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Das Multiversum 1 Zeit

Das Multiversum 1 Zeit

Titel: Das Multiversum 1 Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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für Bewusstsein, Raum aber nicht, und deshalb ist Zeit fundamentaler. Der Fluss der Zeit, Ereignisse finden statt, die Zukunft entsteht.«
    »Ja.«
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    »Aber Sie verstehen die Zeit nicht. Ihre Wissenschaftler benutzen Zeit als eine Koordinate, einen Begriff. Sie haben sogar Theorien, die zeitsymmetrisch sind und die zutreffen, ob man sie in der Zeit vorwärts oder rückwärts laufen lässt.« Darüber musste das Mädchen lachen.
    »Ist das etwa falsch?«
    »Natürlich ist das falsch. Das ist sogar grundfalsch. Es gibt eine große Diskrepanz zwischen Ihren Theorien und dem, was Sie für die Wirklichkeit der Welt halten. Und das sagt Ihnen, müsste Ihnen etwas Grundlegendes über die Physik sagen, die Ihren bewussten Prozessen wirklich zugrunde liegt.«
    »In Ordnung. Erzählen Sie mir vom Zeitpfeil.«
    Anna führte einen wirbelnden Tanz auf, sodass ihr Kleid sich bauschte. Maura war sich der gierigen Blicke des Soldaten bewusst.
    »Es gibt eine unendliche Anzahl möglicher Universen in der Vielfalt«, sagte Anna. »Von diesen ist natürlich nur eine – wiederum unendliche – Teilmenge in der Lage, selbstbewusste Substrukturen zu unterstützen. Und diese Universen zeichnen sich durch einen Fluss der Zeit aus, der durch die Entfaltung kosmischer Struktur entsteht. Gravitation ist der Schlüssel.«
    Maura war wieder überfordert. »… Gravitation?«
    »Ein glattes Universum mit Gravitation wird klumpig durch gravitationalen Kollaps. Der Zeitpfeil entspringt aus diesem Fluss aus Materie und Energie, vom gravitationalen Zustand des Universums am Anfang bis zum Gleichgewichtszustand am Ende. Leben beruht auf einem Fluss aus Energie und Information, der aufge-staut und nutzbar gemacht wird. Somit ist der Zeitpfeil, wie die Wahrnehmung selbst, aufs engste mit der Struktur des Universums verknüpft.«
    »Weiter.«
    Anna sprach und tanzte. »Struktur und Veränderung sind aber nicht auf ein Universum begrenzt. Sie umspannen die Vielfalt der ent-604
    stehenden Universen. Und deshalb gilt das auch für das Leben. Verstehen Sie?«
    »… Nein.«
    »Als dieses Universum aus der vorigen Generation entstand, durchlief es eine Reihe von Phasen. Das heißt, das Vakuum hat diese Phasen durchlaufen.« Anna musterte sie und suchte nach einem Anzeichen von Verständnis. »Das Vakuum ist eine komplexe Sache. Der Raum kann durch Gravitation gekrümmt werden, aber er widersetzt sich mit der vielfachen Kraft von Stahl. Das Vakuum ist ein Meer aus Energie mit virtuellen Teilchen, die in schneller Abfolge entstehen und vergehen.«
    »Aha«, sagte Maura und versuchte ihr zu folgen.
    »Aber es besteht die Möglichkeit, dass Vakuum verschiedene Zu-stände annimmt. Denken Sie an Wasser. Flüssiges Wasser kann in einen höheren Energiezustand übergehen – indem es verdampft –, oder es nimmt einen niedrigeren Energiezustand ein …«
    »Indem es zu Eis gefriert.«
    »Ja. Systeme verlieren Energie und streben einen möglichst niedrigen Energiezustand an.«
    »Ich verstehe. Und das Vakuum …«
    »Nach dem Urknall durchlief das Vakuum eine Reihe von Energiezuständen. Dies ist die primitivste Stufe, die Quelle des Zeitflus-ses, der Ursprung des Lebens und Bewusstseins.«
    »Bis es den niedrigsten … hmm … Energiezustand erreicht hat – unser Vakuum. Richtig?«
    Anna runzelte die Stirn. »Nein. Unser Universum ist bloß meta-stabil. Es steht noch nicht auf der untersten Stufe. Es begann mit dem Urknall und dauert bis heute an. Aber es braucht… hmm …
    Hilfe.«
    »Hilfe? Was denn für eine Hilfe?«
    Das Mädchen fasste sie an den Händen. »Sie müssen die Bedeutung dieses Vorgangs verstehen. Die Evolution des Vakuums ist ein 605
    Fluss aus Informationen. Dieser Fluss umspannt die Vielfalt und ist deshalb fundamental.« Anna suchte den Blickkontakt mit Maura.
    »Das Leben umspannt die Vielfalt. Die Vakuum-Metastabilität macht Sie zu dem, was Sie sind. Aus diesem Grund tun wir das, was wir tun. Und das müssen Sie ihnen auch sagen.«
    »Wem denn?«
    »Den Leuten.« Sie deutete auf den Soldaten und wies in Richtung der Erde. »Machen Sie es ihnen begreiflich.«
    »Und wozu?«
    »Als Trost.«
    »Mein Gott, Anna …«
    Und dann schien die Zeit für sie alle abzulaufen.
    ■
    Es war, als ob eine Wolke die Sonne verdunkelt hätte.
    Anna befeuchtete einen Finger und hob die Hand. »Es geht kein Wind«, sagte sie. »Sie haben die Systeme abgeschaltet.«
    Maura schaute auf. Die Kuppel hatte sich verdunkelt. Sie sah die Sonne nur noch als diffuse

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