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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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paar aus dem Ausland. Alle wurden aber aus einer misslichen Lage ge-rettet.«
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    Maura fand, dass Reeve wie eine typische Lehrerin aussah: ge-mütlich rund, ein wenig verhuscht und mit graumeliertem Haar.
    Instinktiv fasste Maura Zutrauen zu der Frau. Nur dass diese mütterliche Frau zwanzig Jahre jünger war als Maura. Vielleicht fühlen Eltern sich immer so, sagte sie sich.
    Aber Reeve wirkte übermüdet und leicht konsterniert. Sie empfand Mauras Anwesenheit offensichtlich als Störung.
    Sie beide wussten, dass Maura keinen formalen Einfluss hier hatte. In Wahrheit war sie nicht einmal sicher, welchen Standpunkt sie in der Frage der Kinder überhaupt vertrat. Einerseits fühlte sie sich an das Versprechen gebunden, sich um Tom Tybee zu kümmern; andererseits war sie Mitglied einer Regierung, die dafür verantwortlich war, die breite Öffentlichkeit vor Gefahren zu schützen. Sie befürchtete, dass zwischen diesen beiden Motivationen ein Konflikt bestand.
    Sie sah nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, und die bestand darin, sich selbst ein Bild zu machen.
    Und nun sah sie auch die Kinder. Sie waren über die Räume verteilt, arbeiteten einzeln oder in kleinen Gruppen. Die Kinder standen, saßen oder lagen auf dem Boden, wie es ihnen gerade gefiel.
    Viele Kinder trugen schnurlose Kopfhörer und arbeiteten an leuchtenden Plastik-Softscreens. Es gab auch Lehrer, doch hauptsächlich schienen die Kinder mit Lehr-Robots zu arbeiten, drolli-gen kleinen Geräten, die mit orangefarbenem Plüsch oder glänzen-dem Samt überzogen waren.
    »Wir bezeichnen diese Räume als Laboratorien«, sagte Reeve.
    »Die Kinder haben verschiedene Bedürfnisse sowie einen unterschiedlichen Kenntnisstand und ein unterschiedliches Lerntempo.
    Deshalb verwenden wir die individuell programmierten und heu-ristisch anpassungsfähigen Robots.
    Es wird Sie vielleicht wundern, wenn ich Ihnen sage, dass wir viel Grundlagenarbeit betreiben. Ein paar Kinder können nicht 418
    einmal richtig sprechen, und auch Kinder aus den USA weisen De-fizite beim Schreiben und Lesen auf. Man hat sie entweder von der Schule genommen oder rausgeworfen, als ihre besonderen Fä-
    higkeiten erkannt wurden.« Sie musterte Maura skeptisch. »Sie müssen die Schwierigkeiten verstehen, vor denen wir hier stehen.
    Viele dieser Kinder zeigen Symptome von Autismus. Es gibt eine leichte Form mit der Bezeichnung Asperger-Syndrom oder Eigenbrötler-Syndrom. Ein solches Kind ist oft hoch intelligent und von einer Besessenheit erfasst, die es zu Höchstleistungen treibt.
    Zugleich ist es aber unbeholfen und unkoordiniert. Auch in sozialer Hinsicht. Sie sehen, dass wir sie vor sich selbst schützen müssen.« Sie seufzte. »In manchen Fällen liegt jedoch eine stärkere Stö-
    rung vor. Ein paar Kinder scheinen nur peripher auf Freude und Schmerz zu reagieren. Das erschwert ihre Kontrolle …«
    »Weil sie nicht auf Bestrafung reagieren?«
    »Oder auf Zärtlichkeiten«, sagte Reeve nachdrücklich. »Wir sind schließlich keine Ungeheuer, Kongressabgeordnete.«
    »Ich weiß aber nicht, wie Sie den Zusammenhang zwischen dem Auftreten solche Störungen und … hmm … den Verwundungen übersehen können, die durch den Umgang mit einigen dieser Kinder zurückgeblieben sind.«
    »Nein. Und wir versuchen es auch erst gar nicht. Sie dürfen mir glauben, Ms. Della, dass wir hier unser Bestes für die Kinder tun – als geistige Koryphäen und als Kinder.«
    »Und nachdem sie die Grundlagen bekommen haben …«
    »Dann haben sie uns bald überflügelt«, seufzte Reeve. »Dann können wir sie nur noch beobachten, dafür sorgen, dass ihre körperlichen Bedürfnisse erfüllt werden und ihrer Erziehung den letzten Schliff geben. Und wir versuchen ihre soziale Kompetenz zu fördern. Oft müssen wir sie förmlich auf den Hof schleifen und ihnen beibringen, wie man spielt. Ein Kind bleibt ein Kind, egal wie begabt es ist.«
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    »Da haben Sie sicher Recht.«
    »Aber durch die Experten, die hierher kommen, wird es auch nicht leichter«, sagte Reeve nachdrücklich. »Wir wissen natürlich, und es ist auch Teil unsrer Grundsätze, dass die fortgeschrittenen Kinder Forschungstätigkeit betreiben und die Ergebnisse der aka-demischen Gemeinschaft zur Verfügung stellen. Und dass wir ihr diese Ergebnisse zugänglich machen müssen. Dass aber Horden von Akademikern hier durchtrampeln, die Kinder ausfragen und den allgemeinen Unterricht stören, nur um ein neues Juwel des Wissens zu entdecken, das sie

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