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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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schwere Verletzungen. Bei 11 von ihnen mussten Amputationen – hauptsächlich an den unteren Gliedmaßen – vorgenommen werden. Bei 14 Personen lagen erhebliche Organverletzungen vor; sie machten in drei Fällen Organentnahmen erforderlich. 20 Personen wurden am Trommelfell verletzt, drei trugen entstellende Brandverletzungen und drei weitere sonstige Brandverletzungen davon. 68 Personen erlitten mittlere und 75 leichte Verletzungen.«
    Er merkte, wie ihm diese schrecklichen Zahlen und Fakten aufs Gemüt schlugen. Wer war der Kerl, der für all das verantwortlich war? Wer war der Attentäter? Wer war Gundolf Köhler?
    Dengler schlug das Logbuch der Sonderkommission auf.
    Am Samstagmorgen, dem Tag nach dem Attentat, gab der Leiter der Sonderkommission Theresienwiese dem »Lagezentrum Bayern« im Bayerischen Innenministerium telefonisch die Daten des aufgefundenen Personalausweises durch. Sie landeten dort bei Dr. Hans Langemann, dem Leiter der Abteilung Staatsschutz.
    Dengler las:
    9.22 Uhr Von: Lagezentrum Bayern Information weitergegeben. Anordnung: Ermitteln, was hinter dem verdächtigen Köhler steckt.
    9.35 Uhr Von: Dr. Langemann Dr. Langemann veranlasst NADIS-Überprüfung des Köhler beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz.
    Das NADIS-System kannte Dengler noch aus seiner Dienstzeit beim Bundeskriminalamt. Es war das Computersystem des Verfassungsschutzes, an das auch die anderen Geheimdienste angeschlossen waren. Er hatte die Abfragemöglichkeiten des Systems oft benutzt.
    10.03 Uhr Von: NADIS Der verdächtige Köhler ist Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG).
    Gundolf Köhler war nach Auskunft des Verfassungsschutzes Mitglied in einer rechtsradikalen Organisation. In den Akten fand Dengler eine weitere Information des Verfassungsschutzes.
    11.50 Uhr Von: Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz
    vs – vertraulich
    Aus dem 1977 bei Karlheinz Hoffmann (WSG-Leiter) sichergestellten Material ergibt sich, dass Köhler im Februar 1976 mit Hoffmann im Briefwechsel stand und seine Absicht bekundete, in Donaueschingen eine Ortsgruppe der WSG aufzubauen. Köhler war laut vertraulicher Mitteilung 1977 und 1979 in der WSG-Kartei als aktiver Anhänger erfasst, nach einer Notiz des Hoffmann auf der Karteikarte hat er 1979 an zwei Übungen teilgenommen.
    Dengler lehnte sich zurück. Musste er weiterlesen? Ein rechtsradikaler Einzeltäter hatte die Bombe gelegt und sich dabei selbst in die Luft gesprengt. So legte es die oberflächliche Lektüre der Akten nahe, so stand es sowohl im Bericht der Sonderkommission als auch in dem des Generalbundesanwalts.
    Warum sollte er sich noch einmal mit dieser alten Geschichte beschäftigen?
    Was erwartete das BKA von ihm?
    Warum hatte er sich überhaupt auf diesen Job eingelassen? Er hatte seinen Job als Zielfahnder gemocht. Ganz in eine andere Biografie einzutauchen, das war etwas gewesen, das ihm lag. Aber seine damaligen Vorgesetzten hatten ihn bedrängt, immer nur in eine Richtung zu ermitteln, obwohl die Spuren und Befunde in eine andere zeigten. Immer nur in Richtung Rote Armee Fraktion, immer nur in Richtung Terroristen, obwohl …
    Später hatte sich meist herausgestellt, dass er recht gehabt hatte. Auf dem Feld des Terrorismus tummelten sich viele Schatten, kreuzten sich viele Interessen – und nicht alle waren leicht zu durchschauen.
    Und nun wieder Terrorismus. Diesmal von rechts. Hatte er den Auftrag angenommen, weil er noch einige Rechnungen zu begleichen hatte? Oder war es doch alte Verbundenheit mit dem BKA? Vielleicht auch der Traum vom aufrechten Bullen, der Traum vom Polizisten, der sich für Recht und, noch wichtiger, für Gerechtigkeit einsetzt. Wollte er das wieder sein? Hatte er den Auftrag angenommen, weil er endlich wieder einen BKA-Dienstausweis in seiner Tasche haben wollte?
    Er wusste es nicht.
    Vielleicht würde er auch seine eigenen Beweggründe durchdiesen Fall herausfinden. Durch diesen merkwürdigen archäologischen Fall. Durch dieses Massaker ohne Motiv. Sein Instinkt sagte ihm, dass er noch nicht aufgeben sollte.
    Dengler nahm sich noch einmal die Mappen mit den ersten Vernehmungen vor.

Schmoltkes Rückkehr
    Auf der Rückfahrt war sie zufrieden. Immer noch müde, aber zufrieden.
    Sie hatte etwas angestoßen. Sie hatte nicht resigniert. Nicht klein beigegeben.
    Die Büroleiterin rief sie an. Es gäbe einen Terminstau. Da sie in den letzten Tagen keine Termine mehr wahrgenommen habe, habe sich einiges angesammelt. Jetzt müsse sie

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