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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hätte, Maura notfalls an den Haaren hier raus-zuschleifen.
    Sie befingerte das Dokument misstrauisch. Es war von Hand auf einem Bogen verfasst, der wie Briefpapier der Regierung aussah, und vom Präsidenten unterzeichnet. Aber sie hatte große Probleme mit einem Text, der Phrasen enthielt wie ›Verfassungszusatz‹ und ›Ermächtigungsgesetz‹.
    Maura Della wurde zur Erde zurückbeordert – und sollte in zwei Wochen vor einem Washingtoner Gericht erscheinen. Es wurde von ihr verlangt, die Zukunft zu widerrufen. Sie sollte dementieren, dass die Information, die Reid Malenfant über den Feynman-Empfänger erhalten hatte, aus der Zukunft stammte. Sollte demen-598
    tieren, dass die Blauen Kinder durch Informationen aus der Zukunft beeinflusst wurden.
    Das würde natürlich nicht der Wahrheit entsprechen. Doch wurde Amerika nun von einer Regierung geführt, die vor allem wegen des Versprechens gewählt worden war, dieser ganzen Sache, diesem Wahnsinn ein Ende zu machen.
    Das war zwar unmöglich. Aber sie hatten es geschickt eingefä-
    delt. Es bot sich an, die Sache als Verschwörung der Leute darzu-stellen, die darin involviert waren. Leute wie Maura Della.
    Solche Befehle in Washingtoner Amtsstuben herauszugeben war eine Sache; hier waren sie aber auf dem Mond, und nach drei Tagen im Weltraum – wahrscheinlich ohne vernünftige Ausbildung und Orientierung – war der arme Kerl grün wie ein Salatkopf und schien sich im kalten antiseptischen Licht der NASA-Basis kaum noch auf den Beinen halten zu können.
    Ihr waren auch Gerüchte zu Ohren gekommen, dass die Zeugen – wie sie genannt wurden – zu neuen ›Verhandlungen‹ geladen wurden, ob sie nun schon widerrufen hatten oder nicht. Und es hieß, wenn man die Zeugen diesmal in Gewahrsam nahm, würden sie nicht mehr entlassen werden.
    Sie war noch immer Bürger der Vereinigten Staaten. Sie hatte es immer als ihre Pflicht betrachtet, die Gesetze ihres Landes hochzu-halten und zu befolgen, wie auch immer sie ihre philosophischen Grundlagen beurteilte. Vielleicht sollte sie ihr Bündel schnüren, mit dem trotteligen Marine nach Hause gehen und sich wie Galilei oder Jesus ihren Anklägern stellen. Vielleicht würde sie damit sogar ein Zeichen setzen.
    Aber Maura Della hatte noch nie dazu geneigt, auch noch die andere Wange hinzuhalten.
    Zumal sie Verbündete hatte, selbst hier. Nach einem halben Jahr auf dem Mond hatte sie fast die ganze Belegschaft kennen gelernt, NASA-Astronauten und Militärs, die diese enge Basis bevölkerten.
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    Eine Bunkermentalität hatte sich ausgeprägt. Anfangs war sie eine Außenseiterin gewesen. Aber sie hatte sich an den Routinearbeiten beteiligt, wie der Reinigung der hydroponischen Anlagen, die von Hand erfolgen musste. Und sie hatte frisch gemähtes Gras von Never-Never Land mitgebracht, dessen Frühlingsduft die metallische Enge der Basis etwas erträglicher machte.
    All diese Brücken hatte sie natürlich mit Bedacht gebaut. Und nun würde es ihr nicht schwer fallen, ein wenig Schutz und Hilfe zu bekommen, um diesen Deppen für ein paar Stunden abzulenken.
    Fragte sich nur, was sie mit diesen paar Stunden anfangen sollte.
    Never-Never Land, sagte sie sich. Anna und die Kinder. Ich muss dorthin.
    Automatisch griff sie nach einer Tasche und erstellte im Geiste eine Liste aller erforderlichen Maßnahmen. Doch dann stellte sie die Tasche wieder hin. Geh, Maura, solang – wenn – du noch die Chance hast.
    Sie trat aus ihrem schrankgroßen Quartier und ging durch den Komplex zum ›Busbahnhof‹.
    ■
    Bill Tybee war dort. Er machte einen ebenso verlorenen wie verletzten und verängstigten Eindruck und befingerte die silberne medizinische Notfallplakette. Er trug einen leichten transparenten Koffer, der ein paar große Plastik-Spielzeuge enthielt. Für Bill hatte es als ein ganz normaler Arbeitstag begonnen. »Maura? Was ist denn los? Ich darf nicht in den Bus einsteigen?«
    »Nur mit der Ruhe«, sagte sie zu Bill. »Wir kriegen das schon geregelt…«
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    Ein Militärangehöriger, eine junge Frau, versperrte den Weg zum Bus. Sie hatte die Waffe freigelegt, und die Hand lag auf dem Griff. Sie wirkte ängstlich und unsicher. Nach einer fünfminütigen geduldigen Verhandlung, einer Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche, erreichte Maura es schließlich, dass der Soldat den Weg freigab und sie in den Bus ließ.
    Maura und Bill waren allein in diesem vollautomatischen Mond-Bus. Während die Minuten bis zur planmäßigen Abfahrt des Busses

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