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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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dichten Gruppe, hackten mit stark gekrümmten Schnäbeln auf dem Boden herum und kratzten sich mit säbelähnlichen Klauen im Gefieder und am Kopf. Ihr Verhalten glich dem von Vö-
    geln, mutete bei so großen Kreaturen aber seltsam an.
    Die Läufer suchten für einen halben Tag in einem Wäldchen Deckung, bis der Schwarm weiter gezogen war.
    Die Läufer nannten sie ›Tötende Vögel‹. Ein Bauklötze staunender Maxie nannte die Vögel ›Dinosaurier‹.
    Und sie sahen auch aus wie Dinosaurier, sagte Emma sich. Na-türlich, weil die Vögel sich aus Dinosauriern entwickelt hatten.
    Hier hatten die Vögel vielleicht aus einer Laune der Evolution das Fliegen und Singen verlernt, doch dafür hatten sie ihre Kraft und Stärke wieder entdeckt und sich wieder zum Herrscher der Tier-welt aufgeschwungen.
    Die Gangart der Läufer war nicht ganz menschlich. Ihr Brustkorb war hoch angesetzt und leicht konisch, so dass er mehr Ähnlichkeit mit dem eines Schimpansen als mit dem eines Menschen hatte. Durch die sehr schmalen Hüften hatten sie einen hohen Körperschwerpunkt, so dass sie viel Kraft darauf verwenden mussten, die Balance zu halten. Dafür hatten sie lange, weit ausgreifen-de Beine.
    Emma fragte sich, welche Probleme diese schmalen Hüften wohl bei der Geburt bereiteten. Die Läufer hatten nämlich auch nicht 138
    viel kleinere Köpfe als sie. Es gab hier weder Hebammen noch Anästhesisten. Vielleicht halfen die Frauen sich gegenseitig.
    Auf jeden Fall wussten sie, wer ihre Kinder waren – im Gegensatz zu den Männern, die die Kinder als kleine lästige Konkurrenten zu betrachten schienen.
    Die Frauen schienen ihre sozialen Beziehungen sogar durch Sex zu festigen. Manchmal legten sich nachts zwei Frauen zueinander, berührten und streichelten sich und teilten zärtliche Freuden, die viel länger währten als der kurze, irgendwie aggressive körperliche Kontakt, den sie mit den Männern hatten.
    Im Vergleich hierzu bildeten die Männer überhaupt keine richtige Gemeinschaft, höchstens eine brutale Hierarchie: Durch ständiges Kräftemessen legten sie ihre Hackordnung fest. Durch diese Feststellung gelangte Emma zu dem Schluss, dass diese Männer-horde viel mit den menschlichen ›Männer-Welten‹ gemeinsam hatte, die sie bisher kennen gelernt hatte – bis hinauf zum und einschließlich des Astronautenbüros der NASA.
    Stein war der Rottenführer; durch den Einsatz von Fäusten, Fü-
    ßen, Zähnen und Faustkeilen verwies er die anderen Männer auf die Plätze und sicherte sich Zugang zu den Frauen. Jedoch achteten er und die anderen Männer darauf, dass sie sich nicht gegenseitig verwundeten oder gar töteten. Es war eben ein Spiel um die Macht.
    Stein hielt sich auch keinen Harem. Mit den Faustkämpfen gewann er zwar mehr ›Nummern‹ als die anderen Männer, aber die kamen auch noch auf ihre Kosten; sie mussten nur warten, bis Stein eingeschlafen war, in die andere Richtung schaute, auf der Jagd oder anderweitig beschäftigt war. Emma hatte keine Ahnung, weshalb das so war. Vielleicht vermochte man in einer so mobilen Gruppe wie dieser einfach keinen Harem zu halten; vielleicht brauchte man einen festen Ort, um seine weiblichen Quasi-Gefan-139
    genen zu halten, eine Festung, um sein ›Eigentum‹ vor anderen Männern zu schützen.
    Es waren aber die Defizite dieser Leute, die Emma am stärksten auffielen. Sie kannten keine Kunst, keine Musik, keine Lieder. Sie hatten nicht einmal eine Sprache; ihr unartikuliertes Plappern transportierte zwar grundlegende Emotionen – Zorn, Angst, Forde-rungen –, aber nur wenig Information. Sie ›sprachen‹ nur bei sozialen Begegnungen, wenn sie sich paarten, kämmten oder kämpften. Aber nie bei der Arbeit, bei der Werkzeugherstellung oder auf der Jagd – nicht einmal beim Essen. Für Emma glich diese ›Sprache‹ eher dem Schnurren und Miauen von Katzen als informa-tionshaltiger menschlicher Konversation.
    Genauso wenig legten die Läufer Ziele für ihre Wanderungen fest. An der Art und Weise, wie sie Spuren lasen, Pflanzen betasteten und die Luft einsogen, zeigte sich jedoch, dass sie ein tiefes Verständnis für dieses Land hatten, in dem sie lebten und sich zurechtzufinden vermochten.
    … Ja, aber wie hatten sie dieses Wissen erworben, wenn nicht durch Sprache und Lernen? Vielleicht war ihnen dieser Orientie-rungssinn angeboren, mutmaßte sie, genauso wie die Fähigkeit des Spracherwerbs den Menschenkindern angeboren zu sein schien.
    Wie dem auch sei, es war ein

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