Das Mordgesindel (German Edition)
Ma.«
Sie hätte sich keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können, um ihren Spross anzurufen.
»Wie geht es euch und den Katzen?«
»Bei uns ist alles bestens. Ich wollte nur hören, wie es dir geht. Du hast ja nicht angerufen, ob du gut angekommen bist.« Sie schaffte es nicht, den unterschwelligen Vorwurf aus ihrer Stimme zu verbannen. »Ich hab mir Sorgen um dich gemacht.«
»Brauchst du nicht, Ma. Mir geht’s gut. Ich warte auf den Anruf eines Bekannten, ob das mit unserem Ausflug morgen klappt. Wahrscheinlich klinge ich deshalb gehetzt.« Ich konnte ihr unmöglich die Wahrheit sagen.
Hey, Ma. Kennst du die Seite www.if-you-will-you-can-kill.com? Da musst du unbedingt mal draufgehen. Die schlachten da Leute ab und du darfst zusehen. Und noch besser: Du kannst aktiv mitbestimmen, was mit ihnen angestellt wird …
Nein, niemals. Lieber log ich sie an.
»Dann ist ja gut, mein Schatz.« Sie klang hörbar erleichtert. »Ich will dich auch nicht länger stören, meld dich einfach die Tage, okay?«
Ich versicherte ihr, ein guter Sohn zu sein und sie anzurufen, bevor sie mich mit Küssen durch die Telefonleitung zuschüttete und auflegte.
Snake lächelte mich an. »Mamas sind die besten Menschen auf der Welt, findest du nicht auch?«
Ehe ich ihm antworten konnte, klingelte es erneut. Diesmal sah ich vorher auf das Display, wer der Anrufer war. Es war Alex, endlich!
»Hast du was rausgefunden?« Eine Begrüßung hielt ich im Moment für überflüssig. In meinen Fingern kribbelte es. Mein Herz raste. Was, wenn Diana das nächste Opfer war?
»Nichts. Rein gar nichts.«
»Willst du mich verarschen?« Ich hätte am liebsten das Handy gegen die Wand geworfen.
»Sie schicken ihr Signal über hunderte Server und das auf der ganzen Welt. Ich kann den Ursprung nicht zurückverfolgen.« Er räusperte sich. »Ich hab es nicht mal geschafft, auf die Internetseite zu kommen. Sie ist verschlüsselt, passwortgeschützt und solch eine dicke Firewall hab ich noch nie gesehen. Ich bin zwar ein Ass in meinem Job, aber derjenige, der diese Seite verwaltet, ist ein wahrer Gott.«
»Also kein Name und kein Ort? Willst du mir das damit sagen?«
»Leider, ja. Ich stoße an meine Grenzen. Ich streck mal die Fühler aus, ob ich einen Hacker im Netz finde, der mir weiterhelfen kann. Könnte was dauern. Wie seid ihr eigentlich auf die Seite gekommen?«
»Wir sind bei jemandem in der Wohnung, der sie geöffnet hatte.« Viel mehr verriet ich ihm vorerst nicht. Je weniger meine Kollegen in Deutschland wussten, desto besser. So war nur meine Karriere gefährdet.
»Er muss einen exklusiven Zugang haben. Frag deinen … Freund danach, bitte. Ich meld mich bald wieder.«
Er beendete das Telefonat und ich starrte noch ein paar Sekunden das Smartphone an. Theo hatte sich mittlerweile vom Bildschirm abgewandt und legte mir eine Hand auf die Schulter.
»Keine guten Nachrichten?«
»Nein, unser Techniker hat nicht rausgefunden, wer der Betreiber der Seite ist. Wir können nichts machen.«
»Ich glaube doch.« Snake packte mich am Kinn und drehte meinen Kopf mit einem Ruck Richtung Monitor.
Das eingefrorene Bild des Schlächters war verschwunden und an seiner statt kündigte eine weiße Schrift an, dass in einer Stunde die nächste Vorstellung beginnen würde. Die Community konnte bis dahin abstimmen, welcher Raum bereitgestellt werden sollte. Zur Auswahl standen Technikzimmer, Behandlungsraum, Operationssaal und … ein Bauernhof? Unter den Auswahlmöglichkeiten konnte ich mir nichts oder auch alles ausmalen. Ich konnte mir keine weiteren Gedanken darüber machen, da mein Blick abgelenkt wurde.
Unter den genannten Lokalitäten befanden sich in kleiner Schrift zwei verheißungsvolle Sätze. Vielleicht musste Alex nicht die Internetseite hacken, damit wir an die Verantwortlichen rankamen …
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Meine Hand legte sich automatisch auf die Computermaus und ich klickte, ohne nachzudenken, auf das markierte Wort hier . Ein Anmeldeformular öffnete sich, in dem schon alle Daten unserer Geisel eingetragen waren; Cookies sei Dank. Lukas Weimann, siebenundzwanzig Jahre, ledig, Angestellter bei einer Bank. Ich drehte mich zu ihm um und fragte mich, wie solch ein heruntergekommenes Stück Dreck bei einer Bank arbeiten konnte.
Weiter standen dort noch sein Wohnort und die Angabe seines Jahreseinkommens. Erst glaubte ich, mich um eine Null verzählt zu haben. Als ich
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