Das Mozart-Mysterium
gestohlener Mitgliedsgabe gestanden hatte:
› Das zehnte Gesetz: Am Schluss wird allzeit die Harmonie des Anfangs erreicht .‹
Ich war erleichtert, dass wir wenigstens nicht mit leeren Händen da standen. Doch eine Frage pochte in mir: »Wer war es denn, der uns angegriffen hat?«
»Illuminaten. Wir haben ein mit Steinen gelegtes Zeichen gefunden, das sie im Park hinterlassen haben. Ich habe noch letzte Nacht einen berittenen Boten in die Stadt geschickt, zu meinen Brüdern, und ihnen Bericht erstattet. Heute früh bereits gab es eine Vergeltungsaktion der geheimen Kampfgruppe meiner Loge. Später erfahren Sie Näheres.«
Franz läutete der Magd, die mit dem Frühstück kam. Nachdem ich einige Happen lustlos gegessen hatte, machten wir uns reisefertig und brachen auf. Die beiden Honoratioren waren bereits abgereist, Franz hatte sich schon am frühen Morgen von ihnen verabschiedet.
Der Adlatus teilte mir mit, wo das nächste Rätsel zu finden sei, was ihm Bach und Lucchesini wegen der unvorgesehenen Ereignisse ohne Umschweife mitgeteilt hätten. Das Versteck sei in der Salzburger Ursulinenkirche, die auf einem legendären Unglücksort erbaut worden war. Es schien mir wie ein unheilvolles Omen.
Die toten Priester
Nach unserer Rückkehr fiel ich sogleich in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Als ich kurz aufwachte, saß Therese an meinem Bett und tupfte mir mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Mir war unglaublich heiß, als ob ein Feuer mich von innen aufzehrte. Therese kümmerte sich liebevoll und besorgt um mich; doch ich fühlte mich elend, auch quälte mich in wachen Augenblicken mein schlechtes Gewissen. Bald trieb mich die Erschöpfung wieder in die Arme des Schlafes.
Am frühen Morgen hatte Therese die Magd mit meiner Versorgung beauftragt. Inzwischen war Mozart von Franz im Groben über die Ereignisse des vergangenen Tages unterrichtet worden. In der Tat hatte sich Mozart aufs Äußerste gesorgt und war froh, dass wir noch am Leben waren. Ich weiß nicht, ob er alle Einzelheiten erfahren hatte (was ich auch nicht hoffte), jedenfalls waren ihm das nächste Versteck (also die Ursulinenkirche) und die beiden Gesetze, die wir in Erfahrung gebracht hatten, bekannt. Franz hatte ihm das Blatt übergeben, auf dem das zehnte Gesetz notiert war, nach dem ich beim Steinernen Theater gesucht hatte.
Mozart war nun gezwungen, diese Etappe allein mit dem Adlatus meistern, da ich verletzt und bettlägrig war. Erst spät am Abend, als er zurückgekehrt war, erzählte er mir die erschütternden Ereignisse dieses Tages. So berichtete er es mir:
Sie hatten die Kirche rasch erreicht. Die Front des massiven und hohen Gebäudes war stadtauswärts gewandt, zur Begrüßung der aus Bayern durch das Klausentor in die Stadt reisenden Besucher. An der Kirche gabelte sich die Straße und spaltete sich in die weite Gstättengasse und den sogenannten Gries, ebenfalls eine breite Gasse. Der ausgedehnte Platz vor der erhöhten Kirche war deutlich der berühmten Piazza del Popolo in Rom nachempfunden und unterstrich den Empfangscharakter des Gebäudes.
Mozart und der Adlatus betraten ehrfürchtig die unverschlossene Kirche. Der Innenraum war ebenso beeindruckend wie die Außenansicht, durch die enorme Höhe und Helligkeit. Rings umher sah man überwiegend weiß getünchte Wände und Decken (die Ausmalung der noch neuen, erst etwa 50 Jahre alten Kirche war noch nicht abgeschlossen), sodass die beiden großen Altäre monumental und wie in einem Museum zur Geltung kamen. Der eine war aus rosafarbenem Marmor gefertigt, der andere aus rotem; beide waren über und über mit Stuckfiguren und großen und kleinen Gemälden verziert.
Leopold und Franz hatten außer dem Gebäude keine weiteren Hinweise auf das Versteck erhalten und teilten sich daher auf, um, jeder für sich, alles untersuchen zu können. Mozart schickte Franz zunächst auf die beiden geschwungenen Emporen, was vom anwesenden Mesner mit Argwohn beobachtet wurde, und betrachtete selbst andächtig die Altäre, die zu seinem Glück nicht abgezäunt waren und aus der Nähe in Augenschein genommen werden konnten. Sofort fiel ihm ins Auge, dass im roten Hauptaltar ein opulentes Gemälde von Martin Schaumberger erstrahlte und dass der Altar zudem zwei Seitenflügel hatte, deren Gemälde mit F. A. signiert waren. Konnte es sein, dass der Maler des Rätselbildes aus der Dreieinigkeitskirche, Ferdinand Asche, auch hier ungewollt ein Rätsel verewigt hatte und uns zum
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