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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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schenkte den Menschen Erleichterung bei vielen Beschwerden. Als ein findiger Kaufmann die Rechte an der Quelle erwarb und das Wasser nur noch gegen Geld verteilte, entstand großer Unmut in der Bevölkerung. Sie konnte sich den beträchtlichen Preis, den der Kaufmann für das Wasser verlangte, nicht leisten. So kam es zu zahlreichen Streitereien um die Quelle und ihr Wasser. Die Menschen behaupteten, das Wasser entspringe dem Mariannenkreuz und sei somit für alle frei verfügbar. Der Kaufmann ließ fortan Wachen aufstellen, die die Quelle gegen unbefugtes Entnehmen von Wasser schützen sollten.
    Eines Abends kam es zu einem tödlichen Aufeinandertreffen. Ein krankes Kind wurde von seinen Eltern zur Quelle gebracht, um das Wasser in Empfang zu nehmen. Da sie nicht über Geld verfügten, baten sie den Kaufmann um eine milde Gabe, die dieser ihnen jedoch verweigerte. Der Vater geriet darüber so in Zorn, dass er den Kaufmann auf dessen Fuhrwerk packte und den Pferden die Peitsche gab. Der Wagen raste daraufhin zügellos den Berg hinunter, kippte um und begrub den Mann unter sich. Seitdem ist das Wasser aus dem Mariannenkreuz für jedermann frei zugänglich.
    «Was sagst du jetzt?», fragte Heinlein, der sich durch die Legende bestätigt fühlte.
    Kilian war wie seit langem nicht mehr um eine Antwort verlegen. «Ja, das könnte passen», gab er kleinlaut zu.
    «Und wie das passt.»

29
    Bis zum Abschluss eines Verfahrens werden Fahrzeuge, die an einem Unfall oder an einer Straftat beteiligt waren, in einem sogenannten Park fermé sichergestellt. Dabei handelt es sich vorzugsweise um eine Halle, in der die Fahrzeuge weder durch Außenstehende noch durch das Wetter manipulierbar sind. Wenn der Richterspruch gefällt und die Berufungsfrist verstrichen ist, wird das Fahrzeug an seinen Besitzer zurückgegeben.
    Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage hatte sich Heinlein ins Industriegebiet Ost begeben. Er parkte vor dem Park fermé und studierte nochmals die Umstände des Unfalls, bei dem Rosie Wilde ums Leben gekommen war. Bei stark eingeschränkter Sicht war sie mit rund achtzig Stundenkilometern in den seitlichen hinteren Teil des Sattelschleppers gerast. Keine Bremsspuren. Der Zusammenprall musste für sie völlig überraschend gekommen sein. Die Möglichkeit eines Selbstmordes wurde vom Ehemann und den Arbeitskollegen ausgeschlossen. Sie konnten in den letzten Tagen ihres Lebens keine Anzeichen einer Depression oder sonstige Gründe, aus dem Leben zu scheiden, entdecken.
    Den Unfallfotos zufolge hatte sich der Fiat Uno unter den Auflieger geschoben, wobei das Dach zusammengequetscht wurde. Rosie Wilde hatte nicht den Hauch einer Chance gehabt. Sie war laut Bericht der Rechtsmedizin sofort tot.
    Das Sachverständigengutachten führte die Vehemenz des Aufpralls zum einen auf das Fehlen jeglicher Bremsaktivität zurück und zum zweiten auf die völlig abgefahrenen Bremsscheiben.Selbst eine Vollbremsung hätte beim Zustand der Bremsen nicht viel am tödlichen Ergebnis geändert.
    Dies war laut Urteilsbegründung auch der Grund, dass Rosie Wilde eine Teilschuld zugesprochen worden war und der Angeklagte Frank Wuhlheide relativ glimpflich aus dem Verfahren hervorging. Die Zeugen des Unfalls, ein Pkw-Fahrer, der hinter dem Sattelschlepper von der Autobahn kommend auf die B13 auffahren wollte, und eine Fahrerin, die auf dem Mittelstreifen der B13 wartete, um auf die Autobahn abzubiegen, hatten sich in ihren Aussagen widersprochen. Der eine wollte eine Bremsaktivität des Sattelschleppers beobachtet haben, als er auf die B13 einbog, die andere nicht. Da der Sachverhalt nicht eindeutig geklärt werden konnte, wollte Zinnhobel den Zeugenaussagen nicht viel Gewicht beimessen.
    Heinlein legte die Akte beiseite und ging zum Kundenschalter des Abschleppunternehmens. Er wünschte Zugang zum Park fermé, um sich den Uno näher anzusehen.
    «Das Fahrzeug befindet sich nicht mehr bei uns», entgegnete ihm ein Mann im ölverschmierten Overall. «Es wurde bereits vom Gericht freigegeben.»
    «Was ist mit ihm geschehen? Ging es an den Besitzer zurück?», fragte Heinlein.
    Der Mann rief den Vorgang am Computer auf. «Nein, es war völlig zerstört. Herr Wilde hat es zur Verschrottung freigegeben.»
    «Wer hat den Auftrag dazu erhalten?»
    «Wir.»
    «Und, haben Sie es schon verschrottet?»
    «Lassen Sie mich mal nachsehen.» Er bemühte abermals den Computer. «Das war doch ein weißer Fiat Uno, völlig plattgedrückt,

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