Das Multiversum 3 Ursprung
unverblümt.
Malenfant sagte gereizt: »Das Missionsprofil …«
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»… ist eine Todesfalle. Kommen Sie schon, Malenfant; ich habe mich selbst schon mit Weltraummissionen beschäftigt.«
Malenfant setzte sich gerade hin, als ob er einen Ladestock verschluckt hätte. »Wir haben keine Zeit, um bei dieser Mission alle Risiken auszuschalten, Ma'am.«
»Sie sind beide besessen genug, um diese Risiken wirklich einzu-gehen. Das ist mir schon klar. Nemoto, ich glaube, ich verstehe Sie.«
»Tun Sie das?« Della lächelte Nemoto an. »Verzeihen Sie mir, meine Liebe. Malenfant, Sie mag Ihnen rätselhaft erscheinen, aber das liegt daran, dass sie noch so jung ist. Sie hat ihre Familie und ihr Zuhause verloren. Sie will Rache.«
Nemoto reagierte nicht darauf.
»Aber was ist mit Ihnen, Malenfant?«
»Ich habe meine Frau verloren«, sagte er ärgerlich. »Das genügt doch wohl als Motiv. Bei allem Respekt, Ma'am.«
Sie nickte. »Aber man hat Ihnen die Flugerlaubnis entzogen. Lassen Sie mich das so deutlich sagen, weil man Ihnen diese Frage noch oft stellen wird, ehe Sie auf der Startrampe stehen. Wollen Sie in den Weltraum zurück, um Ihre Frau zu suchen? Oder benutzen Sie Emma als einen Hebel, um in den Weltraum zurück zu kommen?«
Malenfant verzog keine Miene und verharrte in der steifen Haltung. Gegenüber der Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten wür-de er gewiss nicht die Contenance verlieren. »Ich vermute, dass Joe Bridges schon mit Ihnen darüber gesprochen hat.«
Sie trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. »Er macht sich sogar für Sie stark, Malenfant. Er will, dass Sie Ihre Mission fliegen.« Sie registrierte sein Erstaunen. »Das wussten Sie nicht. Sie wissen überhaupt nicht viel von den Menschen, nicht wahr, Malenfant?«
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»Ma'am, bei allem Respekt, kommt es darauf denn an? Falls ich zum Roten Mond fliege – was auch immer meine Motive sind –, diene ich eh Ihren Zwecken.« Er nahm sie in Augenschein. »Wie auch immer sie aussehen.«
»Gute Antwort.« Sie widmete sich wieder ihrer Softscreen. »Ich werde darüber schlafen. Ob Sie Ihre Frau zurückbringen oder nicht, ich will, dass Sie uns ein paar gute Nachrichten bringen, Malenfant. Ach, noch etwas. Julias Affenmenschen, die vom Himmel fallen … Sie sollten wissen, dass viele Leute überhaupt nicht mit der Interpretation einverstanden sind, dass sie irgendetwas mit den Ursprüngen der Menschheit zu tun hätten.«
Malenfant grunzte. »Dieselben Leute, die Darwin für einen Scharlatan halten.«
Della zuckte die Achseln. »So sind eben die Zeiten, Malenfant.
Heutzutage wird nur noch in vierzig Prozent der amerikanischen Schulen Evolution gelehrt. Ich gerate wegen Ihrer Mission schon unter Druck von religiösen Gruppierungen aus Washington und dem ganzen Land.«
»Soll ich zum Roten Mond fliegen und die Affenmenschen mis-sionieren?«
»Sie müssen Ihre Worte in der Öffentlichkeit gut wägen«, sagte sie ernst. »Sie werden entweder mit Gott gehen oder gar nicht.« Sie befingerte das Stück des Hominidenschädels auf dem Schreibtisch.
»Ihr verdorrten Gebeine, höret des HERRN Wort!«
»Pardon?«
»Unser alter Freund Hesekiel. Kapitel 37, Vers 4. Guten Tag.«
Emma Stoney:
Es gab Bienen, die bei Sonnenuntergang ausschwärmten. Sie stachen gern, aber wenn man vorsichtig war, vermochte man sie ab-134
zustreifen. Es gab noch andere Viecher, die zwar nicht stachen, sich aber in den Mund-und Augenwinkeln sowie an den Rändern nässender Wunden versammelten. Sie ernährten sich anscheinend von Körperflüssigkeiten. Auf jeden Fall wurde man ständig belästigt.
Ungezählte Tage nach ihrer Ankunft erwachte Emma in einer leeren Hütte. Sie schälte sich aus der Fallschirmseide und kroch aus der Öffnung der Hütte. Die Sonne stand tief, aber sie war stark und angenehm warm im Gesicht.
Sallys Haar war zerzaust, der Safarianzug zerrissen, blutig und schmutzig. Maxie klammerte sich an ihr Bein. Sally deutete auf die Sonne. »Sie gehen weg.«
Die Läufer zogen weiter. Sie bewegten sich in der üblichen unor-ganisierten Art und Weise und hatten sich in kleinen Gruppen über die Ebene verteilt. Sie schienen nichts bei sich zu haben. Sie hatten alles zurückgelassen: Die Hütten und die Werkzeuge. Einfach in östlicher Richtung auf und davon. Wieso?
»Sie verlassen uns«, stöhnte Maxie.
Ein Schatten zog über sie hinweg, und Emma fror plötzlich. Sie schaute zum weiten Himmel empor. Wolken zogen an der Sonne vorbei.
Etwas fiel vom Himmel
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