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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Sponsorenlogos tapeziert sein. Doch das kratzte Malenfant nicht im Geringsten, wenn das Gerät am Ende nur startete – mit ihm an Bord.
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    Paulis redete immer noch, obwohl Malenfant schon seit gut fünf Minuten nichts mehr gesagt hatte.
    »… Die Stufe ist fast hundert Meter hoch. Sie haben hier einen ›Außenborder‹ mit vier Space Shuttle-Haupttriebwerken, die am Boden eines modifizierten Shuttle-Außentanks montiert sind. Die untere Stufe wird also mit Flüssigsauerstoff und Wasserstoff betrieben. Der Vorteil gegenüber der Shuttle-Standardkonstruktion, einem Reihenantrieb, sticht sofort ins Auge: Dies ist eine viel ro-bustere Stufe. Die obere Stufe baut auf einem Shuttle-Haupttriebwerk auf. Der Flug in den niedrigen Erdorbit …«
    Malenfant berührte seine Schulter. »Frank. Ich weiß, was wir hier bauen.«
    »… Ja.« Paulis kramte nervös ein Taschentuch hervor und wischte sich den Schweiß vom Hals. »Ich entschuldige mich.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.«
    »Es ist nur so, dass ich vor Ehrfurcht schier überwältigt bin.«
    »Dazu besteht kein Anlass.« Malenfant musterte noch immer die Konturen der kompakt wirkenden Trägerrakete. »Obwohl ich selbst ein wenig Ehrfurcht verspüre. Das ist kein Vergleich zur allerersten Rakete, die ich gebaut habe.«
    Mit siebzehn hatte Malenfant schon Modellflugzeuge gebaut und fliegen lassen. Mit ein paar High School-Freunden hatte er sich am Bau einer Flüssigbrennstoff-Rakete wie der BDB versucht, war aber spektakulär gescheitert und hatte sich anschließend auf Festbrennstoffe verlegt. Sie beschafften Schwarzpulver und füllten es in der Hoffnung, dass es verbrannte und nicht explodierte, in ein Papprohr. »Wir lehnten es gegen einen Stein, machten ein paar Flossen daran fest und verwendeten einen mit Pulver gefüllten Strohhalm als Zünder. Wir investierten mehr Zeit in die Bema-lung als in den Bau des verdammten Dings. Dann steckte ich den Zünder an und ging schleunigst in Deckung. Die Rakete stieg laut 153
    pfeifend fünfzehn Meter in die Luft und explodierte dann mit einem Knall …«
    »Und Emma schaute aus dem Fenster ihres Zimmers zu, nicht wahr?«, fragte Paulis ehrerbietig. »Aber sie war doch erst sieben Jahre alt.«
    Malenfant merkte, dass die Fahrerin, Xenia, ihn mit einem ver-schleierten, prüfenden Blick musterte.
    Vor ein paar Wochen hatte er im Rahmen der Werbekampagne die Geschichte mit der Rakete einem PR-Mitarbeiter erzählt, und die Frau hatte sie dann publikumswirksam ausgeschmückt. Obwohl Emma damals seine Nachbarin war, hatte sie natürlich nicht zugeschaut, weil sie mit sieben Jahren nämlich ganz andere Interessen hatte, und seitdem ging diese verdammte Anekdote um die ganze Welt. Seine Lebensgeschichte, die von den PR-Fritzen ebenfalls mediengerecht aufbereitet worden war, hatte mittlerweile den Bekanntheitsgrad der Weihnachtsgeschichte. Das Gefühl der Zufriedenheit beim Anblick der Trägerrakete verpuffte.
    Mit dieser Aufmerksamkeit hatte er nicht gerechnet. Wie Nemoto aber vorhergesagt und wovor der politische Instinkt Vizepräsidentin Della gewarnt hatte, hatte Malenfant die Gefühle der Öffentlichkeit in einer Zeit in Wallung gebracht, in der viele Leute schrecklich litten. Am Ende würde es gar nicht darauf ankommen, was er tat – die Leute schienen zu wissen, dass es nach menschlichem Ermessen keine Möglichkeit gab, das Problem des Roten Monds zu ›lösen‹ –, doch solang er seine Mission mit Mut und Elan verfolgte, würde er Beifall ernten. Es war, als ob alle mit ihm von der geschundenen Erde fliehen wollten.
    Aber der Haken an der Sache war, dass sie alle ein Stück von ihm wollten.
    Paulis war immer noch am Reden. »Dieses Ding am Himmel hat alles verändert. Es hat nicht nur die Gezeiten aus dem Takt gebracht. Es hat unser aller Leben umgekrempelt – meins auch. Als 154
    ich an jenem Tag aufwachte, die Nachrichten einschaltete und sah, was es uns antat, fühlte ich mich – hilflos. Einen unbedeutenden Mond durch einen anderen zu ersetzen ist in einer Galaxis mit vierhundert Milliarden Sonnen vielleicht ein triviales Ereignis.
    Wer, zum Teufel, weiß denn, was dort draußen sonst noch passiert? Aber ich habe mich noch nie so klein gefühlt. Mir wurde in diesem Moment klar, dass mein ganzes Leben von Ereignissen bestimmt werden konnte, auf die ich keinen Einfluss habe. Wer weiß, was aus mir hätte werden können, wenn das nicht passiert wäre, wenn die Erde nicht aus den Angeln gehoben worden

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