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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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weiter, bis die Flüssigkeit über ihre Stiefel schwappte.
    Sie war kühl, aber nicht kalt und hinterließ einen feinen körnigen Rückstand. Dampf zischte um Madeleines Füße.
    Dorothy tunkte einen behandschuhten Finger ins Meer, und Daten liefen über ihr Helmvisier. »Eisencarbonyl«, murmelte sie. »Ei-ne Verbindung aus Eisen und Kohlenmonoxid.« Sie wies auf den Dampf. »Und das ist hauptsächlich Nickelcarbonyl. Hat einen niedrigeren Siedepunkt als die Eisenverbindung …« Sie seufzte.
    »Eisenverbindungen und eine eiserne Welt. Auf der Erde haben wir das Zeug in industriellen Prozessen verwendet, zum Beispiel für die Reinigung von Nickel. Hier könnte man darin schwimmen.«
    »Ich frage mich, ob es hier Leben gibt.«
    »O ja«, sagte Dorothy. »Natürlich gibt es hier Leben. Wissen Sie denn nicht, wo Sie sind?«
    Madeleine sagte nichts.
    »Daher kommen auch der Ruß und das Kohlendioxid«, sagte Dorothy. »Ich glaube, es findet eine Art Photosynthese statt, bei 439
    der Kohlenmonoxid entsteht. Und dann reagiert das Monoxid mit sich selbst, wodurch freier Kohlenstoff und Kohlendioxid entstehen. Bei dieser Reaktion wird Energie freigesetzt …«
    »Die Tiere nutzen können.«
    »Ja.«
    »Es gibt Leben, wohin wir auch schauen«, sagte Madeleine.
    »Ja. Leben scheint der Struktur des Universums selbst zu entspringen, in dem wir existieren und ist eine Konstituente der Gesetze der Physik. Deshalb glaube ich, dass auch Bewusstsein allgegenwärtig ist. Emergenter Monismus: Eine nette Bezeichnung. Obwohl wir kaum behaupten können, dass wir es verstünden …«
    Sie gingen an den Strand zurück und stapften ohne große Begeisterung durch den rostigen Staub.
    Dann sahen sie Bewegung.
    Etwas kroch aus dem Meer. Es glich einer Krabbe. Es war niedrig und kompakt, etwa von der Größe eines Beistelltisches, mit einem Dutzend oder mehr Spinnenbeinen und etwas, bei dem es sich um Fühler – Augen, Ohren? – handeln musste. Auf jeden Fall komplexe kleine Zapfen am Ende dünner Stiele, die in der diesigen Luft schwankten. Das ganze Ding hatte die Farbe von Rost.
    Und es hatte einen zwölfflächigen Körper.
    Madeleine hörte es pfeifen.
    »Eine Lunge«, sagte Dorothy. »Es hat eine Lunge. Aber – sehen Sie die Schlitze im Panzer? Kiemen, oder was meinen Sie?«
    »Es gleicht einem Lungenfisch.«
    Die Krabbe bewegte sich stockend, als ob sie nicht allzu gut sä-
    he, und schlitterte über den knochenharten Strand. Eins der bleistiftdünnen Beine verhakte sich in einer Spalte und brach ab. Dieser zischende Atem wurde lauter, und das Ding verharrte mit zu-ckendem Stumpf.
    Dann setzte die Krabbe sich wieder in Bewegung und kroch über den Strand, als ob sie etwas suchte.
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    Dorothy bückte sich und hob die abgebrochene Extremität auf, was mit dem Handschuh nicht ganz einfach war. Auf den ersten Blick wirkte sie primitiv: Nur eine hohle Röhre, eine Wand. Bei näherem Hinsehen erkannte man jedoch eine Waben-Struktur der Innenwand. »Festigkeit und Leichtigkeit«, sagte sie. »Und es besteht aus Eisen.« Sie lächelte. »Eiserne Knochen. Natürliche Roboter. Wir glaubten bisher, dass die Gaijin von Wesen, die uns mehr oder weniger ähnelten, hergestellt worden sein mussten – die erste Generation zumindest. Die Idee, dass solche mechanische Viecher sich natürlich entwickelten, vermochte man schwerlich ernst zu nehmen. Aber vielleicht war genau das eingetreten …«
    »Wovon reden Sie überhaupt?«
    Sie sah Madeleine an. »Sie wissen wirklich nicht, wo Sie sind?
    Haben die Gaijin es Ihnen denn nicht gesagt?«
    Madeleine hatte eine Aversion gegen Gespräche mit den Gaijin.
    Aber das behielt sie lieber für sich.
    »Diese Welt heißt Null-Null-Null-Null, Madeleine. Der Koordinatenursprung der Gaijin, der Ausgangspunkt ihrer Kolonisationsblase. Der Ort, von dem sie kommen. Kein Wunder, dass sie Malenfant hierher gebracht hatten, als sie glaubten, dass er starb.«
    Madeleine war weder erstaunt noch verwundert, nicht einmal neugierig. Na und? »Und wenn das stimmt, wo stecken die dann alle?«
    Dorothy seufzte. »Ich glaube, dass die Gaijin auch nicht immuner gegen die Ressourcenkriege und die Raubzüge anderer sind als wir.«
    »Sogar die Gaijin?« Beim Gedanken, dass die mächtigen, rätselhaften und sternenumspannenden Gaijin selbst Opfer waren, bekam sie eine Gänsehaut.
    »Wenn das ein robotischer Lungenfisch ist«, sagte Dorothy, »dann wurde das Leben hier durch die letzte Besucherwelle viel-441
    leicht wieder ins Meer

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