Das Mozart-Mysterium
Pfeif’ und Harfen lauten gut,
freundlich’s Wort doch besser tut .‹
Was auch immer diese ominösen Worte bedeuteten, dies war mit Sicherheit ein Hinweis für unsere Suche. Ich schwamm unter Wasser zurück und tauchte am Beckenrand wieder auf, etwas von den Wachen entfernt. Während der Unterwasserstrecke hatte ich vorausahnend einige lange Algen abgerissen, die ich mir mit einer schnellen Bewegung um den rechten Fuß band. Laut prustend und keuchend, die schlimmsten Klagen ausstoßend, tauchte ich auf und beschimpfte die gefährlichen Algen, die mich am Grund gehalten und fast das Leben gekostet hätten.
Die Wachen kamen auch mir zu Hilfe und brachten trockene Tücher. Sie begleiteten uns zum Schloss, wo wir uns aufwärmen durften und die Kleidung trocknen sollten, so hoffte ich wenigstens.
Wir wurden in ein kleines Zimmer geleitet, in dem ein Ofen stand, der bereits angeheizt war. Das Zimmer stellte sich als Wintergarten heraus, dessen Außenwände aus Glas waren und das Licht hindurchströmen ließen. Es war entlang den Wänden ein breiter Streifen Erde in den Boden eingelassen, und mehrere kleine Brünnlein verteilten Wasser in allen Ecken der dicht mit hohen, palmenartigen Gewächsen bepflanzten Erde ringsum. In der Mitte stand der Ofen und eine Sitzgruppe aus dunkelrotem Holz, wohl Mahagoni. Alles war fein verziert und edel verarbeitet.
Ein Hausdiener trug eine gefaltete Spanische Wand herein, die mit bemalter Seide bezogen war. Eine Magd brachte einen Stapel Kleidungsstücke und teilte Franz und mir jeweils eine Garnitur aus, alles aus feiner Seide. Der Adlatus und ich waren verblüfft, dass wir so höflich und zuvorkommend behandelt wurden, hatten wir doch solche Unruhe verursacht. Wir kleideten uns hinter der Spanischen Wand um, die zweiteilig aufgestellt wurde, sodass jeder ein Separee hatte. Allein die Glaswand zum Park war fatal, denn von außen waren wir so gut zu sehen als ob wir Affen in einem Tierpark wären. Als ich splitternackt dastand, hörte ich Kichern von draußen. Ich drehte mich um und sah zwischen den Palmen und Farnen die runden Gesichter zweier Mägde, blond und dunkelhaarig, die sofort wegrannten. Rasch zog ich die Kleidung an, die man uns gegeben hatte. Weich schmiegte sich der feine Seidenstoff an meine Haut. Nie zuvor war ich so teuer gekleidet gewesen.
Franz schien von den Beobachterinnen nichts bemerkt zu haben und sprach mich durch die Wand an: »Und, David, haben Sie Neuigkeiten?«
Da sich Hausdiener und Magd noch im Zimmer befanden, um unsere nassen Sachen entgegenzunehmen, die beim Ofen auf ein Holzgestell gehängt wurden, konnte ich nicht offen sprechen: »Was sagt Ihnen dieser Spruch: ›Pfeif’ und Harfen lauten gut, freundlich’s Wort doch besser tut‹?«
»Es scheint, dass jemand den Dialog höher schätzt als die Musik. Wir sollten den Schlossherrn sprechen – wahrscheinlich werden wir ihm sowieso, ob wir wollen oder nicht, vorgestellt werden, nach diesem Tohuwabohu.«
Eine tiefe, wohlklingende Stimme ertönte in diesem Moment aus dem Zimmer hinter uns: »Da haben Sie wohl recht, mein Herr!«
Ich erschrak! Der Diener hatte diese Worte bestimmt nicht gesagt, denn der war ein mageres Männlein und diese Stimme musste zu einem stattlichen Burschen gehören. Rasch ordnete ich meine Kleidung und trat hervor.
Mitten in der Sitzgruppe saß ein beleibter Herr mittleren Alters, aufs Edelste gekleidet, mit einer großen grauen Perücke im alten Stil. Zweifelsohne war es der Schlossherr. Mit freundlichem Lächeln sprach er mich an: »Kommen Sie her und setzen Sie sich, gleich wird heißer Tee gebracht, damit Sie sich aufwärmen können.«
Franz trat nun auch heraus, sofort einen tiefen Diener machend und mit gebeugtem Haupt eine lange Entschuldigungsrede anstimmend. Der Herr unterbrach ihn aber bald und lud ihn ebenfalls ein, sich zu setzen.
»Nun denn, seien Sie unbesorgt, es ist ja kein Schaden entstanden. Erlauben Sie mir, mich vorzustellen. Ich bin nicht der Besitzer des Anwesens, sondern ein Pächter, sozusagen, denn ich miete diese bescheidene Klause vom Erzbischof, der meinen Herrn wiederum recht gut kennt.«
Eine bescheidene Klause konnte man das Schloss sicher nicht nennen, denn es war mit den Seitenflügeln und Parkanlagen eine der größten Schlossanlagen, die ich je gesehen hatte. Der Name des Herrn war noch immer nicht gefallen. Dem Akzent nach war er ein Deutscher, der möglicherweise aus den mitteldeutschen Staaten stammte, wie ja auch Lorenz
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