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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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nahm Theo am Arm, zog ihn hoch, ließ ihn sich bei ihr einhaken und führte ihn hinaus. Theo war gerade in einem seltsamen Zustand gespannter Seligkeit. Er wollte unbedingt zu ihr. In diesem Augenblick war sie die begehrenswerteste Frau der Welt. Allein die Berührung ihres Arms erregte ihn, und als sie nebeneinander auf der Rückbank saßen, wanderte seine Hand zu ihrem Oberschenkel und streichelte ihn. Sie ließ es zu. Hin und wieder sprach sie mit dem Fahrer, aber Theo mühte sich nicht, es zu verstehen. Er verfolgte auch nicht den Weg, den sie fuhren. Am liebsten hätte er seinen Kopf auf ihren Schoß gelegt, aber so betrunken war er nicht, dass er jede Beherrschung verloren hätte. Der Kaffee rumorte in seinem Magen, wo er im Zusammenwirken mit dem Wodka Übelkeit erzeugte, aber im Kopf schuf er eine gewisse Restklarheit, die ihn vor dem Delirium bewahrte.
    Sonja saß fast steif auf ihrem Sitz, wehrte seine Berührung nicht ab, tat aber ihrerseits nichts, ihm näherzukommen.
    Dann hielt der Wagen abrupt an. Theo wurde nach vorne gedrückt und hätte sich fast übergeben.
    »Wir sind da«, sagte Sonja. »Ich helfe dir, warte.«
    Theo blieb sitzen, bis Sonja bezahlt hatte, um denWagen herumgegangen war und die Tür auf seiner Seite geöffnet hatte. Sie zog ihn mehr heraus, als er aus eigener Kraft ausstieg. Eingehakt führte sie ihn zur Haustür eines Mietblocks, der fahl von einer Straßenlaterne beschienen wurde. Theo hatte keine Ahnung, wo er war. Er schaute nach oben, der schwarze Himmel war übersät mit Sternen. Die Kälte tat ihm gut. Er blieb stehen und starrte weiter hinauf. Sie zog erst sanft, verharrte dann aber auch, wobei sie nicht in den Himmel schaute, sondern Theo anblickte. In ihren Augen lag eine große Traurigkeit.
    »Mit diesem Foto kriegt dein feiger Chef richtig Schwulitäten.«
    »Schwulitäten?«
    »Stress.«
    »Ja«, sagte sie kurz und leise und ließ ihr Bedauern mitschwingen, dass sie diesen unvermeidlichen Winkelzug ermöglichte. »Komm, es ist kalt.«
    Theo fror nicht, folgte ihr aber. Er hatte solche Lust auf sie. Sie schloss die Haustür auf und schaltete mit einem hallenden Klacken das Treppenlicht ein, das aber mehr schimmerte als schien. Dann stiegen sie die abgetretene Steintreppe hinauf, an den Wänden derbe Graffiti, der Lauf des Stahlgeländers wie abgewetzt und, wie er gleich spürte, klebrig. Im dritten Stock schloss sie die Wohnungstür auf. Es waren drei moderne Schlösser, und als sie im Flur standen, erkannte er auf der Rückseite der schweren Tür einen mächtigen Riegelmechanismus. Sie zogen ihre Mäntel aus, und dann staunte er. Eine Art Bauhaus im postsowjetischen Mietblock. Doch das Wohnzimmer wurde beherrscht von einem Bilddruck in einem ganz eigenen Rot, ein Bild, das Theo schon einmal gesehen hatte in einer Kunstausstellung in Mün chen. Es war, jetzt erinnerte er sich, das Rote Atelier von Matisse, das an der weißen Wand über der skandinavi schen Stereoanlage hing, die auf einer so schlichten wie offensichtlich sündhaft teuren Kommode stand. Alles in diesem Raum war funktionell und dadurch, wie Theo eher diffus empfand, auch kühl. Es war zu perfekt. Und sie schien ihm auch perfekt.
    Er nahm sie in den Arm. Sie ließ es geschehen wie etwas Unvermeidliches, von dem sie aber noch nicht wusste, ob es ihr gefallen würde. Er spürte ein schwaches Widerstreben. Wie um ihren Armen Halt zu geben, legte sie sie ihm locker um die Taille. Sie küssten sich vorsichtig. Theo spürte ihre Zurückhaltung, ihre Zweifel, ihre Verunsicherung.
    »Soll ich gehen?«, fragte er.
    Sie schaute ihn lange an und lächelte dann. »Nein.«
    Sie küsste ihn fest, ihre Zungen berührten sich. Theo spürte seine Erregung wachsen. Die Übelkeit schwand, überhaupt schien der Alkoholnebel sich zu lichten. Er drehte sie um, umfasste von hinten ihre Brüste und ließ seine Hände unter ihre Bluse gleiten. Er knöpfte sie auf und spürte nun auch ihre Erregung. Sie atmete schneller, ihr Hals an seinen Lippen wurde warm. Als er ihre nackten Brüste in den Händen hatte, schnaufte sie einmal, dann legte sie ihren Kopf zurück als Aufforderung, genau so weiterzumachen. Während er ihre Brustwarzen massierte, wanderte ihre Hand zwischen seine Beine, dann zerrte sie an seinem Gürtel, ohne ihn aber lösen zu können. Er lachte.
    Als Theo aufwachte, tastete er neben sich, aber ihr Platz war leer. Er streckte sich mit geschlossenen Augen und versuchte sich zu erinnern, wie es gewesen war mit ihr.

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