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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Konflikts bewusst wirst, kannst du ihm auf rationaler Ebene begegnen und ihn lösen.»
    «Dazu brauche ich keinen Psycho. Das weiß ich schon selbst.»
    «Ach ja? Dann sag mir: Was ist mit dir los, dass du seit Wochen nicht mehr schlafen kannst?»
    Kilian zögerte. Was sollte er ihr sagen? Dass er vermutlich Angst hatte, als Vater zu versagen? «Ich weiß nicht. Vielleicht kommt alles ein wenig plötzlich.»
    Pia reagierte verwundert. «Ich bin im sechsten Monat schwanger. Wie viel Zeit benötigst du denn noch, um dich an den Gedanken zu gewöhnen?»
    «Es ist mein erstes Kind. Und beim ersten Mal ist doch alles irgendwie schwierig. Geht es dir denn nicht genauso?»
    Pia schaute ihn lange an, bevor sie antwortete. Schließlich lenkte sie ein. «Sprich mit mir darüber. Sag, was dich umtreibt.»
    Kilian erzählte ihr, wie er ins Wasser gerufen wurde und wie er sich den Weg ins Krankenhaus erkämpfen musste. Und seit neuestem die Variation mit der Weißen Frau.
    «Das scheint sich allmählich zur Massenhysterie zu entwickeln. Überall hört und sieht man nur noch dieses Weib. Was habt ihr bisher über sie herausgefunden?»
    Er musste unweigerlich grinsen. «
Wir
haben damit gar nichts zu tun. Der Schorsch hat sich dahinein verbissen. Er glaubt tatsächlich an diesen Unfug. Als würden die Morde an Zinnhobel und Mangel tatsächlich mit diesem Hirngespinst im Zusammenhang stehen. Ich kann das nicht nachvollziehen.»
    «Wieso sperrst du dich eigentlich so sehr gegen diese Möglichkeit?»
    «Ganz einfach. Weil sie gegen jede menschliche Vernunft steht.»
    «Und dennoch hat sie sich bei dir eingenistet.»
    «Das ist ja das Verrückte.»
    «Verrückt finde ich nur, dass du die Möglichkeit nicht zulässt.»
    Kilian durchfuhr ein Schauer. «Entschuldige, hast du das eben gesagt? Eine promovierte Naturwissenschaftlerin?»
    «Ich sehe darin keinen Widerspruch. Nur weil ich etwas nicht sofort beweisen kann, muss ich seine Existenz ja nicht leugnen. Schau mich an. Ich bin Ärztin und ich kann dir nicht sagen, worin der Ursprung des Lebens besteht. Wie ist dieser göttliche Funke beschaffen, der einer Zelle Leben einhaucht? Niemand weiß das. Wir können nur sagen, ob etwas lebt oder tot ist. Das ist ziemlich desillusionierend.»
    «Was hat das nun für mich zu bedeuten?»
    «Dass du das Unerklärliche erst mal zulässt. Du vergibst dir doch dabei nichts. Lass deinen Träumen freien Lauf. Mal sehen, was sich daraus ergibt.»
    «Und was mach ich mit dem Schorsch? Für den ist dieses Weib bereits Realität. Der macht sich lächerlich und mich gleich mit.»
    «Wart’s mal ab. Der Schorsch ist nicht dumm. Hin und wieder vielleicht etwas gutgläubig. Er wird seine eigenen Erfahrungen machen müssen.»
    Kilian seufzte. «Nun, gut. Dann lass ich diesen ganzen Hokuspokus einfach mal geschehen. Ich bin gespannt, was dabei rauskommt.»
    Pia lächelte zufrieden und gab ihm einen Kuss. «So, und nun komm wieder ins Bett, bevor die Weiße Frau vorbeikommt und dich mitnimmt.»

26
    Wir ließen uns auf einem Ruderboot mainabwärts treiben, ohne Ursprung und ohne Ziel. Die Zeit verlor jede Bedeutung. An den Ufern zog die Welt an uns vorbei. Auch sie bedeutete uns nichts. Das, was uns beide verband, war den Menschen unbekannt, fremd und gefährlich.
    Wir hatten uns durch einen glücklichen Zufall gefunden, wenn nicht durch eine Fügung des Schicksals. Anfänglich sprachen wir nur vorsichtig über die Weiße Frau, unsicher, ob die eigenen Erlebnisse den anderen ängstigen würden. Doch je mehr wir uns öffneten, desto vertrauter wurden wir uns.
    Sie berichtete von ihrer Großmutter, die eines Nachts in den Bergen verschwunden war und sie später auf wundersame Weise aufgesucht hatte. Diese Besuche waren gekennzeichnet von einer tiefen Verbundenheit gegenüber dieser alten und weisen Frau. Jahre später, als erwachsene Frau, sei sie ihr in der Stunde des Todes erneut begegnet und habe sie an einen fernen Ort geführt, wo sie in das Geheimnis von Leben und Tod eingeweiht wurde. Sie erhielt von der Großmutter daraufhin den gleichen Auftrag, den diese seit ihrem Ableben erfüllte – den Menschen in der Stunde des Todes beizustehen.
    Ich sog jedes Wort in mich auf wie eine Offenbarung, so erhellend und befriedigend fügten sich nun die Einzelteile meiner Studien zu einem Ganzen zusammen. Nun endlich, nach so vielen Jahren hatte ich sie gefunden – diese Frau, die das fehlende Verbindungsglied zwischen dem Diesseits und dem Jenseits darstellte,

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