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Das Motel

Das Motel

Titel: Das Motel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett McBean
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Nichts.

KAPITEL 43
    8. April 1960
    Harry betrat das Wohnzimmer, stellte den großen Karton ab und rieb sich die Hände. »Das ist der Letzte.«
    »Ich danke dir«, sagte Madge. Sie wickelte das zersprungene Bild von Jack in Zeitungspapier ein, trug es zu der Kiste hinüber und legte es auf die anderen Sachen. »Ich glaube, das sollte genügen.«
    Sie verschloss den Karton mit breitem Klebeband.
    Harry nickte.
    Madge bemerkte, dass seine normalerweise so jungenhaften Gesichtszüge ein wenig härter wirkten. Vielleicht lag es ja nur an seiner Müdigkeit und Traurigkeit, aber er hatte sich definitiv verändert. Außerdem hatte das Packen und Schleppen der Kartons mehrere blasse Staub- und Schmutzflecken im Gesicht hinterlassen.
    Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn auf die Wange. »Vielen Dank für alles. Du warst mir ein wunderbarer Freund. Jack wäre sehr stolz auf dich gewesen.«
    Er lächelte nervös. »Das ist schon okay.« Er warf Madge einige verstohlene Blicke zu. Sie konnte sehen, dass er etwas auf dem Herzen hatte.
    »Was ist los, Harry?«
    Er schüttelte den Kopf. »Was? Nichts.«
    »Komm schon«, beharrte Madge.
    Er zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich geht mich das überhaupt nichts an. Aber gibt’s irgendein Problem zwischen dir und Sergeant MacDonald? Ich meine, ich weiß ja, dass ihr euch schon sehr lange kennt. Und mir ist aufgefallen, dass du gestern bei der Beerdigung überhaupt nicht mit ihm gesprochen hast. Und er ist auch nicht hier, um dir zu helfen.«
    Madge spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Ihr Mund wurde ganz trocken. Sie schluckte und zwang sich zu einem Lächeln. »Oh, er war eigentlich eher mit Jack befreundet als mit mir. Ich weiß nicht, wir waren zwar auch … Freunde, aber keine sehr engen.« Sie kicherte unbeholfen. »Hab ich bei der Beerdigung wirklich nicht mit ihm gesprochen? Mein Gott, ich wollte ihn bestimmt nicht ignorieren. Ich muss mich unbedingt bei ihm entschuldigen, bevor ich abreise.«
    Den letzten Satz auszusprechen, fiel ihr am schwersten.
    »Es tut mir leid, wenn ich zu neugierig war«, sagte Harry. »Es ist nur … diese ganze Ermittlerausbildung. Ich schätze, da hab ich wohl eine Mücke aus einem Elefanten gemacht.«
    Madge lächelte flüchtig. »Das verstehe ich doch. Gut, dann wollen wir mal, oder?«
    Harry nickte und hob den Karton hoch.
    Sie folgte ihm zu ihrem blauen Ford Kombi hinaus, wo er den Karton zu den anderen Umzugskisten, Koffern und Reisetaschen in den Kofferraum stellte.
    Harry knallte die Kofferraumklappe zu und gesellte sich zu Madge an die Fahrerseite. »Ich weiß ja, dass du mir gesagt hast, dass du es selbst noch nicht so genau weißt, aber was willst du denn jetzt machen, Madge? Wo willst du denn hin? Ich meine, darüber musst du doch bestimmt schon nachgedacht haben.«
    »Wenn du dir wegen meiner finanziellen Situation Sorgen machst – das musst du nicht. Mit dem Geld, das Jack und ich gespart haben, und mit der Entschädigung für Jack habe ich genug, um zu überleben. Und ich hab da so eine Idee … aber, nein, davon hab ich noch nie jemandem erzählt. Außer Jack.«
    »Und was ist das für ’ne Idee, Madge? Mir kannst du’s doch sagen.«
    »Es ist eine ziemlich alberne Idee. Eigentlich weiß ich gar nicht, warum ich das überhaupt machen will. Aber ich wollte schon immer mein eigenes Motel aufbauen und leiten. Klingt das sehr albern?«
    »Überhaupt nicht«, versicherte Harry. »Sag mir einfach nur, wo du bist und gib mir deine Telefonnummer, sobald du dich ein bisschen eingelebt hast. Ich würde gerne mit dir in Kontakt bleiben.«
    »Natürlich.« Sie machte einen zittrigen Atemzug. »Gut, dann, auf Wiedersehen, Harry.« Madge beugte sich zu ihm, und sie umarmten einander. Lange und ganz fest. Als sie sich wieder voneinander lösten, weinten sie beide.
    »Oh, Scheiße. Das hätte ich ja fast vergessen.«
    Stirnrunzelnd schaute Madge zu, wie Harry zu seinem Wagen hinüberrannte. Er öffnete die Beifahrertür, kroch halb hinein, kletterte dann wieder heraus und lief zu ihr zurück.
    Er öffnete den kleinen Beutel, den er in der Hand hielt. »Wir möchten, dass du die hier bekommst, Madge. Als Geschenk von uns allen auf der Wache.«
    Er reichte ihr eine Waffe. Sie befand sich in einem Halfter und sah unheimlich groß und wuchtig aus.
    »Sie hat Jack gehört. Aber ich schätze, das weißt du bereits.«
    Madge nickte. »Die hatte ich schon völlig vergessen. Aber darf ich denn überhaupt …?«
    »Sicher«, nickte Harry. »Aber

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