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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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unter einer schattigen, mit Reben bewachsenen Weinlaube, fand er einen Ansprechpartner. Er fragte nach dem Chef des Hauses und wurde in die Probierstube geschickt. Sosehr Heinlein Weinproben schätzte, in diesem Moment kam sie ihm nicht zupass. Der Mann hinter dem Weinausschank, offensichtlich der Herr des Hauses, war in ein Kundengespräch vertieft. Ihn dabei zu unterbrechen, brachte Heinlein nicht übers Herz. Deshalb setzte er sich an den Tisch in der Ecke und wartete auf eine günstige Gelegenheit. Es dauerte nicht lange, bis eine junge Frau mit einem fränkisch verzierten Steinkrug bei ihm erschien.
    «Womit kann ich Ihnen helfen?», fragte sie freundlich.
    «Ich hätte gern mit dem Chef gesprochen.» Er reichte ihr seine Visitenkarte. «Zeigen Sie sie ihm im Vertrauen.»
    Sie blickte gar nicht darauf, sondern erwies sich als wohlmeinende Gastgeberin. «Er ist noch mit einer Verkostung beschäftigt. Darf ich Ihnen auch etwas bringen?»
    Heinlein war froh über das Angebot und nickte bereitwillig.
    «Wie wär’s mit einem Grauen Burgunder?», fragte sie. «Sehr bekömmlich und ausgereift. Genau das Richtige für die Tageszeit.»
    Er konnte beim besten Willen nicht nein sagen. So griffsie eines der bereitstehenden Weingläser vom Tisch und schenkte aus dem Steinkrug ein.
    «Wohl bekomm’s», sagte sie, «ich sage dem Chef Bescheid.»
    Der Wein war genau richtig temperiert und floss seine Kehle hinab wie Öl. Noch ein Schluck, und er würde den Grund seines Besuchs vergessen.
    Schneller als erhofft war der Chef zur Stelle, in der Hand Heinleins Visitenkarte mit dem respekteinflößenden Polizeistern. «Ist was geschehen?», fragte er verhalten.
    «Nein, aber setzen Sie sich bitte. Ich brauche nur eine Auskunft von Ihnen.»
    Erleichtert atmete er auf. «Und ich dachte schon, es sei etwas passiert. Worum handelt es sich?»
    «Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit Michael Imhof. Er sagte mir, dass er vor rund drei Monaten an einer Weinverkostung und einem anschließenden Gespräch mit Ihnen teilgenommen hat. Es ging um den bevorstehenden Auftritt bei einer Messe. Erinnern Sie sich?»
    «Ja, sicher. Ist was mit Michael?»
    «Nichts, reine Routine. Wir müssen alle Informationen überprüfen. Nun, können Sie mit Sicherheit sagen, dass Herr Imhof an jenem Tag mit Ihnen zusammen war?»
    «Nicht nur mit mir, sondern mit einigen Weinbauern mehr. Wir waren eine ziemlich große Gruppe. Es musste einiges besprochen werden.»
    «Wie lange dauerte die Veranstaltung?»
    «Fast den ganzen Tag. Wir begannen am Nachmittag mit der Vorstellung neuer Weine, die auf der Messe präsentiert werden sollten. Bei rund dreißig Kollegen und im Schnitt fünf Weinen können Sie sich ja denken, wie lange das gedauert hat.»
    «Nicht genau. Wie lange denn?»
    «Es ging bis in den Abend hinein.»
    «Und dann?»
    «Gab es Abendessen, und danach hatte Michael seine Präsentation.»
    «Die dauerte wie lange?»
    «Lassen Sie mich überlegen. Eine Stunde etwa.»
    «Wann war er damit fertig?»
    «Gegen neun Uhr, schätze ich. Vielleicht etwas früher.»
    «Was passierte dann?»
    «Haben wir über seine Vorschläge diskutiert.»
    «Ich nehme an, das dauerte seine Zeit.»
    «Und ob. Dreißig Weinbauern unter einen Hut zu bekommen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Es gab zum Teil hitzige Diskussionen. Irgendwann in der Nacht haben wir dann abgebrochen. Die meisten waren auch nicht mehr ganz nüchtern.»
    «War Herr Imhof die ganze Zeit anwesend?»
    «Klar.»
    «Sind Sie sicher?»
    Der Mann bemühte seine Erinnerung. Offensichtlich wich jetzt die Bestimmtheit der Nachdenklichkeit. «Ich muss zugeben, dass ich an dem Abend auch etwas getrunken hatte. Zudem waren wir mit Ehefrauen und Helfern ja fast sechzig Personen. Da kann man den Überblick schon mal verlieren.»
    «Das heißt, Herr Imhof könnte sich auch mal für eine Stunde verabschiedet haben, ohne dass es jemand bemerkt hat?»
    «Möglich ist das schon, ja.»
    «Gab es jemand an diesem Abend, mit dem Herr Imhof besonders lange gesprochen hat? Einen Tischnachbarn vielleicht?»
    «Kann ich mir nicht vorstellen. Bei einer Verkostung geht es munter zu, ohne feste Sitzplätze. Außerdem ist er ein gefragter Mann. Er war viel unterwegs. Musste hier Fragen beantworten, dort Überzeugungsarbeit leisten   … Aber jetzt haben Sie mich neugierig gemacht. Was ist mit Michael?»
    «Ich würde gerne selbst mit ihm sprechen, kann ihn aber nicht erreichen. Haben Sie eine Idee, wo er sich aufhalten

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