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Das Motel

Das Motel

Titel: Das Motel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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Kofferraum aber noch geschlossen. So nah bei der Leiche zu stehen, machte ihm wieder bewusst, wie real und ernst ihre Lage war.
    »Wenigstens verrottet er noch nicht«, sagte Al.
    Eddy öffnete die Kofferraumklappe. Aus dem Inneren wehte ihnen ein leicht muffiger Geruch entgegen. In diesem Moment war er froh, dass ihnen das Ganze nicht in einer schwül-heißen Sommernacht passiert war. »Er ist noch drin«, verkündete Eddy.
    Al kicherte leise. »Wäre nicht schlecht, wenn wir einer mehr wären. Vielleicht sollten wir diesen großen Kerl fragen.«
    »Ja klar«, erwiderte Eddy. »Ich ruf ihn gleich mal zu uns her.«
    Sie standen hinter dem Wagen und starrten in die Schwärze des Kofferraums. Obwohl er die Leiche nicht sehen konnte, wusste Eddy nur allzu gut, dass sie dort drin war. Wusste, dass der Mann zusammengerollt auf der Seite lag, bedeckt mit Laub und Dreck, sein Gesicht eisblau, dunkelviolette Flecken auf seinem Hals, mit glasigen Augen, die zu ihnen hinaufstarrten, in den wolkenverhangenen Nachthimmel hinaufstarrten.
    »Ich frag mich, wer er ist«, sagte Eddy.
    »War«, korrigierte ihn Al.
    »Er war noch ein Kind, Al. Ich frag mich, was seine Familie jetzt wohl macht. Wahrscheinlich sterben sie fast vor Sorge.«
    »Kleines Wortspiel, wie?«, erwiderte Al.
    »Nein, ich mein’s ernst.«
    »Wenn er die gleichen Eltern hatte wie wir, dann sitzen sie jetzt zu Hause, leeren eine Flasche Johnny Walker und merken noch nicht mal, dass er weg ist.«
    »Das hoffe ich nicht«, sagte Eddy.
    »Ich frag mich, wer ihn umgebracht hat«, dachte Al laut.
    »Und warum«, ergänzte Eddy.
    »Du weißt, dass wir nur Zeit schinden, oder?«, sagte Al dann und drehte sich zu Eddy um.
    Eddy seufzte. »Ich weiß.« Er fasste in den Kofferraum.
    »Was machst du denn da?«, wollte Al wissen.
    »Ich muss noch was wissen.« Er beugte sich in den Kofferraum und tastete die rechte Seitentasche des Jungen ab. Irgendetwas befand sich darin. Eddy biss die Zähne zusammen, griff in die Hosentasche und zog etwas heraus, von dem er hoffte, dass es die Brieftasche des Jungen war. Er richtete sich wieder auf, ging zur Fahrerseite hinüber und öffnete die Tür. Das Innenlicht ging an und Eddy setzte sich hin.
    Al ging zu ihm. »Mein Gott, du hast ihm seine Brieftasche geklaut?«
    »Wir werden den Jungen begraben, da will ich wenigstens seinen Namen wissen.«
    Eddy öffnete die Brieftasche aus billigem Lederimitat und holte den Probeführerschein des Jungen heraus. »Jeffrey Olsen«, las er vor. »Er war 19 Jahre alt. Hat in Mt. Evelyn gewohnt.«
    Eddy starrte auf das kleine Foto. Es zeigte einen gut aussehenden jungen Mann mit einem offenen Lächeln. Er hatte dunkles Haar und einen dünnen Schnurrbart.
    Eddy fiel es schwer, das Gesicht mit der Leiche in Verbindung zu bringen, die hinten im Kofferraum lag. Er reichte Al den Führerschein.
    »Weißt du, der Name kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagte Al, als er Eddy die Plastikkarte abnahm. »Ich bin mir sicher, dass ich den schon mal irgendwo gehört hab.«
    Eddy betrachtete inzwischen ein Foto, das er in einem der anderen Fächer gefunden hatte. Es zeigte eine attraktive Rothaarige. Sie sah aus, als sei sie ungefähr in Jeffreys Alter. »Jeffrey hatte ’ne echt hübsche Freundin«, sagte Eddy. Er reichte Al das Foto.
    »Ja, die würd ich sofort f…« Er unterbrach sich. Scheinbar war ihm klar geworden, dass das, was er hatte sagen wollen, völlig unangebracht war.
    »Sonst ist da nicht viel«, sagte Eddy. »Ein paar Quittungen und Discoausweise.« Er öffnete den Reißverschluss des Geldfachs. »Vierzig Mäuse.«
    Al gab Eddy den Führerschein und das Foto zurück. »Nimm das Geld und die Ausweise. Können wir vielleicht noch gebrauchen.«
    Eddy schüttelte den Kopf. »Ich nehm’ überhaupt nichts mit. Nicht mal die Ausweise. Es ist … ich weiß nicht … das wäre irgendwie nicht richtig.«
    Al nickte. »Okay.«
    Eddy steckte den Führerschein und das Foto wieder in die Brieftasche.
    »Heilige Scheiße!«, platzte Al heraus. »Ich weiß wieder, wo ich den Namen schon mal gehört hab. Das war heute Abend im Radio. Ein Junge namens Jeffrey Olsen ist heute Nacht verschwunden. Wollte nur mal kurz einkaufen gehen.«
    »Scheiße, ich will verflucht sein«, erwiderte Eddy.
    Al fuhr sich mit den Fingern durch sein langes Haar. »Ich glaub’s ja nicht. Und wir haben ihn im Kofferraum liegen.«
    »Mir ist da gerade so ein Gedanke gekommen. Vielleicht sollten wir seine Eltern anrufen und ihnen

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