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Das Mordhaus (German Edition)

Das Mordhaus (German Edition)

Titel: Das Mordhaus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moe Teratos
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Mutter war etwas ganz anderes, dort waren wir nicht allein ...
    Zum Abschied hatte Diana gesagt: »Wir haben Glück im Un glück. Sollte nichts dazwischenkommen, können wir pünkt lich bei deiner Mutter sein. Wann holst du mich ab?«
    »Halt dich ab halb vier bereit, okay?«
    Sie hatte bloß genickt und war ausgestiegen.
    Bei dem Gedanken an morgen kribbelte es in meinem Bauch. Den Grund dafür konnte ich nicht ausmachen. Freute ich mich, meine Familie oder doch eher Diana wiederzusehen? Dunkle Vorahnungen kamen auf. Vielleicht war es auch die Angst, dass mein Handy klin gelte, weil zwei neue Leichen gefunden wurden. Was es auch war, ich musste es Hermann erzählen.
    Ich hielt vor seiner Praxis an. Es war einundzwanzig Uhr. Her mann selbst hatte ich nicht erreicht, ich hatte ihn von unterwegs ver sucht anzurufen. In einer kurzen Zusammenfassung hatte ich ihm meine neuen Erinnerungen aufs Band gesprochen. Davon, dass Anke sich scheiden lassen wollte und das sie einen anderen Mann hatte. Er musste die Nachricht abgehört haben. In seiner Praxis brannte Licht.
    Ich parkte den Wagen, stieg aus und zündete mir eine Zigarette an. Ich wartete darauf, dass er mir zurief, ich solle den Glimmstän gel fallen lassen und hereinkommen. So wie er es letztes Mal und vie le Male zuvor getan hatte. Aber es geschah nichts. Ich rauchte in Ruhe auf und rief mir unser zurückliegendes Treffen ins Gedächtnis. Jetzt kam es mir unbedeutend vor. Wie war ich auf die Idee gekom men, Hermann könnte etwas mit den Morden zu tun haben? Warum sollte er Frauen und ihre Töchter töten? Um seinen besten Freund durch eine Schocktherapie zu heilen? Absoluter Schwachsinn! Oder? Natürlich!
    Während der gute und der böse Tomas sich in Gedanken strit ten, fand mein Körper den Weg zu Hermanns Praxis.
    »Jetzt haltet die Schnauzen!«, raunzte ich meine inneren Stim men an. Auch wenn ich meinte, langsam auf dem Weg der Besse rung zu sein, erlebte ich doch immer wieder verstörende Mo mente.
    So wie jetzt, als ich gerade auf die Türklingel drücken wollte. Es ging nicht von meiner Psyche aus, sondern von Hermanns Haustür. Ich stand wie angewurzelt da. Schloss die Augen und öffnete sie. Es war noch da. Dort, an der Türklinke. Ein Zettel, daran klebte mit Te safilm befestigt ein Schlüssel. Gekritzelte Wor te standen darauf: » Sprich Freund und tritt ein. « Das war ein Satz aus dem Film »Der Herr der Ringe«, einer gemeinsamen Lei denschaft von Her mann und mir. Wir hatten alle drei Teile zu sammen im Kino gese hen. Danach gab es regelrechte Sessions, als wir uns die komplette Trilogie an einem Tag begleitet von Chips und Popcorn in seinem Wohnzimmer einverleibten. Im ers ten Teil steht die Ringgemein schaft vor den Toren von Moria, den Minen der Zwerge. Um sie zu öffnen, musste der Zauberer Gan dalf das elbische Wort für Freund aussprechen und das ist »Mel lon«. Seit diesem Film war es zu Hermanns und meinem Ritual geworden, dass, wenn wir einander privat besuchten, der eine sagte: »Sprich Freund und tritt ein.« Der andere dann antwortete: »Mellon«, und hereingelassen wurde. Ich weiß, alberne Ange wohnheit, aber uns machte es Spaß und das seit zehn Jahren.
    Und jetzt stand ich hier, mit einem Zettel in der Hand, der die ses Ritual von mir forderte. Irrsinn versuchte, mir die Sinne zu rauben. Ich zitterte am ganzen Leib. Alles verschwamm vor mei nen Augen. Was hatte diese seltsame Botschaft zu bedeuten? Al les? Nichts?
    Ich riss mich am Riemen, löste den Schlüssel vom Zettel und sprach: »Mellon«, bevor ich die Tür aufschloss. Eiseskälte umfing mein Herz, als ich in die Praxis trat. Was erwartete mich? Ein Scherz von ihm? Empfing er mich mit Hunderten von Ballons und einem Banner, auf dem stand »Alles Gute zur vollständigen Genesung«? Gab es eine Überraschungsparty nach Psychiaterart? Oder kam es anders? Vielleicht tappte ich soeben in eine Falle, und mein bester Freund war tatsächlich der Killer. Egal was es war, ich musste es her ausfinden. Sollte ich die Waffe ziehen? Als Schutz? Schwachsinn! Ich brachte die Stimmen – die mich in letz ter Zeit zu oft für meinen Geschmack besuchten – zum Schwei gen und ging durch den Emp fang. Alles lag still vor mir. Wenn er hier war, dann im Behandlungs zimmer.
    Ich erreichte die Tür und lauschte. Nichts. Vielleicht war er unterw egs etwas bei einer Tankstelle holen und hatte mir den Schlüssel dagelassen, damit ich nicht vor der Tür warten musste. Auch das war eine vorstellbare

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