Das Motel
Bergen steht, dann hat es normalerweise auch eigene Wanderwege, die auf diese Berge raufführen.«
»Du scheinst ja ’ne Menge über Motels zu wissen«, stellte Eddy mit einem Lächeln fest.
»Scheiße, ich bin praktisch in Motels und Wohnwagenparks aufgewachsen. Und weil ich nichts Besseres zu tun hatte, bin ich dauernd durch die Wälder und Berge gewandert. Meiner Mum war das egal. Und es war verdammt noch mal besser, als ihr den ganzen Tag beim Saufen zuzugucken.«
Eddy nickte. »Also, wie sieht dein Plan aus?«
»Ich würde sagen, wir halten an.«
»Ist aber trotzdem noch ein ziemliches Risiko, das weißt du. Ich würde sagen, wir fahren weiter. Irgendwann müssen wir ja schließlich mal einen Feldweg finden.«
In der Ferne tauchte ein großes Schild zwischen den hohen Bäumen auf.
»Das muss es sein«, sagte Eddy.
»Fahr rechts ran«, forderte Al ihn auf. »Wir müssen das noch mal durchgehen.«
Eddy bremste den Wagen ab und fuhr an den Straßenrand. Den Motor ließ er laufen.
»Okay, ich sag dir, was ich denke. Wenn wir im Motel anhalten, dann wird uns der Besitzer sehen. Er oder sie kennt dann unsere Gesichter und wird wahrscheinlich auch den Wagen sehen. Wenn wir die Leiche dann irgendwo hier in den Bergen abladen, werden wir vielleicht damit in Verbindung gebracht, wenn sie sie finden. Was sie sehr wahrscheinlich auch werden.«
Al schüttelte den Kopf. »Du bist zu paranoid. Schau dir die Berge hier doch mal an.« Al sah aus dem Fenster.
Eddy folgte seinem Blick. »Ja, und?«
»Die sind verdammt noch mal riesig. Die Chancen, dass sie die Leiche tatsächlich finden, sind sehr dünn. Und selbst wenn, dann werden wir schon so lange weg sein, dass uns der Besitzer oder wer immer uns sonst noch sieht schon längst wieder völlig vergessen hat. Scheiße, Motels haben Hunderte von Gästen. Unsere Gesichter werden total in der Masse untergehen. Sie werden sich genauso wenig an uns erinnern wie an jeden anderen Durchschnittsgast mit seiner glücklichen kleinen Familie.«
Eddy verzog das Gesicht. »Ich weiß nicht. Scheint mir immer noch ziemlich riskant.« Er neigte den Kopf und blickte wieder zur Windschutzscheibe hinaus.
»Und vielleicht lassen wir die Leiche ja gar nicht hier in den Bergen verschwinden. Wie schon gesagt, im Motel gibt’s vielleicht ’ne Karte, auf der auch die ganzen anderen Wanderwege zu sehen sind. Komm schon, Eddy, das ist allemal besser, als unüberlegt auf dem Highway weiterzufahren.«
Eddy stieß einen tiefen Seufzer aus. Er saß schweigend im Wagen, aber schließlich nickte er doch. »Okay. Lass uns fahren.«
Al lächelte erleichtert. »Okay.«
Eddy lenkte den Wagen wieder auf die Straße, fuhr nun allerdings langsamer. »Ich kann nicht fassen, dass wir das wirklich tun«, sagte er.
»Ich kann nicht fassen, dass wir überhaupt in dieser Scheiße stecken«, gab Al zurück.
Sie näherten sich allmählich dem Holzschild. Große Kieferbäume verdeckten die Hälfte der Hinweistafel, sodass sie nur einen Teil der Aufschrift erkennen konnten:
The Lodgepo
Mote
Zimmer fr
»Oh, gut, sie haben noch Zimmer frei«, sagte Eddy.
Er lenkte den Wagen nach links und sie fanden sich auf einem schmalen Feldweg wieder, der zu beiden Seiten von mächtigen Kiefern gesäumt war. Die Straße begann bergauf anzusteigen, sodass Eddy mehr Gas geben musste.
Je höher sie in den Wald hinauffuhren, desto dichter standen die Bäume. Al bemerkte, dass auch der Wind zugenommen hatte und die Baumkronen wild hin und her peitschte.
»Okay, wir müssen ganz cool bleiben«, sagte Eddy. »Wir sind nur zwei Freunde, die hier oben ein bisschen wandern wollen, klar?«
»Alles klar.« Al begann bereits, seine Entscheidung zu bereuen. Die Anspannung zerrte an seinen Nerven wie Haken.
Die steile Straße wurde wieder flacher, als sie das Motel erreichten. Es war weniger ein Motel als eine Ansammlung kleiner Hütten – mit dem Büro waren es insgesamt sechs – die u-förmig angeordnet standen. Das größte Gebäude, das Büro, befand sich in der ersten Hütte rechts. Neben der Tür war in großen metallenen Buchstaben »The Lodgepole Pine Motel« zu lesen. Über der Tür erhellte eine Lampe den Eingangsbereich vor dem Büro.
»Ich geh rein und regle das, okay?«, schlug Eddy vor, als er den Wagen zum Büro hinüberlenkte.
»Klar«, versicherte Al. Er hatte ohnehin dasselbe vorschlagen wollen.
Eddy stellte den Wagen neben der Eingangstür des Büros ab und zog die Handbremse.
»Bin gleich zurück«,
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