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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Vereinigten Staaten emigriert war, war ortho-dox gewesen. Sie hatte also keine Ahnung von katholischen Prie-stern und sich deshalb mit dem gängigen Klischee beholfen: Ein hagerer alter Mann, ein Italiener oder Ire, vom Zölibat gezeichnet und mit einer wallenden schwarzen Soutane bekleidet, die den gif-tigen Staub aufsog und für die Bedingungen hier am Startplatz völlig ungeeignet war.
    Die erste Überraschung hatte sie erlebt, als der Priester keine Sonderwünsche bezüglich der Unterbringung angemeldet und sich in der Stadt Baikonur einquartiert hatte – zusammen mit den Technikern, die hier in diesem alten Raumfahrtzentrum aus Sowjetzeiten für Bootstrap arbeiteten. Baikonur, das ehemalige Le-ninsk im Herzen von Kasachstan, war ein Ort mit ausgebrannten Büros und leerstehenden Wohnungen mit Fensterhöhlen, mit Stra-
    ßen und Dächern, die mit einem körnigen braunen Pulver überzogen waren, das aus mehreren hundert Kilometern Entfernung von den pestizidverseuchten Salzflächen des lange toten Aral-Sees herangeweht worden war. Baikonur war ein Relikt sowjetischer Träu-30
    me, das von Kriminalität und Umweltverschmutzung heimgesucht wurde. Kein guter Ort für einen längeren Aufenthalt.
    Xenia wusste jedenfalls nicht, was sie erwartete, als der Bus am Sicherheitstor vorfuhr. Sie ging hinaus, um ihren heiligen Gast zu empfangen.
    Der Priester musste ungefähr sechzig gewesen sein. Er war klein und stämmig und schien noch recht gut in Form zu sein, obwohl sie sah, dass er beim Aussteigen aus dem Bus etwas steif wirkte.
    Glitzernde käfergroße Kameradrohnen schwirrten in einer Wolke um ihren Kopf.
    Richtig, um ihren Kopf: Es handelte sich natürlich um eine Frau, eine der ersten Priesterinnen des Vatikans, die eigens für diese PR-Operation abgestellt worden war.
    Und kein schwarzer Rock. Die Priesterin, die mit einem lockeren und bequemen temperaturausgleichenden Hemd und Hose bekleidet war, hätte als beliebige Berufstätige durchgehen können: Als Buchhalterin vielleicht oder als Weltraum-Wissenschaftlerin, wie Frank Paulis sie zu Dutzenden rekrutiert hatte oder sogar als Rechtsanwältin wie Xenia selbst. Es war nur das ›Hundehalsband‹, ein schmales weißes Band um den Hals, das von einer anderen Be-rufung kündete.
    Im Schatten des breitkrempigen Sonnenhuts lächelte die Priesterin Xenia an. »Sie müssen Ms. Makarova sein.«
    »Nennen Sie mich Xenia. Und Sie …?«
    »Dorothy Chaum.« Das Lächeln wurde etwas wehmütig. »Ich bin zum Glück weder Vater noch Mutter. Sie müssen mich Dorothy nennen.«
    »Es ist mir ein Vergnügen, Sie hier willkommen zu heißen, Ms. – Dorothy.«
    Dorothy schlug nach den Drohnen, die wie Fliegen um ihren Kopf schwirrten. »Sie sind eine gute Lügnerin. Ich werde versuchen, Ihnen möglichst wenig Umstände zu machen.« Dann schau-31
    te sie mit einem fragenden und neugierigen Blick an Xenia vorbei aufs Raketengelände.
    Vielleicht wird es doch nicht so schlimm, sagte Xenia sich.
    ■
    Xenia hatte nämlich prinzipielle Einwände gegen den Besuch gehabt und es ihrem Boss auch gesagt. »Um Gottes willen, Frank.
    Hier werden Trägerraketen entwickelt. An diesem Ort trägt man einen Helm, keinen Heiligenschein.«
    Frank Paulis hatte gerade etwas in die Softscreen getippt. Er war fünfundvierzig Jahre alt, untersetzt und agil. Trotz des klimatisierten Büros schwitzte er stark. »Genauso wie es in dieser Mail hier steht. Dieser Pinguin ist im Auftrag des Papstes hier, um Informationen über die Mission zu gewinnen …«
    »Und sie zu segnen. Frank, die Bruno ist eine Mission zu den Asteroiden. Wir machen uns auf die Suche nach Aliens, um Gottes willen. Dass ein Pfaffe eine Weihrauchschale schwenkt und unser Schiff mit Weihwasser bespritzt ist – lächerlich. Mittelalterlich.«
    Frank hatte einen Ausdruck in den Augen gehabt, den sie richtig zu deuten gelernt hatte. Du musst realistisch sein, Xenia. Sieh die Dinge so, wie sie sind. »Der Vatikan ist einer unsrer Hauptsponsoren.
    Sie haben ein Recht, hier zu sein.«
    »Die Kirche benutzt uns doch nur als Werkzeug für ihre Neupo-sitionierung«, hatte sie verdrossen eingewandt. Das stimmte; die Kirche war im neuen Jahrtausend hauptsächlich mit Schadensbe-grenzung beschäftigt, nachdem sie nach der Jahrhundertwende von vielen Krisen geschüttelt worden war: Sexuelle Skandale, finanzielle Unregelmäßigkeiten, ein neues Bewusstsein für die Schrecken der Kirchengeschichte – deren unrühmlichste Beispiele die Kreuz-32
    züge

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