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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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in den offenen Mund, so dass er sich fast daran verschluckte.
    Dann hob sie den geschärften Stein und spaltete ihm mit einem wuchtigen Schlag die Stirn.
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Joshua:
    Ein Tag und eine Nacht ohne Essen und Wasser hier an diesem weißen Ort.
    Lobegott war Stimmungsschwankungen unterworfen, die Joshua weder verstand noch vorherzusagen vermochte. Manchmal war er kalt, grausam und schlug ihn. Doch ein andermal schaute Lobegott ihn mit strahlenden Augen an und strich ihm mit den Händen über den geschundenen Körper, wie eine Mutter ihr Kind streichelte. Joshua lernte solche Momente schnell zu fürchten, denn sie endeten immer in den härtesten Schlägen.
    Und doch war es ihm lieber, dass Lobegott Michael blieb, als dass er ihn allein ließ.
    Er lag auf der Seite und starrte auf die Zeichen an den Wänden – nicht das Gesicht von Tschi-sus, aber merkwürdige Linien, Kreise und Schnörkel. Benommen vor Schmerz und Erschöpfung starrte er dorthin und versuchte sich in den Linien zu verlieren, versuchte die Gesichter dort zu sehen.
    »Was siehst du, Junge? Kannst du lesen? Vermagst du die Worte des Herrn zu lesen? Hörst du, was sie dir sagen?« Lobegott Michael hatte mal wieder eine humane Anwandlung. Er kniete auf dem Boden und hatte Joshuas Kopf im Schoß.
    »Leute«, flüsterte Joshua mit trockenem Mund und dicker Zunge.
    »Leute?« Lobegott Michael starrte auf die Zeichen. »Das sind Worte, und das sind Bilder. Die Worte sprechen zu uns … Aber nein, das tun sie nicht, stimmt's? Zeichen an der Wand sprechen nicht. Sie sind Symbole der Laute, die wir erzeugen, wenn wir sprechen und die wiederum Symbole der Gedanken sind, die wir her-vorbringen … Meinst du vielleicht das?« Mit kaum verhohlener Begierde erkundete er mit den Händen Joshuas Körper. »Was mag sich wohl in deinem großen Kopf befinden? Die Worte, die du 477
    sprichst, sind selbst symbolisch – aber deine Rasse kennt weder Bücher noch Kunst. Ist das der Grund für dein fehlendes Verständnis? Möchtest du, dass ich dir sage, was diese Lettern mir sagen?« Er wies auf die Wand. »Danach sah ich, und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel. Die Offenbarung des Johannes, 4,1.«
    »Himm'l«, nuschelte Joshua.
    »Der Himmel, Kind, in den wir kommen, wenn wir tot sind.«
    Joshua wandte Lobegott das Gesicht zu. »Tot.«
    »Nein«, sagte Lobegott fast fröhlich und schaukelte Joshua hin und her. »Nein, du armes Unschuldslamm. Du lebst. Und wenn du stirbst, wirst du in Christus weiterleben – falls Seine Güte sich auch auf deine Art erstreckt …«
    »Tot«, sagte Joshua. »Tot. Weg. Wie Jacob.«
    »Tot, aber nicht verschwunden! Der Leichnam im Boden ist der Samen, der in die Erde gepflanzt wurde. Also werden wir alle im Frühling des Herrn erblühen. Und ich sah die Toten, groß und klein, vor dem Thron stehen, und Bücher wurden aufgeschlagen. Aber ich spreche schon wieder in Symbolen, nicht wahr? Ein Mensch ist kein Saatkorn. Aber ein Mensch ist wie ein Saatkorn.«
    Plötzlich stieß er Joshua weg. Der Ham schlug mit dem Kopf auf den Boden und verspürte einen stechenden Zahnschmerz.
    »Du kannst überhaupt nicht wissen, worüber ich rede, denn in deinem Kopf gibt es keine Symbole … Ach so, was, wenn meine Religion auch nichts anderes als Symbolik ist – willst du mir das etwa sagen? – das Symbol des Saatkorns, von Mutter und Kind – ein Traum, den ich aus Worten zusammen gesponnen habe, die mir im Kopf herumgeistern?« Nun wurde Joshua mit heftigen Tritten in den Rücken und ins Gesäß malträtiert. »O du Zeuge der Sintflut, o du Untermensch! Ist es dir doch gelungen, die Saat des Zweifels in mir zu säen! Du steckst voller List und Tücke! Du und dieser Daimon des Walds, Renemenagota, die von der Affengestalt und mit den spöttischen, klugen Augen … Die Daimonen machen 478
    mir Versprechen. Sie wollen meine Vision wahr werden lassen und diese vorsintflutliche Insel in einen göttlichen Ort verwandeln. So sagen sie. So sagt sie. Aber in ihren dunklen Augen sehe ich Spott, Joshua! Kennst du sie. Hat sie dich gesandt? … Du machst mich verrückt. Seid Ihr Boten des Satans, ausgesandt, um mich mit euren Einflüsterungen von Gottes Werk zu verwirren …?«
    Lobegott beugte sich wieder über Joshua und nahm sein Gesicht in die Hände. Joshua sah, dass seine Augen gerötet und tränenum-flort waren und das Gesicht aufgedunsen war, als ob er sich schier die Augen ausgeweint hätte. »Kann die Sünde hier existieren? Die Primitiven, die mir dienen,

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