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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Geduld.
    »Nehmt ihn«, flüsterte sie und hasste sich selbst, als sie diese Worte sprach. »Nehmt Malenfant.« Nehmt ihn und verschont mich.
    Und sie hatte ihre Wahl kaum getroffen, als sie sich an Malenfants unerklärliche Kälte erinnerte, mit der er sie hier empfangen hatte.
    Sie hatte ihn schließlich doch verraten. Und nun wurde sie sich bewusst, dass er von Anfang an gewusst hatte, dass sie das tun wür-de.
    Sie schlug die Hände vors Gesicht.
    ■
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    Nach vielleicht einem ganzen Tag kehrte Malenfant zurück. Madeleine saß müßig an einem träge dahinplätschernden Bach und betrachtete das Spiel von Gasschwaden im galaktischen Kern.
    Malenfant eilte zu ihr.
    Er ließ sich neben ihr ins Gras fallen. Er schwitzte, die Glatze war mit Schweißperlen übersät, und er atmete schwer. »Joggen macht einen freien Kopf«, sagte er und nahm eine katzenhafte Sitzposition ein. »Das ist der Hammer, stimmt's, Madeleine? Wer hätte das gedacht? Nemoto müsste mich jetzt mal sehen. Meine Frau Mutter auch.« Es war eine verblüffende Veränderung mit ihm vorgegangen. Er wirkte kraftvoll, ausgeruht, zuversichtlich und konzentriert. Sogar fröhlich.
    Aber sie sah das zerknitterte Foto seiner toten Frau im Ärmel stecken.
    Sie schlang die Arme um die Knie. Sie vermochte ihm vor Scham nicht ins Gesicht zu sehen. »Hast du eine Entscheidung getroffen?«
    »Ich habe eigentlich keine Wahl, richtig?«
    Zögerlich griff sie nach seiner Hand, und er packte sie und drückte sie fest. Sie spürte seine Kraft. »Malenfant, hast du denn keine Angst?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich hatte Angst, als ich zum ersten Mal an Bord einer Raumfähre ging, ein marodes altes Schiff, das schon dreißig Jahre auf dem Buckel hatte, und auf Millionen Tonnen Sprengstoff saß. Ich hatte Angst, als ich zum ersten Mal in ein Sattelpunkt-Tor schaute und nicht wusste, was dahinterlag. Aber ich bin trotzdem an Bord der Raumfähre und durch das Tor gegangen.« Er schaute sie an. »Und was wird aus dir? Wenn …«
    »Wenn du tot bist?«, platzte sie heraus.
    Er zuckte zusammen, und sie bereute es sofort.
    Sie erzählte ihm vom Angebot des Gaijin, ihr einen Flug zur Er-de zu spendieren.
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    »Nimm das Angebot an. Geh zur Erde zurück, Madeleine.«
    »Aber sie ist nicht mehr meine Erde.«
    Er zuckte die Achseln. »Und die Alternative?«
    »Ich habe nachgedacht«, sagte sie zaghaft. »Was, wenn wir – die Intelligenzen der Galaxis, diese Generation – den nächsten Neustart doch überleben? Was, wenn wir diesmal nicht wieder ganz von vorn anfangen müssten? Wenn ich ohne Unterlass durch die Sattelpunkt-Tore gehe, werde ich das vielleicht erleben.«
    Er nickte. »Zwischen den Sternen hin-und herflitzen, während das Netz erweitert wird. Immer weiter, ohne Grenzen. Das gefällt mir.«
    »Ja.« Sie schaute auf. »Vielleicht sehe ich Andromeda, ehe ich sterbe.«
    »Es gibt schlechtere Vorsätze.«
    »… Malenfant. Komm mit mir.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das geht nicht, Madeleine. Ich habe nachgedacht. Und ich werde tun, worum Kassiopeia mich gebeten hat.« Er schaute zum Himmel auf. »Wissen Sie, als Kind hatte ich nachts immer auf dem Rasen gelegen, mich im Tau gewälzt und zu den Sternen emporgeschaut. Ich wollte fühlen, wie die Erde sich unter mir dreht. Ich spürte die pure Lust am Leben – na klar, welcher Zehnjährige tut das nicht? Aber ich wusste, dass die Erde nur eine Steinkugel am Rand einer namenlosen Galaxis war. Ich wollte damals schon nicht glauben, dass es dort niemanden gab, der auf mich hier unten herabschaute. Aber ich fragte mich auch, welchen Sinn mein Leben, die menschliche Existenz überhaupt hätte, wenn das Universum wirklich leer war. Was bliebe uns anderes übrig, als so lang wie möglich zu überleben? Obwohl ich das nicht als eine sehr reizvolle Aussicht empfand.
    Heute weiß ich, dass das Universum nicht leer ist, sondern von Leben nur so wimmelt. Und ist das, trotz der Kriege und der Ver-nichtungsfeldzüge nicht besser als die Alternative – besser als 688
    nichts? Und weißt du, ich glaube, dass ich sogar den Sinn des Lebens in solch einem Universum herausgefunden habe – zumindest was mich betrifft. Für diejenigen, die uns nachfolgen, bessere Voraussetzungen zu schaffen. Was sollten wir auch sonst tun?« Er schaute sie mit umwölkten Augen an. »Ergibt das einen Sinn?«
    »Schon. Aber die Kosten, Malenfant …«
    »Nemoto hat das vorhergesagt. Die Menschen vermögen die Geschichte nicht zu ändern, höchstens auf diese

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