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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Öhm
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Anstalten machte, durch die Saalfenster zu blicken, würde der Bursche den Ruf eines Waldkauzes imitieren – er hatte bereits während unseres Rittes eine Probe seines Könnens gegeben und uns durch die täuschende Echtheit des Rufes zunächst vollkommen in die Irre geführt.
    Der Bursche Thereses hatte zum Durchschneiden des Fensterglases sein Schneidemesser aus besonders hartem und geschärftem Stahl mitgebracht, das durch eine Schnur mit einem Holzstab verbunden war, sodass das Messer um den Stab herum im Kreis geführt werden und ein kreisrundes Stück Glas herausschneiden konnte. Er hatte uns auf zwei Details aufmerksam gemacht: Die Schnur durfte mit ihrem Ende nicht fest am Holzstab klemmen, sondern musste eine lockere Schlaufe bilden, die sich weiterdrehte, denn durch ein Festhängen der Schnur würde sich diese aufwickeln und der Durchmesser des Kreises, in dem das Messer das Glas zerschnitt, würde zunehmend kleiner werden, sodass sich Anfang und Ende des Schnittes nicht träfen, was das Herausbrechen der Glasfläche erschweren und sehr geräuschvoll machte.
    Der Stab musste zudem in einen dicken Klumpen frischen Teeres für Fackeln getaucht werden, der in der Mitte des Kreises auf das Glas gepresst wurde, um das ausgeschnittene Stück durch Klebekraft festzuhalten und ein geräuschvolles Herunterfallend des Glases zu verhindern. Durch die Öffnung konnte man dann unschwer hindurchgreifen und die Verriegelung des Fensters von innen öffnen. Falls sich innen ein zweites Fenster befand, musste die Prozedur wiederholt werden. Der Bursche hatte zudem ein Knäuel Schnur als Reserve dabei.
    Wir löschten also die Fackel und banden die drei Pferde an einer Baumgruppe nahe der Weggabelung an, etwas durch die Bäume verborgen, um Entdeckung oder Diebstahl vorzubeugen. Vorsichtig und leicht geduckt pirschten wir uns im dichten Nebel an das Schloss heran, wir liefen auf dem Rasen, der mit vielen kleinen Gewächsen bedeckt war. Plötzlich hörte ich zu meiner rechten ein Geräusch, das von Mozart stammen musste. Ich drehte mich um, aber ich sah ihn nicht. Sofort blieb ich stehen und warnte den Burschen. Zu unserer Erleichterung tauchte Mozart nun wieder aus dem Nebel auf. Flüsternd teilte er uns mit, dass einige Fuß weiter rechts ein Moor begann; er war mit einem Fuß in ein Morastloch geraten und sofort bis zum Knie eingesunken.
    Wir gingen nun also noch vorsichtiger, um nicht im Moor zu versinken. Schon bald sahen wir vor uns schemenhaft die Umrisse des riesigen Schlosses. Stimmen! Wie eingefroren verharrten wir auf der Stelle. Die Stimmen wurden leiser. Es waren deutlich zwei Personen im Dialog zu hören gewesen, zwei Männer mit unterschiedlichem Tonfall, der eine mit sehr tiefer Stimme, was mir als Hinweis auf besondere Stärke erschien, der andere mit gewöhnlicher Stimme.
    Vorsichtig gingen wir weiter und erkannten bald die Umrisse des Haupttores. Nun mussten wir uns nach rechts wenden, wo die Fensterfront des Saales lag. Ich machte ein Handzeichen, dass wir zum äußersten Ende zur rechten Seite gehen sollten, denn die Stimmen waren nach links verschwunden.
    Wir zählten die Fenster des Gebäudes ab, um festzustellen, wo das letzte Saalfenster war, und brachten uns in Stellung. Der Bursche hockte sich als Aufpasser hinter eine Zypresse, die vor dem Fenster stand, in das wir einsteigen wollten. Mozart und ich zückten die Werkzeuge und begannen, das Glas zu zerschneiden, so wie es uns der Bursche beschrieben hatte. Schon nach einem Zoll erkannten wir, dass wir vor einem großen Problem standen: Das Messer ritzte das Glas zwar leicht an, drang aber nicht hindurch. Entweder war es nicht scharf genug geschliffen oder das Material des Messers war nicht hart genug. Es gab Glashütten, die besonders hartes Glas für medizinische Geräte herstellten; obwohl diese Gläser fast unbezahlbar teuer waren, könnte der Schlossherr diese möglicherweise als Fensterglas bestellt haben. Wir waren ratlos. Ich blickte entlang der Fassade, um abzuwägen, ob der Bursche doch durch das Tor einbrechen könnte. Die Gefahr des Entdeckens war jedoch zu groß, da im Vorsaal, also innerhalb der Tür, durchaus weitere Wachen sein konnten. Auch das Quietschen der Türen könnte uns verraten. Ich sah aber, dass eines der schmalen Oberlichter leicht gekippt war, wohl um die Kühle der Nacht zu nutzen und für ein wenig frische Luft zu sorgen. Dieses breite Fenster, das horizontal gekippt war, befand sich jedoch zwei Manneslängen über dem

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