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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zurückgedrängt. Vielleicht versucht dieser wackere Kerl, das Land zurückzuerobern.«
    Das Krabbenwesen schien den höchsten Punkt und damit das Ziel der merkwürdigen Expedition erreicht zu haben. Es stand für lange Minuten auf dem rostigen Strand und wedelte mit den Au-genstielen in der Luft herum. Madeleine fragte sich, ob es überhaupt von ihrer Anwesenheit wusste, ob es den Gaijin als entfernten Nachfahren erkannte.
    Dann machte es kehrt und kroch zum gelben Meer zurück, bis es mit ein paar Blasen in der zischenden trüben Flüssigkeit unter-tauchte.
    ■
    »Die Gaijin sind nicht wie wir«, flüsterte Malenfant. Er saß von Kissen gestützt und in eine Decke gehüllt auf einem Stuhl. Er war spindeldürr. Sie hatten ihn zu seiner eigenen Landefähre zurückge-bracht, die ihm in dieser langen Zeit förmlich ans Herz gewachsen war. »Kassiopeia ist in stetem Fluss«, sagte er. »›Kassiopeia‹ ist nur der Name, den ich ihr gegeben habe. Ihr richtiger Name hat Ähnlichkeit mit Katalognummern für Bauteile – mit einem Unterschlüssel für Subkomponenten – und einem Anhang, der den Weg der Teile dokumentiert. Eher ein Fertigungsbericht als ein Name.
    Sie tauscht ständig Teile, Bleche und interne Komponenten aus und schaltet sie anders zusammen. Damit ändert sich zugleich ihr Name. Und ihre Identität …«
    »Ihre Zellen verschleißen, Malenfant«, sagte Dorothy sanft. »Alle paar Jahre gibt es ein neues Sie.«
    »Aber nicht so schnell. Es ist auch die Art und Weise, wie sie sich vermehren – falls man das überhaupt so bezeichnen kann.
    Zwei oder mehr von ihnen spenden Teile und bauen sie zu einem 442
    neuen Gaijin zusammen, der dann ins Ersatzteillager geht und sich die Stücke holt, die ihm noch fehlen. Ein ganz neues Individuum. Aber woher kommt es?« Er seufzte. »Sie haben eine Kontinuität der Erinnerung und des Bewusstseins, aber Identität ist flie-
    ßend für sie: Man kann sie beliebig teilen und sogar mischen. Das zeigt sich bei ihren Debatten. Es gibt keine Auseinandersetzungen.
    Sie verschmelzen einfach und treffen dann eine Entscheidung. Aber die Gaijin sind vorsichtig«, sagte er langsam. »Sie sind rational, und sie wägen jedes Argument sorgfältig ab, was manchmal sogar zur Beschlussunfähigkeit zu führen scheint.«
    »Wie Balaams Esel«, sagte Dorothy lächelnd. »Konnte sich nicht zwischen zwei gleichen Heuballen entscheiden.«
    »Was ist mit ihm passiert?«, fragte Madeleine.
    »Er ist verhungert.«
    »Sie sind nicht wie wir«, fuhr Malenfant wie in einem Selbstge-spräch fort. »Sie kommen nicht so schnell auf neue Ideen wie wir …«
    »Ihr Bewusstsein ist nicht für Meme empfänglich«, sagte Dorothy. »Sie haben kein Selbst-Bewusstsein …«
    »Aber«, sagte Malenfant, »die Gaijin interessieren sich für uns. Keine Ahnung warum, aber es ist so. Und für Wesen wie wir. Religiö-
    se Führer. Leute, die Kreuzzüge führen und sich für eine Idee gegenseitig umbringen und sogar ihr Leben opfern.«
    Madeleine erinnerte sich an die Chaera, die ihren Gott in Gestalt eines Schwarzen Lochs umkreisten und ihn vergeblich anrie-fen. Vielleicht hatte Nemoto recht; vielleicht war es gar nicht die Technik des Schwarzen Lochs gewesen, wofür die Gaijin sich interessiert hatten, sondern die Chaera selbst. Aber – wieso?
    Dorothy beugte sich vor. »Haben die Gaijin jemals über Wesen wie uns gesprochen? Was aus uns wird?«
    »Ich vermute, dass wir uns selbst vernichten. Oder die Ausrottung mental betreiben. Meme gegen Gene. Das heißt, falls die Ko-443
    lonisationskriege nicht schon vorher über uns hereinbrechen.« Er öffnete die wässrigen Augen. »Die Erde und das ganze Sonnensystem werden vom Ansturm der Kolonisten vielleicht überrollt. Das ist zuvor schon passiert, und es wird auch wieder geschehen. Aber das ist nicht die ganze Geschichte. Das kann es nicht sein.«
    Dorothy nickte. »Gleichgewicht. Einheitlichkeit. Nemotos alte Argumente.«
    Madeleine begriff nicht.
    Malenfant lächelte sie zahnlos an. »Wieso muss es so sein? Das ist die Frage. Endlose Wellen der Ausbeutung und Verwüstung, alle werden auf die Stufe von Meeresbewohnern zurückgeworfen …
    Man sollte meinen, dass irgendjemand daraus lernen würde. Aber was stoppt sie?
    Falls eine Expansion durch Krieg gestoppt würde, müsste man davon ausgehen, dass es in einem solchen Krieg keine Überlebenden gibt – weder als Rasse noch als eine einzelne, sich fortpflan-zende Population. Oder, falls intelligente Spezies durch

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