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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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drückte schmerzhaft gegen den Boden, ebenso seine rechte Gesichtshälfte. Irgendwo brannte Licht, aber seine Ecke der Halle lag im Halbdunkel. Ein paar Meter entfernt ragte ein Stapel Holzkisten in die Höhe. Die Kisten waren groß und an der Seite kyrillisch beschriftet. Gabriel versuchte, die Worte zu entziffern, doch es gelang ihm nicht. Kyrillische Buchstaben waren für ihn immer noch Hieroglyphen. Die Kisten hätten Kaviardosen oder Fläschchen mit tödlichem Polonium enthalten können, und er hätte den Unterschied nicht erkannt.
    Er rollte sich auf den Rücken, hob die Knie an die Brust und stemmte sich in eine sitzende Position. Die anstrengende Bewegung und der Umstand, dass er jetzt aufrecht saß, hatten zur Folge, dass sein rechtes Auge unter höllischen Schmerzen zu pulsieren begann. Er befürchtete, dass der Faustschlag seine Augenhöhle zertrümmert hatte. Jedenfalls hatte er das Gefühl, dass dort, wo einmal sein Auge gesessen hatte, nur noch ein tiefer Krater war.
    Er lehnte sich gegen die Holzkisten und sah sich um. Da waren noch mehr Kistenstapel, hoch aufragende Kistenstapel, so weit der Blick reichte, wie die Wohnblocks am Leninskij Prospekt. Von seinem Platz aus konnte Gabriel nur zwei Reihen sehen, aber er hatte den Eindruck, dass es noch viel mehr waren. Und er bezweifelte, dass sie mit Kaviar gefüllt waren. Nicht einmal der gefräßige Iwan Charkow konnte so viel Kaviar vertilgen.
    Er hörte aus einiger Entfernung Schritte näher kommen. Zwei Schrittpaare, beide schwer. Zwei Männer. Einer deutlich größer als der andere. Der Große war der kahlköpfige Riese, der ihn geschlagen hatte. Der Kleinere war mehrere Jahre älter, mit einem eisengrauen Haarkranz und einem Schädel, der aussah, als sei er eigens dafür geschaffen, viel stumpfe Gewalt einzustecken.
    »Wo sind die Kinder?«, fragte Arkadij Medwedew.
    »Was für Kinder?«, erwiderte Gabriel.
    Medwedew nickte dem Riesen zu und trat dann beiseite, wie um zu verhindern, dass seine Kleider mit Blut bespritzt wurden. Der Vorschlaghammer sauste ein zweites Mal auf Gabriels Schädel nieder. Dasselbe Auge, dasselbe Resultat. Kiefern und Raketen. Dann nichts mehr.
     

63 Lubjanka-Platz, Moskau
    Wie fast jeder in Moskau war auch fsb-Oberst Grigorij Bulganow geschieden. Seine Ehe war, wie Russland selbst, von einem wilden Schlingern zwischen den Extremen geprägt gewesen: heute Glasnost, morgen der Große Terror. Irina hatte die Wohnung und den Volkswagen bekommen, Grigorij Bulganow seine Freiheit. Nicht, dass er viel damit angefangen hätte: eine oder zwei stürmische Büroromanzen, gelegentlich ein nachmittägliches Schäferstündchen bei seiner Nachbarin, Mutter von drei Kindern, die selbst geschieden war.
    Denn die meiste Zeit arbeitete Grigorij Bulganow. Er arbeitete am frühen Morgen. Er arbeitete bis spät in die Nacht. Er arbeitete an den Samstagen. Er arbeitete an den Sonntagen. Und manchmal, wie heute, war er sogar noch am späten Sonntagabend an seinem Schreibtisch anzutreffen. Seine Aufgabe war Spionageabwehr. Genauer gesagt, er hatte den Auftrag, jeden Versuch ausländischer Nachrichtendienste, die russische Regierung oder staatseigene russische Unternehmen auszuspionieren, zu vereiteln. Und diese Aufgabe war ihm durch die Aktivitäten des swr, des russischen Auslandsnachrichtendienstes, zusätzlich erschwert worden. Die Spionageanstrengungen des swr hatten ein Niveau erreicht wie seit dem Höhepunkt des Kalten Kriegs nicht mehr, was Russlands Gegner veranlasst hatte, mit gleicher Münze heimzuzahlen. Grigorij Bulganow konnte es ihnen nicht verdenken. Der neue russische Präsident rasselte gern mit dem Säbel, und das Ausland musste wissen, ob der Säbel mit einer scharfen Klinge ausgestattet war oder in der Scheide Rost angesetzt hatte.
    Wie viele FSB-Angestellte besserte Bulganow sein staatliches Gehalt auf, indem er seine Fachkompetenz und das Wissen, das er im Dienst selbst erlangte, der Privatindustrie zur Verfügung stellte. Konkret hieß das: Bulganow arbeitete als bezahlter Informant für einen Mann namens Arkadij Medwedew, der den Sicherheitsdienst des russischen Oligarchien Iwan Charkow leitete. Bulganow versorgte Medwedew regelmäßig mit Berichten über Entwicklungen, die zu einer Gefahr für seine Geschäfte werden konnten, die legalen wie die illegalen. Im Gegenzug sorgte Medwedew dafür, dass ein geheimes Bankkonto auf Bulganows Namen stets gut gefüllt blieb. Ein Nebeneffekt des Arrangements war, das Grigorij

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