Das Mordgesindel (German Edition)
polizeiliche Unterlagen handeln musste. Es waren professionelle Tatortfotos und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass unser Freund nahe genug an die Leichen herangekommen war.
Snake bekreuzigte sich. »Gott! Was ist das für eine kranke Scheiße?«
Er reichte mir das Bild und mir wurde gleichzeitig heiß und kalt. Eine Frau saß an die Wand gelehnt in einem Hauseingang. Ihre Augen starrten ins Nichts. Im Arm hielt sie einen Säugling. Blutbeschmiert, an der Nabelschnur hängend und tot. Jemand hatte ihr den Bauch aufgeschnitten und das Kind herausgeholt, bevor er seine abartige Kunst der Öffentlichkeit präsentierte.
Ich griff nach meinem Handy und wollte meine Kollegen in Duisburg anrufen, als Snake aufsprang und etwas von sich warf. Er zeigte darauf.
»Sie ist es!«, schrie er und ließ sich fallen.
Ich nahm die Fotografie und sah mir die Frau an. Ihre Kleidung durchnässt, der Körper aufgedunsen. Clara, seine Schwester. Ich steckte mir das Bild umgehend in die Tasche, damit Snake es sich nicht noch einmal ansehen konnte. Fürs Erste war er geschockt genug. Er hockte am Boden und wiegte sich vor und zurück. Er grub die Finger in sein Haar und es schien, als wollte er es ausreißen.
Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu. »Alles in Ordn…«
Er hob eine Hand in die Luft, sah mich aber nicht an. »Gib mir ein, zwei Minuten, Kumpel.«
»Klar, kein Problem.« Ich verzog mich ins Badezimmer und wählte die Handynummer von Jürgen. Es klingelte. Niemand nahm ab. »Verdammt!« Ich versuchte es bei Paul.
»Hallo, Ratz, alles fit?«
»Ich brauche deine Hilfe!«
Ich hörte, wie Pauls Bürostuhl knarzte. »So war es abgemacht.«
»Wahrscheinlich sind wir einem enormen Ding auf der Spur.« Ich erzählte ihm von Snakes Schwester und unserem ungewöhnlichen Gast Theo, der mit Informationen aufwartete, die eigentlich nur die Polizei besitzen konnte.
»Wir haben ihn informiert, als ihr nach Amsterdam gefahren seid.«
»Was?« Ich sah vor meinem inneren Auge, wie Paul sich das Telefon vom Ohr weghielt.
»Ich kenne ihn noch von früher. Ich hab ihn angerufen und ihm Bescheid gegeben, dass ihr kommt.« Eine kleine Pause entstand. »Hat er euch nicht gesagt, dass er mich kennt?«
»Nein, hat er nicht. Er hat uns aufgescheucht wie ein paar Hühner, als er vorhin total verängstigt in unser Zimmer gestürmt kam.« Ich rieb mir die linke Schläfe. »Aber dafür hat er interessante Dinge mitgebracht.« Ich fasste kurz die Fakten für Paul zusammen.
»Davon hat mir Theo nie etwas erzählt …« Paul räusperte sich. »Er war bis vor zehn Jahren bei der Politie, wahrscheinlich hat er sich die Akten zusammengehamstert und heimlich rausgeschleust. Cleveres Kerlchen. Bestimmt hat er noch Kontakt zu jemandem aus dem Revier, der ihn mit neuen Details versorgt.«
»Wenn er so clever ist, wie du sagst, warum hat er nichts unternommen?«
»Er wird seine Gründe haben.« Paul schien auf dem Schreibtisch nach etwas zu suchen, es raschelte im Hintergrund. »Pass auf. Ich ruf Alex, den Techniker, an und weih ihn in unsere Operation Diana ein. Er soll sich in den Server der Politie hacken. Vielleicht findet er weitere Informationen.« Er verstummte. »Glaubst du, das hängt mit Diana zusammen? Die Morde, mein ich?«
Ich seufzte und strich mir durchs Haar. »Ich befürchte es. Was auch immer hier vorgeht, Markus steckt da mit drin, da verwette ich meinen Arsch drauf. Wenn wir nicht schleunigst herausfinden, wo sie Diana festhalten, wird sie die Nächste sein, die tot in einer Gasse liegt.«
»Ich informiere sofort Alex und meld mich, sobald wir was haben.«
Wir verabschiedeten uns und ich ging mit einem flauen Gefühl im Magen zurück zu Snake. Er saß wieder am Tisch und wühlte sich durch Theos Notizen.
Ich sprach ihn nicht auf seine Schwester an. Wenn er darüber mit mir reden wollte, würde er von allein auf mich zukommen.
Er blickte zu mir auf. Die Augen gerötet und das Haar zerzaust. »Und? Was sagen deine Kollegen?«
»Es war kein Zufall, dass wir Theo getroffen haben. Paul hat ihn informiert, damit er uns unterstützt. Wenigstens müssen wir ihm jetzt nicht mehr das schwule Pärchen vorspielen.«
Snake nickte und deutete auf den Papierberg. »Willst du dir noch ein paar ansehen? Sind ganz ausgefallene Dinger dabei. Enthauptungen, Amputationen, Verbrennungen.«
Ich winkte ab. »Für heute hab ich genug. Hast du was in seinen Notizen entdeckt?«
»Nein, ist nur wirres Geschreibsel. Er erwähnt immer wieder
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