Das Moor Des Vergessens
ganz sicher, dass sie das schaffen konnte. Sie fragte sich, ob sie schon außerhalb von Marshpool nach ihr suchten und bereits Kontakt mit Jane aufgenommen hatten.
Aber nicht mal eine Sekunde lang fragte sie sich, ob das, was sie tat, richtig sei.
Die Erinnerung an die Geschichte meines Bruders hatte einen Samen in meine Vorstellung gepflanzt, der nicht mehr weichen wollte, wie sehr ich auch versuchte, ihn zu vergessen. Die Meuterei auf der Middlesex war gescheitert, weil es bei den Matrosen nur eine ungenügende Bereitschaft für eine Meuterei gab. Aber ich hätte eine Wette eingehen können, dass Bligh verdammt wenige Anhänger unter den Männern hatte. Zu viele von ihnen hatten unter seiner bösen Zunge und seinem kleinlichen tyrannischen Wesen gelitten. Da entschied ich mich auf der Stelle für den Ausweg, den mein Bruder gewählt hatte, und dafür, die Folgen zu akzeptieren, welche das auch sein mochten, sollte die Behandlung durch Bligh unerträglich werden. Am folgenden Tag kam das letzte noch fehlende Sandkorn zu dem Berg hinzu, der mich schon erdrückte. Bligh warf mir im Beisein der Männer vor, ich sei ein ganz gewöhnlicher Dieb, und bestrafte dann die ganze Mannschaft für mein angebliches Vergehen, seine Kokosnüsse entwendet zu haben. Ich weiß nicht, was ein stärkerer Mann unter solchen Umständen getan hätte. Ich weiß nur, dass ich die Bürde seiner Launen, seiner Eitelkeit und Boshaftigkeit nicht länger ertragen konnte.
18
Nur eine einzige Straße zog sich durch Fellhead. Wenn ein Fahrer nicht entschlossen war, sich über die Seite des Langmere Fell hinaufzuschlängeln und einen schwierigen schmalen Bergpass zu nehmen, gab es also nur einen einzigen Weg ins Dorf hinein und hinaus. Jake stellte seinen Wecker auf sechs, und um Viertel vor sieben war er am Ende der Straße durch Fellhead, erschöpft von der Reise der zurückliegenden Tage und verärgert, dass er in Keswick keinen anständigen Becher Kaffee zum Mitnehmen auftreiben konnte, der sein Gehirn in Gang hätte bringen können. Ein unbarmherziger dünner Nieselregen behinderte die Sicht und wusch die Farben aus der Landschaft. Tief hängende Wolken bedeckten die Bergkuppen, und Tieflandschafe kauerten sich an Steinmauern und Bäume.
Er wollte nicht ins Dorf hineinfahren. Einige wenige Bewohner würden ihn vielleicht von früheren Besuchen bei Jane wiedererkennen. Und er hatte jedenfalls keine Lust, Judy Gresham in die Arme zu laufen, die im Tante-Emma-Laden vorbeischaute. Was immer Jane über das Ende ihrer Beziehung gesagt hatte, war bestimmt nicht geeignet gewesen, ihm die Zuneigung der Eltern einzubringen. Also parkte er auf einem mit Kies bestreuten Platz zwanzig Meter vor der Straßenkreuzung. Hier konnten Wanderer ihre Autos direkt an dem Fußweg stehen lassen, auf dem man den Langmere Fell besteigen konnte.
Es war mehr Verkehr auf der schmalen Straße, als Jake erwartet hatte, und es gab zweimal falschen Alarm. Ein Landrover sah aus der Entfernung ziemlich genau so aus wie der andere. Aber kurz nach acht wurde seine Geduld belohnt. Rote Fiestas wie der, den Judy fuhr, waren nicht so häufig, und als einer aus dem Dorf heraus- und auf ihn zufuhr und beschleunigte, zog Jake den Schirm seiner Baseballmütze weiter über die Augen herunter und spähte darunter hervor. Als der Wagen auf gleicher Höhe mit ihm war, erkannte er Janes Profil. Er wartete, bis sie auf der Landstraße in nördlicher Richtung fuhr, legte dann den Gang ein und folgte ihr. Die Straße nach Thirlmere verlief schnurgerade entlang der alten römischen Straße, also blieb Jake ein gutes Stück zurück. Zumindest garantierte das Wetter, dass Jane die Scheinwerfer eingeschaltet ließ, sodass es leicht war, sie im Blick zu behalten. Er beachtete beim Fahren weder die im Dunst verschwimmmende Schönheit des Sees zu seiner Linken noch die geisterhaften Umrisse der Bäume zu seiner Rechten, sondern konzentrierte sich nur auf die roten Rücklichter vor ihm. Er bemerkte nicht einmal die Schilder, die Straßenarbeiten ankündigten. Janes Wagen verschwand um eine Kurve, und als er diese hinter sich hatte, sah er das Desaster. Die Ampel, die den Verkehr auf der einspurigen Fahrbahn und an der Baustelle vorbei regulierte, sprang gerade auf Rot, als Jane durchfuhr. Er war in Versuchung, Gas zu geben und ihr nachzufahren, aber in letzter Sekunde verließ ihn der Mut, er trat auf die Bremse und kam schleudernd zum Stehen, als sich von der anderen Seite her schon
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