Arme über den Kopf und genoss das Wohlgefühl, das sie durchströmte. So viel Spaß hatte sie schon lange nicht mehr gehabt.
    Es hatte sich keine Verlegenheit eingestellt, als sie zusammen aufwachten. Allerdings hatten sie nicht viel gesprochen, das stimmte schon, denn sie war darauf erpicht, schnell online zu gehen, um zu sehen, welche Informationen sie über Fletcher Christian herausfinden konnte, und er hatte sie gerne seinen Computer benutzen lassen. Alles war sehr gelassen und natürlich gewesen. Sie hatte keine Ahnung, wie es sich weiterentwickeln würde. Aber im Moment folgte sie dieser Route nur allzu gern.
    River knöpfte ihren Kittel zu, nahm das Klemmbrett mit ihren Notizen und eilte in den Raum des Bestattungsinstituts, wo der Moorpirat unter dem grellen Licht der Neonröhren und der Scheinwerfer für die Fernsehaufnahmen auf sie wartete. Beim Eintreten warf sie einen prüfenden Blick auf ihr Publikum: Zwei Studenten, die ihren Master in forensischer Anthropologie machen wollten, einer von der Archäologie und ein Paläobotaniker. Und auf der Seite ein Kameramann, eine Tonfrau und ein Regisseur. »Bevor wir anfangen«, sagte sie mit einem Blick auf die Studenten, »möchte ich mich schon im Voraus bei Ihnen entschuldigen. Manches von dem, was wir heute durchgehen, wird sehr vereinfacht sein, denn ich muss mich auf ein Fernsehpublikum einstellen, das nicht über Ihre bereits erworbenen Kenntnisse verfügt. Wenn wir mit den Aufnahmen fertig sind, können wir uns zusammensetzen und die Sache noch einmal mit etwas mehr

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