Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Bereitschaftsübung handelt, kaufe ich denen nicht ab.«
Der Kommandant des Su-34-Geschwaders sah seinen Untergebenen ernst an. »Falls wir diesen Luftangriff auf Kiew tatsächlich fliegen müssen, dürfen wir uns keine schweren Fehler oder Fehleinschätzungen leisten. Wenn wir den echten Einsatz vermasseln, bekommen wir keine zweite Chance. Also sollten wir uns verdammt gut vorbereiten, sonst sind wir am Ende mausetot.«
Kapitel vierundzwanzig
Kreml
Das Privatbüro des russischen Präsidenten Viktor Dudarew lag im Zentrum des dreieckigen, gelb-weißen Senatsgebäudes. In deutlichem Kontrast zu den unglaublich reich geschmückten förmlichen Audienzräumen in all den anderen Kreml-Palästen hatte dieser kleine, rechteckige Raum eine einfache und praktische Einrichtung und versprühte allenfalls einen Hauch klassischer Eleganz.
An der Wand hinter Dudarews Schreibtisch hing das kunstvolle Wappen der Russischen Föderation. Zu beiden Seiten des Tisches, der eine Platte aus Malachit hatte, standen Fahnen – links Russlands weiß, blau, rot gestreifte Nationalflagge und rechts die opulentere, farbenprächtigere Präsidentenstandarte. Diese Fahnen waren die einzigen Farbtupfer im Raum, der ansonsten von dunkler Eichenvertäfelung, hohen, gewölbten Decken in gedämpften Gelb- und Beigetönen und dem verblassten Grün, Rot und Ocker im geometrischen Muster eines jahrhundertealten astrachanischen Teppichs geprägt wurde. An den Innenwänden reihten sich Bücherregale mit seltenen Folianten und modernen Nachschlagewerken. Zwischen den beiden Fenstern des Raumes stand ein langer Eichentisch umgeben von geradlehnigen Stühlen.
Auf einem dieser Stühle saß John Malkowitsch. Über den Tisch hinweg musterte er Dudarew und streifte dann mit einem kurzen Blick auch den stämmigen, grauhaarigen Mann, der neben dem russischen Präsidenten Platz genommen hatte. Der in Serbien geborene Milliardär unterdrückte ein Stirnrunzeln. Dass Alexei Iwanow,
der mürrische Leiter der 13. Abteilung des FSB, überraschend bei diesem wichtigen Treffen zugegen war, behagte ihm nicht.
Dasselbe Unbehagen war auch dem Mann anzumerken, der zu seiner Rechten saß – Erich Brandt. Vor ihrer Ankunft im Kreml hatte der ehemalige Stasi-Offizier ihn darauf hingewiesen, dass Iwanow wegen der unglückseligen Sicherheitslücken bei HYDRA Ärger machen könnte. Nach einem Blick auf das ausdruckslose, strenge Gesicht des russischen Agentenchefs kam Malkowitsch zu dem Schluss, dass Brandt wahrscheinlich Recht hatte. Etwas an Iwanows verschleiertem Blick erinnerte ihn an eine Raubkatze – einen Tiger oder einen Leoparden –, die träge ihre potentielle Beute ins Auge fasst.
Diese Vorstellung beunruhigte ihn.
Vor den ersten Verhandlungen mit den Russen hatte der Deutsche ihn vor möglichen Komplikationen gewarnt und ihn daran erinnert, dass »ein Tiger, den Mann, der ihn zu reiten versucht, manchmal auch frisst«. Damals hatte Malkowitsch nicht auf Brandts Einwände gehört und ihn für zu pessimistisch gehalten. Doch nun, da er dem mürrischen Leiter der 13. Abteilung am Tisch gegenübersaß, begann der Milliardär, die Bedenken seines Angestellten zu verstehen.
Mit einiger Mühe verdrängte Malkowitsch diese unwillkommenen Überlegungen. Vielleicht spielten ihm bloß die Nerven einen Streich. Sein Triumph war doch zum Greifen nah, all die Jahre riskanter, teurer Forschung und komplizierter Planung machten sich nun bezahlt. Dies war nicht der richtige Augenblick, um sich zu sorgen. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der großen Leinwand zu, die am Kopfende des Tisches aufgestellt war. Daneben stand Oberst Pjotr Kiritschenko, Dudarews militärischer Berater mit einer Fernbedienung in der Hand, um die verschiedenen Karten und Grafiken zu zeigen, die bei dieser streng geheimen Besprechung erörtert werden sollten.
»Die Panzer-, Schützen-, Speznas- und Kampffliegereinheiten,
die an der Operation SCHUKOW teilnehmen sollen, werden weiterhin von den Kasernen in die vorgesehenen Sammelgebiete verlegt«, sagte Kiritschenko, während er mithilfe der Fernbedienung bestimmte Schlüsselstellen an der russischen Grenze zur Ukraine, zu Georgien, Aserbaidschan und Kasachstan hervorhob. »Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass den Vereinigten Staaten oder ihren Alliierten die Größenordnung dieser Truppenbewegungen aufgefallen wäre. Oder dass sie ihre tatsächliche Bedeutung verstehen.«
»Die Arglosigkeit des Westens ist im Wesentlichen HYDRA zu
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