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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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abnehmen?«
    »Nicht die geringste.«
    »Ich wusste, dass Sie das sagen würden. Würden Sie mir helfen aufzustehen? Aber renken Sie mir dabei nicht die Schulter aus.«
    Medwedew stellte ihn mühelos auf die Füße. Gabriel spürte, wie sich der Raum um ihn drehte, und im ersten Moment dachte er, er würde umkippen. Medwedew hatte wohl denselben Gedanken, denn er stützte ihn am Ellbogen.
    »Sind Sie sicher, dass es geht, Allon?«
    »Ich bin sicher.«
    »Sie werden doch nicht noch mal ohnmächtig, oder?«
    »Es wird schon gehen, Arkadij.«
    Medwedew ließ die Zigarette fallen und trat sie sorgfaltig mit der Spitze eines teuer aussehenden italienischen Slippers aus. Alles, was Medwedew trug, sah teuer aus: der französische Anzug, der englische Regenmantel, die Schweizer Armbanduhr. Aber das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er immer noch ein billiger KGB-Scherge war.
Wie die Regierung,
dachte Gabriel.
KGB in hübscher Verpackung.
    Sie gingen zusammen an den Kistenstapeln entlang. Es waren mehr, als Gabriel sich hätte vorstellen können. Sie schienen kein Ende zu nehmen, wie das Lagerhaus selbst. Kein Wunder, dachte er. Das hier war Russland. Das größte Land der Welt. Das größte Hotel der Welt. Das größte Schwimmbad der Welt. Das größte Lagerhaus der Welt.
    »Was ist in den Kisten?«
    »Lebensmittel.«
    »Im Ernst?«
    »Im Ernst.« Medwedew deutete auf einen Turm aus Holzkisten. »Das sind Thunfischkonserven. Das da drüben sind Karotten. Ein Stück weiter Rindfleisch. Wir haben sogar Hühnersuppe in Dosen.«
    »Ich bin zutiefst beeindruckt. Vor fünfzehn Jahren habt ihr Russen noch von amerikanischen Almosen gelebt. Jetzt ernährt ihr die ganze Welt.«
    »Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus haben wir enorme Fortschritte gemacht.«
    »Was ist wirklich in den Kisten, Arkadij?«
    Medwedew deutete auf denselben Turm wie eben. »Da ist Munition drin. Fünfzig Millionen Schuss, um genau zu sein. Genug, um einen Großteil der Dritten Welt umzubringen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass das geschieht, nicht besonders groß. Der durchschnittliche Freiheitskämpfer hat keine Disziplin. Aber wir wollen uns nicht beschweren. Es ist gut fürs Geschäft.«
    Medwedew deutete auf einen anderen Stapel. »Das sind RPG-7. Bis zur kleinsten Schraube eine der besten Waffen, die man für Geld bekommen kann. Ein großer Gleichmacher. Mit einer entsprechenden Ausbildung kann damit jeder Zwölfjährige einen Panzer oder einen gepanzerten Mannschaftswagen knacken.«
    »Und der Rest?«
    »Da drüben sind Mörser. Neben den Mörsern haben wir unseren Klassiker: die AK-47. Sie hat uns geholfen, die Deutschen zu besiegen, und dann hat sie uns geholfen, die Welt zu verändern. Die Kalaschnikow verleiht den Machtlosen Macht. Den Stimmlosen eine Stimme.«
    »Wie man hört, ist sie auch in den raueren Gegenden von Los Angeles sehr beliebt.«
    Medwedew verzog das Gesicht zu einem Ausdruck gespielter Empörung. »Kriminelle? Nicht doch, Allon, wir verkaufen nicht an Kriminelle. Unsere Kunden sind Regierungen. Rebellen. Revolutionäre.«
    »Ich hätte nie gedacht, dass Sie ein Überzeugungstäter sind, Arkadij.«
    »Bin ich auch nicht. Ich mache das nur wegen des Geldes. Genau wie Iwan.«
    Sie gingen schweigend weiter. Gabriel wusste, dass das kein Spaziergang war, sondern ein Todesmarsch. Arkadij Medwedew wollte etwas von ihm, bevor sie am Ziel waren. Er wollte Iwans Kinder.
    »Allon, Sie sollten wissen, dass alles, was ich Ihnen zeige, vollkommen legal ist. Wir haben kleinere Lagerhäuser in anderen Teilen des Landes, näher an den alten Rüstungsbetrieben, aber das hier ist unsere zentrale Verteilungsstelle. Wir haben uns ganz gut entwickelt. Wir sind um einiges größer als die Konkurrenz.«
    »Gratuliere, Arkadij. Sind die Profite noch hoch, oder sind Sie zu schnell gewachsen?«
    »Die Profite sind zufriedenstellend, danke der Nachfrage. Der Waffenhandel ist immer noch eine Wachstumsbranche, auch wenn im Westen das Gegenteil behauptet wird.«
    »Wie viel haben Sie an dem Raketengeschäft verdient?«
    Medwedew schwieg einen Moment lang. »Von was für Raketen reden Sie, Allon?«
    »Von den SA-18, Arkadij. Den Iglas.«
    »Die Igla ist eine der genauesten und tödlichsten Flugabwehrraketen, die jemals hergestellt wurden.« Medwedew hatte jetzt einen lehrerhaften Tonfall. »Es wäre viel zu gefährlich, ein solches System auf dem freien Markt anzubieten. Wir handeln nicht mit Iglas. Nur ein Verrückter würde das

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