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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Wolkenbank, die sich auf Castlerigg Fell zubewegte. »Es wird Regen geben.«
    »Dann sollten wir für heute Schluss machen. Ich will nicht, dass uns irgendetwas den Abend verdirbt.« Sie hatten ihren Landrover erreicht, River wandte sich zu ihm um und war sich plötzlich nicht sicher, was sie wollte. »Es war ein sehr schöner Abend, Ewan.«
    Er neigte den Kopf. »Find ich auch. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal so guter Stimmung war.« Sein Gesicht lag im Schatten, und sie konnte seinen Ausdruck nicht erkennen. »Wir könnten es ja irgendwann mal wiederholen?«
    »Das würde mir gefallen. Du könntest mich über den Moorpiraten auf dem Laufenden halten.« Sie war enttäuscht. »Wenn du möchtest.« Er lehnte sich an den Landrover. »Weißt du, was die Leute im Ort hier sagen?«
    »Über den Moorpiraten? Nein, was denn?« »Sie sagen, dass Fletcher Christian endlich zur letzten Ruhe gebettet werden kann.«
    River runzelte die Stirn. »Fletcher Christian? Der von der Meuterei auf der Bounty? Was hat der mit unserer Leiche zu tun?« »Fletcher war hier aus der Gegend. Und man hat immer erzählt, dass er später nach Hause zurückkam. Manche sagen, er sei oben am Solway Firth Schmuggler gewesen. Und manche meinen, seine Familie auf der Isle of Man hätte ihm Unterschlupf gewährt.« Er zuckte die Schultern. »Wer weiß.« River war fasziniert. Sie ließ das Revue passieren, was sie über ihre Leiche wusste, und verglich es mit den wenigen Fakten, die ihr von der Geschichte der Bounty bekannt waren. »Ich nehme an, es ist möglich. Der Moorpirat ist in der Südsee gewesen, das steht außer Frage. Aber ich müsste recherchieren. Die Daten und sonst noch einiges nachsehen.« Sie grinste. »Das würde meine Fernsehleute in Aufregung versetzen. Ich muss es ihnen gleich morgen früh sagen.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Rigston auf die Wange. »Ich danke dir dafür.«
    Bevor sie weggehen konnte, zog er sie zu sich heran. »Danke für diesen Abend«, sagte er mit leiser dunkler Stimme. Dann lagen seine Lippen fest auf ihren, seine feinen Bartstoppeln sandten ihr einen Schauer über den Rücken, der nichts mit der Kälte zu tun hatte. Ihre Lippen öffneten sich, und ihre Zungen berührten sich. Wärme stieg von ihrem Bauch auf, und ihre Hände wanderten unter seine Jacke. Als sie sich trennten, atmeten beide schwer. »Tut mir leid«, keuchte er, »ich wollte nicht ...«
    Sie schob ihre Hand nach vorne über seine Hose und strich mit den Fingern über die Konturen seines Penis. »Oh, ich glaube, du wolltest aber doch«, murmelte sie. »Zu mir sind es fünfundvierzig Minuten. Wie lange dauert es zu dir?«
    Zweihundertfünfzig Meilen weit weg rumpelte ein Bus durch die Randbezirke von Oxford. Die Fahrgäste waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen: Ein kleiner Beamter, der den Feierabend mit einer Kollegin im Kino verbracht hatte, eine Hand voll Studenten, die von einem Indie-Konzert in Sheperd's Bush zurückkamen, drei australische Rucksacktouristen auf dem nächsten Abschnitt ihrer Weltreise,
    einige Paare und Singles, die von einem Abend in der großen Stadt nach Hause zurückkehrten. Manche dösten, lasen, schwatzten, manche starrten durch ihr eigenes Spiegelbild im Fenster auf die Läden und Häuser, die an der Busstrecke durch Headington zur schmalen Durchgangsstraße nach St. Clements standen.
    Der schwarze Jugendliche, der krumm auf einem Sitz in der Mitte des Busses saß, war niemandem auch nur einen zweiten Blick wert gewesen. Der größte Teil seines Gesichts lag im Schatten unter dem Schirm seiner Baseballmütze, eine vorbeugende Maßnahme gegen die Art von unverschämten Blicken, die bei den anderen Fahrgästen eine leichte Besorgnis hätten auslösen können.
    Tenille rutschte auf ihrem Sitz zur Seite und sah auf die Uhr. Der Bus war pünktlich. Sie hatte keine Ahnung, was für eine Stadt Oxford war, außer dass es viele Studenten und alte Gebäude gab. Aber sie dachte, es könnte nicht schwierig sein, einen stillen Winkel zu finden, wo man sich zum Schlafen hinlegen konnte. Es war ihr egal, wenn sie nicht lange schlafen konnte. Sie würde den ganzen Tag mit Bussen fahren und konnte sich dort ausruhen. Außerdem riskierte sie jedes Mal, wenn sie einnickte, wieder diese albtraumhaften Bilder von Geno vor sich zu sehen, Geno, der zurückkam und sie verfolgte. Schlaf war wirklich nicht wichtig. Das einzig Wichtige war, den Polizisten nicht über den Weg zu laufen. Und sie war

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