Das Multiversum 3 Ursprung
Teufel, das alles zu bedeuten hat.«
»Und Sie glauben, dass Ihre Frau in Gegenrichtung durchs Portal gegangen sei. Dass sie dort oben auf dem Roten Mond ist, seine Luft atmet, sein Wasser trinkt, sich vielleicht von seiner Vegetation ernährt.«
»Wo sollte sie sonst sein …? Es tut mir leid. Ich will das wohl glauben. Ich muss es glauben.«
»Ja.« Sie lächelte. »Jeder weiß das, Malenfant. Ihre Sehnsucht, wieder mit ihr vereint zu sein, ist deutlich zu spüren. Ich sehe es in Ihren Augen und erkenne es an Ihrer Körpersprache.«
»Sie halten mich für ein Arschloch, nicht wahr?«, sagte er brutal.
»Sie glauben, ich sollte die Sache abhaken.«
»Nein. Ich halte Sie für jemanden mit einer menschlichen Einstellung. Das ist bewundernswert.«
Er fühlte sich wieder verlegen. Er hatte diese junge Frau gerade erst kennengelernt, und trotzdem hatte er schon das Gefühl, dass sie ihn in jeder Hinsicht nackt gesehen hatte, in der ein Mensch sich nur zu entblößen vermochte.
Sie erreichten das Strandhaus. Sie setzten sich auf die Veranda und schauten aufs Meer hinaus. Malenfant trank Wasser aus einer Plastikflasche. »Wieso verfolgen Sie mich also durch die ganze NASA? Was wollen Sie, Nemoto?«
»Ich glaube, dass wir uns gegenseitig helfen könnten. Sie wollen eine Mission zum Roten Mond organisieren. Ich auch. Ich glaube, dass wir das tun sollten – dass wir das sogar tun müssen. Ich kann Sie dorthin schicken.«
Plötzlich schlug sein Herz höher. »Und wie?«
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Auf einer Taschen-Softscreen skizzierte sie ein Missions-Profil. Es beruhte auf der Verwendung einer ›abgespeckten‹ Version von Malenfants Shuttle-basierter ›Big Dumb Booster‹-Konstruktion. Sie diente als Träger für ein Rettungsboot der Raumstation, das für die spezifischen Bedingungen auf dem Mond ausgerüstet war.
»Die Sache ist nicht ohne Risiken«, sagte sie. »Aber es wird funktionieren. Und wir glauben, dass wir imstande wären, es in ein paar Monaten mit einem Aufwand von ein paar Milliarden Dollar hinzubekommen.«
Das war schnell und schmutzig, sogar gemessen an den Vorschlä-
gen, mit denen er selbst hausieren gegangen war. Aber es könnte funktionieren … »Falls wir jemanden finden, der das finanziert.«
»Es gibt viele japanische Flüchtlinge, die sich daran beteiligen würden«, sagte Nemoto. »Von allen Nationen sind es wahrscheinlich die Japaner, die von dieser Katastrophe am schlimmsten heimgesucht wurden. Die Flüchtlinge haben das starke Verlangen, es wenigstens zu verstehen, zu wissen, was den Tod so vieler Menschen verursacht hat. Beträchtliche Mittel warten darauf, abgeru-fen zu werden. Aber wir würden mit der NASA zusammenarbeiten müssen, weil die die nötigen Einrichtungen für die Bodenunter-stützung hat.«
»Und an dieser Stelle komme ich nun ins Spiel.« Er trank einen Schluck Wasser. »Nemoto, vielleicht bin ich nicht der richtige An-sprechpartner. Vergessen Sie nicht, dass ich es schon einmal versucht hatte. Und ich habe nichts erreicht. Ich bin die ganze Zeit gegen Wände wie Joe Bridges gelaufen.«
»Wir müssen lernen, mit Mr. Bridges zu arbeiten, nicht gegen ihn.«
»Und wie?«
Sie berührte seine Hand. Ihre Hand war kalt. Er erschrak durch den plötzlichen und unerwarteten Kontakt. »Indem Sie die Wahrheit sagen, Malenfant. Sie interessieren sich nicht für die Geologie, 113
Planetologie oder das Mysterium des Roten Monds, nicht einmal für die Flut. Nicht wahr? Sie wollen Emma finden.« Sie zog die Hand zurück. »Das ist ein Motiv, das den Leuten zu Herzen geht.«
»Aha. Ich verstehe. Sie brauchen mich als Spendensammler. Ich soll in Talkshows quasseln.«
»Sie werden quasi ein Sympathieträger für das Projekt sein – ein menschlicher Grund, es durchzuführen. In einer Zeit, wo den Leuten das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht, interessiert kein Aas sich mehr für Wissenschaft. Aber um ihre Familien sind die Leute immer besorgt. Wir brauchen eine Geschichte, Malenfant. Einen Helden.«
»Selbst wenn dieser Held ein Don Quichotte ist.«
Sie wirkte verwirrt. »Don Quichotte ist doch eine schöne Geschichte. Und Sie werden den Menschen auch eine gute Geschichte erzählen.«
Sie schien kaum daran zu zweifeln, dass er schließlich doch zustimmen würde. Und wenn er auf die Stimme seines Herzens hör-te, zweifelte er auch nicht daran.
Er ärgerte sich, dass sie ihn so schnell um den kleinen Finger gewickelt hatte. »Wieso sind Sie eigentlich so wild darauf, den neuen Mond zu
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