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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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war die Luft kalt und feucht und mit tausend intensiven unbekannten Gerüchen geschwängert – und so zog die geringe Schwerkraft, die nur zwei Drittel des irdischen Werts betrug, nur schwach an ihren Gliedmaßen.
    Manekato lief durch die Menge der gaffenden Leute und umher-wuselnden Arbeiter. Das Gehen fiel ihr in der niedrigen Schwerkraft seltsam schwer, als ob die Muskeln plötzlich überzüchtet wä-
    ren. Der gelbe Boden durchmaß etwa hundert Schritt. Er war eine präzise, angenehm glatte Scheibe aus Formenergie. Sie erreichte den Rand der Scheibe. Winzige Arbeiter strömten an ihr vorbei in die grüne Welt jenseits der Scheibe, zeichneten Daten auf, interpretierten und übermittelten sie.
    Hinter der Plattform ragte ein Wald wie eine Wand auf. Er glomm in einem grünen Zwielicht. Die Bäume waren hier hoch: Große dürre Holzstämme, die sich grundlegend unterschieden von den geduckten Gehölzen der Wind -zerzausten Erde. Schemen huschten durch die grüne Dunkelheit. Sie glaubte, dass Augen sie anstarrten, Augen wie Spiegel ihrer eigenen.
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    Babo rannte mit einem gurgelnden Schrei an ihr vorbei. Er rannte direkt in den Wald und schwang sich schwerfällig, aber kraftvoll und voller Elan auf die untersten Äste eines Baums.
    Manekato schaute nach unten. Das Gras, das auf dem roten Boden des Mondes wuchs, war mit weißen und gelben Blümchen ge-tupft. Sie beugte sich vor, stützte das Gewicht auf eine Faust und berührte das Gras. Die Halme waren hart. In der Nähe sprossen andere Pflanzen und Moose und kämpften um jedes Fleckchen Boden. Sie sah zerdrückte und geknickte Blätter unter der Scheibe hervorlugen; ein paar lebendige Dinge auf dieser Welt waren wegen ihrer Anwesenheit schon umgekommen.
    Das Land hier war nie bestellt worden: Kein einziges Mal in den Milliarden Jahren, die diese Welt bereits existierte. Schon dieser Fleck grasbewachsenen Lands, wo Milliarden Lebewesen ums Überleben kämpften, war ein augenfälliger Beweis dafür.
    Am Waldrand machte sie einen kleinen Arbeiter mit braunem Pelz aus – nein, es war kein Arbeiter, sondern ein Tier, dessen Spezies man wahrscheinlich bewusst im Urzustand belassen hatte. Es hatte einen kurzen, schlanken Körper und vier dünne Beine; der schlanke Hals war gebeugt, und ein kleiner Mund knabberte am Gras. Es bewegte sich geschmeidig, aber geradezu im Zeitlupen-tempo. Diese Behäbigkeit kontrastierte mit dem hektischen Treiben der Leute und der Arbeiter. In Anbetracht der Genitalien zwischen den Hinterbeinen musste diese Art sich wie Säugetiere fort-pflanzen, anstatt direkt aus dem Boden zu sprießen …
    Niemand hatte diese Kreatur gehegt, sagte sie sich; sie war in einem unbewussten Prozess entstanden. Sie war in Blut, Schmerz und Schleim geboren worden, ohne die Aufsicht eines Menschen, und sie suchte nach Nahrung, um an diesem wilden, unkultivierten und ungeordneten Ort zu überleben.
    Auf ihrer Welt hatte es seit neunhunderttausend Jahren keine Zoos mehr gegeben. Obwohl der Reichtum der Ökologie wohlbe-375
    kannt war und akkurat verwaltet wurde – einschließlich des Platzes der Leute in dieser Ökologie –, gab es keine Lebewesen außer denen, die einem bewussten Zweck dienten, und es gab keinen Aspekt der Natur, der nicht durchdacht und geregelt war.
    Manekato hatte zwar gewusst, dass dieser neue Mond wild wäre, aber sie hatte auch gehofft, dass er trotzdem eine funktionierende Ökologie hätte. Doch eine theoretische Erwartungshaltung und die Konfrontation mit der Realität waren zwei verschiedene Dinge. Sie hatte das Gefühl, ins Innenleben einer riesigen Maschine eingedrungen zu sein, was umso erstaunlicher war, weil ein bewusster Entwurf oder eine steuernde Intelligenz fehlten.
    Nun kam Babo aus dem Wald zurück. Er hielt etwas in den Armen, das träge zappelte.
    An Babos Beinen befanden sich grüne Moosspuren, und das Haar war zerzaust und schmutzig. Aber die Augen leuchteten.
    »Meine Arme sind stark«, sagte er atemlos seiner Schwester. »Ich kann klettern. Es ist, als ob mein Körper sich an die tiefste Vergangenheit erinnerte, über viele Millionen Jahre zurück – auch wenn die Bäume auf der Erde nur windzerzauste Sträucher sind im Vergleich zu diesen mächtigen Säulen …«
    »Was hast du da?«, fragte Ohne-Name.
    Er streckte vorsichtig die Hände aus. Es hatte einen dünnen Körper und einen kleinen Kopf. Die Beine waren kurz und etwas ge-krümmt, doch Manekato erkannte sofort, dass diese Kreatur dafür ausgelegt war – nein,

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