Das Multiversum 1 Zeit
Wellen aus, die in die Zukunft und in die Vergangenheit reisen – wie Echos.
Und nun kommt's. Die Quantenechos löschen die Wellen, die von der Quelle ausgehen, überall aus – sowohl die zukünftigen wie die vergangenen –, außer entlang des Weges, den die normalen retardierten Wellen genommen haben. Es entsteht so etwas wie eine stehende Welle zwischen Quelle und Empfänger. Und weil für ei-ne Welle, die sich mit Lichtgeschwindigkeit fortpflanzt, auch keine Zeit vergeht, ist der Vorgang zeitlos.
Das wird als Transaktion bezeichnet, als ob Quelle und Empfänger sich die Hände schütteln. ›Hallo, ich bin hier.‹ – ›Ja, ich bestä-
tige, dass du dort bist.. .‹
Dann gibt es also wirklich Wellen, die in der Zeit zurück reisen ?
Es hat den Anschein. Aber Sie brauchen sich deswegen keine Sorgen zu machen.
Brauch ich nicht?
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Nein. Es gibt nämlich keine ›Zurück-in-derZeit‹-Paradoxa, weil die rückwärts gewandten Wellen nur den Zweck haben, die Transaktion einzurichten; sonst wären sie überhaupt nicht zu entdecken.
Und so funktioniert unsre Realität. Indem die Auswirkungen einer Veränderung sich durch Raum und Zeit fortpflanzen, verleiht das Universum sich eine neue Form – Transaktion um Transaktion, Handschlag um Handschlag.
Hmm. Und Sie sagen, das sei Quantenmechanik? Was ist dann mit dem ganzen Quantenkram passiert? Die kollabierende Wellenfunktion, Schrödingers Katze, die Viele Welten-Interpretation und …
Ach, das können sie alles vergessen. Wir studieren das heutzutage, wie wir römische Ziffern studieren. Wo wir nun wissen, worum es bei der Quantenmechanik wirklich geht, fällt es einem schwer, sich vorzustellen, dass die Menschen jener Zeit so gedacht haben.
Können Sie mir folgen?
Hmm … Madeleine?
Noch mal zum besseren Verständnis. Wenn ich zurückgehe und die Vergangenheit ändere, erschaffe ich ein neues Universum, das an diesem Punkt abzweigt… richtig? Wenn ich meine Großmutter töte, bekomme ich zwei Universen – eins, in dem sie lebte und ich geboren wurde, und eins, in dem sie stirbt und ich nie geboren wurde …
Nein. Vielleicht haben Sie mir nicht richtig zugehört. So funktioniert es eben nicht.
Es gibt nur ein Universum gleichzeitig. Neue Universen mögen zwar aus anderen entspringen, aber sie sind nicht ›parallel‹ nach Ihrer Vorstellung. Sie sind getrennt und eigenständig mit eigenen ›systemimmantenten‹ Kausalitäten.
Was geschieht also, wenn ich in der Zeit zurück gehe und etwas Unmögliches tue, zum Beispiel meine Oma umbringen? Wenn sie stirbt, wäre ich doch nie geboren worden und hätte sie auch nicht umbringen können …
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Jedes Quantenereignis manifestiert sich in der Realität als das Ergebnis einer Rückkopplungsschleife zwischen Vergangenheit und Zukunft. Händeschütteln über die Zeit hinweg. Die Geschichte des Universums gleicht einem Teppich, der aus Myriaden solcher winziger Handschläge geknüpft ist. Wenn man eine künstliche zeitgleiche Schleife zu einem Punkt in der Raumzeit innerhalb des negativen Lichtkegels der Gegenwart erzeugt…
Toll. Können Sie sich auch verständlich ausdrücken?
Wenn man in der Zeit zurückginge und versuchen würde, die Vergangenheit zu ändern, würde man all diese Transaktionen an-nullieren, die Handschläge zwischen Zukunft und Vergangenheit.
Man würde das Universum beschädigen und eine ganze Reihe von Ereignissen in der Zeitschleife auslöschen.
Deshalb fängt das Universum vom ersten Punkt neu an, an dem die verbotene Schleife entstanden wäre. Das verwundete Universum heilt sich selbst mit einer Zahl neuer Handschläge und arbeitet sich in der Zeit vorwärts, bis es vollständig und seine Integrität wiederhergestellt ist.
Dann wäre eine Änderung der Vergangenheit doch möglich.
O ja.
Sagen Sie mir eins, Dr. Taine. Selbst wenn Sie auf der Grundlage dieser Betrachtungsweise zurück gehen und die Vergangenheit verändern – woher wollen Sie wissen, ob Sie Erfolg hatten? Würden Sie sich nicht mit der Vergangenheit ändern, die Sie geändert haben?
Wir wissen es nicht. Wie sollten wir auch? Wir haben das noch nie versucht. Aber wir halten es für möglich, dass ein intelligentes Bewusstsein es wissen könnte.
Und wie?
Weil Bewusstsein, wie das Leben selbst, Struktur ist. Und die Struktur überdauert, auch wenn der kosmische Teppich sich verändert.
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Stellen Sie sich ein DNA-Molekül vor. Manche Gene sind wichtig für die Struktur des Körpers, andere sind unnötig.
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