Das Motel
Anmeldebuch auf und reichte dem Mann einen Stift. »Nur das Übliche«, sagte sie.
Er nahm den Stift und begann, sich einzutragen.
Madge ging zum Schlüsselbrett hinüber. »Hütte Nummer vier«, sagte sie und nahm einen Schlüsselbund vom Haken. »Das ist gleich die zweite Hütte, wenn Sie reinfahren.« Sie schlurfte zurück an den Tresen und reichte dem Mann den Schlüssel.
»Ich danke Ihnen, meine Liebe. Ach, wie ist Ihr Name?«
»Madge.«
»Ich danke Ihnen, Madge. Ich heiße Wayne.«
»Nur, damit Sie Bescheid wissen, Wayne, aber ich schließe um Mitternacht ab. Wenn Sie irgendetwas brauchen, klingeln Sie einfach an der Eingangstür. Ich gehe sehr spät ins Bett, Sie müssen sich also keine Sorgen machen, dass Sie mich vielleicht stören könnten.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Madge. Ich werde auf jeden Fall klingeln, wenn ich etwas brauche.« Er grinste.
Madge lächelte höflich zurück. »Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht. Ich hoffe, Ihrem Sohn gefällt das Wochenende.«
»Oh, ich bin mir sicher, das wird es. Wir werden eine fantastische Zeit zusammen haben.« Er grinste erneut. »Gute Nacht, Madge.«
Er drehte sich halb um, hielt dann jedoch noch einmal inne und schaute Madge erneut an. »Das hätte ich ja fast vergessen: Ich bezahle gleich, wenn Ihnen das recht ist.«
»Natürlich«, erwiderte Madge. »Zwölf Dollar, bitte.«
Wayne hob seine Augenbrauen. »Zwölf? Wie halten Sie denn bei solchen Preisen den Laden hier über Wasser?«
»Ich komme zurecht«, versicherte Madge. »Es kostet nicht viel, das alles zu unterhalten.«
Wayne angelte nach seiner Brieftasche und reichte ihr den genauen Betrag. Sie bedankte sich und legte das Geld in die Kasse.
»Okay, ich schätze, ich geh dann wieder«, sagte Wayne. »Gute Nacht … noch mal.«
»Ja, gute Nacht.«
Er drehte sich wieder um, ging zur Eingangstür, öffnete sie und trat hinaus. Madge erhaschte einen Blick auf den Sohn, während die Tür offen stand. Er saß zusammengesunken auf dem Beifahrersitz und schien zu schlafen.
Dann schloss sich die Tür und im Büro wurde es wieder still.
Madge ging nicht sofort in ihre Wohnung zurück. Sie blieb am Tresen stehen und dachte über Wayne nach. Er kam ihr vage bekannt vor. Es waren jedoch weder sein Gesicht noch seine Stimme, die sie erkannte, sondern vielmehr seine Augen, die ihre Erinnerung weckten. Er hatte äußerst seltsame, glänzende Knopfaugen. Sie wusste nicht genau, wo sie sie schon einmal gesehen hatte, aber sie nahm an, dass es hier gewesen sein musste, in ihrem Motel.
Es war überhaupt nicht ungewöhnlich, dass ihre Gäste wiederholt bei ihr abstiegen, aber normalerweise erinnerte sie sich immer an sie. So funktionierte ihr Gedächtnis nun einmal.
Sie zog das Anmeldebuch zu sich herüber, schaute auf den Namen, sah, dass er sich als Wayne Simons eingetragen hatte, und legte es an seinen Platz zurück. Auch sein Name half ihrer Erinnerung nicht auf die Sprünge.
Sie zuckte die Schultern, murmelte »na ja« und ging zum Vorhang hinüber. Ich bin mir sicher, dass es mir morgen wieder einfällt, dachte sie, als sie ihr Wohnzimmer betrat.
Sie schlenderte zum Fernseher und schaltete ihn ein.
KAPITEL 11
»Ziemlich beliebt hier. Wird sicher bald ausgebucht sein.«
»Teenager?«
Morrie nahm einen langen Zug von seiner Zigarette und blies eine Rauchwolke aus. Sie hinterließ einen schwachen Dunstring auf dem Fenster. »Nee, ein älterer Typ. Ungefähr in meinem Alter. Im Wagen ist aber noch jemand …«
»Scheiße, wie sehen sie aus?«
Morrie kicherte. »Entspann dich. Das sind keine Bullen. Ich glaube, der andere ist noch ein Kind. Wahrscheinlich der Sohn von dem Typen.« Er kniff die Augen zusammen. »Keine Ahnung. Ist zu dunkel, um was zu erkennen.«
Morrie schloss den Vorhang, ging zum Waschbecken hinüber und warf die Zigarette hinein. Er drehte den Wasserhahn auf, bis sich die glimmende Kippe mit Wasser vollgesogen hatte. Als von der Zigarette nur noch ein aufgeweichter, triefnasser Stummel übrig war, drehte er den Hahn wieder zu.
»Könnte auch ein Liebespaar sein«, vermutete Judy. Sie lag auf dem Bett, die Hände unter ihrem Kopf verschränkt.
»Was?«, grummelte Morrie.
»Die beiden Typen, die eben hier angekommen sind. Die könnten doch auch schwul sein.«
»Ja, könnte sein. Ein paar beschissene Schwuchteln.« Morrie durchquerte das Zimmer und setzte sich aufs Bett.
»Ich mein’s ernst, Morrie. Glaubst du wirklich nicht, dass das Bullen sind?«
Morrie
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