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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Sie so sicher», fragte Heinlein, «dass Sie die Erscheinung nicht mit der Lampe auf Mangels Veranda verwechseln?»
    «Ich mag zwar nicht mehr der Jüngste sein, aber ich weiß, dass Lampen niemanden verfolgen können.»

15
    Zum zweiten Mal war Heinlein an diesem Tag auf dem Weg nach Sommerhausen – dem Tor zu Kunst und Weinkultur, wie die Marktgemeinde sich selbst bezeichnete. Michael Imhof bewohnte, wie er am Telefon erzählt hatte, einen mittelalterlichen Wehrturm. In der Tat, als Heinlein vor der angegebenen Adresse parkte, schaute er zu einem prächtig restaurierten Turm aus Naturstein hinauf, der sich über zwei Stockwerke erstreckte.
    Ein kleiner, mit Rosen umrankter Vorgarten empfing Heinlein. An der massiven Eingangstür gab es keine Klingel, sondern ein Löwenkopf wartete darauf, dass man mit ihm gegen eine Metallverzierung pochte. Das eiserne Klacken rief den Hausherrn herbei, der über eine Treppe hinunter ins Erdgeschoss gelaufen kam.
    «Sind Sie Herr Heinlein?», fragte ein Mann in schwarzem Kimono und nassen Haaren. Offensichtlich kam er gerade aus der Dusche. Auf den ersten Blick schien er Anfang vierzig zu sein. Der Dreitagesbart verlieh ihm eine unkonventionelle Note. Einer dieser Künstler vermutlich, die im Ort seit langem wohnten, dachte Heinlein.
    Er nickte und trat ein. «Entschuldigen Sie, wenn ich so spät komme, aber ich wurde aufgehalten.»
    «Kein Problem, ich bin im Urlaub. Kann ich Ihnen etwas anbieten?»
    «Gern. Haben Sie vielleicht eine Schorle gegen den Durst?»
    «Sicher. Weiß oder rot?»
    «Weiß.»
    Was von außen nach einer recht beengten Behausung aussah, erwies sich im Inneren als durchaus geräumig. Hier boten eine Küche und ein Esstisch ausreichend Platz für eine vierköpfige Familie.
    «Ich habe einen Silvaner und einen Müller-Thurgau anzubieten», sagte Imhof beim Blick in den Kühlschrank.
    «Silvaner, bitte», antwortete Heinlein, «wenn es nicht zu sehr eine Sünde ist, den guten Sommerhäuser Wein zu verpanschen.»
    «Wenn Sie es nicht weitersagen, von mir erfährt es niemand. Hier, bitte schön.»
    Sie setzten sich an den Tisch und tranken einen Schluck.
    «Sie haben es sehr schön hier», sagte Heinlein in aufrichtiger Bewunderung für das liebevoll renovierte Gemäuer. «So etwas sieht man nicht alle Tage. Ich dachte, diese alten Türme stehen unter Denkmalschutz?»
    «Das tun die meisten auch. Es gehört zu den Annehmlichkeiten meines Berufes, dass hin und wieder einer der Türme für Wohnzwecke genutzt werden darf. Ich kümmere mich unter anderem um die Werbung der Marktgemeinde, und so hat es sich gut getroffen.»
    «Was machen Sie hauptberuflich?»
    «Ich bin im Tourismusmarketing tätig.»
    «Verstehe.» Heinlein besann sich auf den eigentlichen Grund seines Besuches. «Sie hatten vor rund drei Wochen im Weingut Baron ein Gespräch mit Gregor Zinnhobel, dem Richter. Sie erinnern sich?»
    Die gute Laune in Imhofs Gesicht verlor sich im Handumdrehen. «Ja», antwortete er.
    «Worum ging es dabei?»
    «Eine ärgerliche Sache. Es handelte sich um sein Benehmen, das, milde gesagt, jenseits aller Toleranz liegt.»
    «Hat er sich Ihnen gegenüber danebenbenommen?»
    «Nein, ich hatte mit ihm nichts zu schaffen. Meine Schwester arbeitete am Landgericht mit ihm zusammen.»
    «Was ist geschehen?»
    Imhof seufzte, als müsse er die Geschichte zum wiederholten Male vortragen. «Man soll über die Toten nicht schlecht sprechen, aber in diesem Fall und weil Sie mich so direkt fragen: Zinnhobel war ein arroganter, selbstherrlicher und frauenfeindlicher Schnösel. Tut mir leid, wenn ich das in aller Deutlichkeit sagen muss. Alles andere wäre gelogen.»
    «Wie hat sich das geäußert?»
    «Als Kriminalbeamter müssten Sie ihn und seine Art eigentlich gekannt haben.»
    «Ich hatte nur ein paarmal mit ihm zu tun. Dabei ist mir nichts Außergewöhnliches aufgefallen.»
    «Ja, nach außen hin hatte er sich unter Kontrolle. Da war er der seriöse und charmante alte Herr, der sich gern wohlmeinend gab. Doch nach innen zeigte er sein wahres Gesicht.»
    «Würden Sie das bitte präzisieren.»
    «Er hat allen Frauen, mit denen er zu tun hatte, das Leben zur Hölle gemacht. Wenn er nicht verheiratet gewesen wäre, hätte ich gesagt, er sei ein Frauenhasser. Wobei das nicht ausgeschlossen ist. Er hat die Frauen behandelt, als seien sie seine Lakaien. Wer sich ihm nicht bedingungslos unterworfen hat, den hat er bis zur Verzweiflung getriezt. Hier eine unflätige Bemerkung, dort ein

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