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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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wie eine große dunkle Halle, aus der es kein Entrinnen gab, vor ihr aus.
    Bis sie das Landungsboot sah.
    Reid Malenfant:
    Vorsichtig entfernte Malenfant sich einen Schritt vom Landungsboot. Eingezwängt in den muffigen Raumanzug spähte er aus dem verriegelten Helm. Unter den schweren schwarzen Stiefeln knirschten totes Laub und spärliches Gras, das aus einem rötlichen staubigen Erdboden wuchs. Aber er vermochte die Schritte kaum zu hö-
    ren und roch auch nicht das Gras und die Blätter.
    Die kleine Lichtung war in einen dichten Wald eingebettet: Ein finstrer Tann, durch den grüne Schemen flitzten. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute zu einem weiten ausgewaschenen Himmel empor. Dort oben stand dick und blau die Erde. Er machte die vagen Umrisse eines Kontinents aus.
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    Also spazierte Reid Malenfant auf der Oberfläche einer neuen Welt: Ein Kindheitstraum, der schließlich wahr geworden war.
    Aber damit, dass es so sein würde, hätte er bestimmt nicht gerechnet.
    Vielleicht war er auch nur phantasielos – Emma hatte ihm das immer wieder vorgeworfen –, vielleicht hatte er sich auch nur zu sehr auf den Kampf konzentriert, die Mission überhaupt durchzuführen und die Einzelheiten des dreitägigen Flugs hierher. Vielleicht hatte er irgendwie erwartet, dass dieser vagabundierende Ro-te Mond sich damit begnügen würde, als Bühne für seine Mission zu dienen. Nun wurde er sich zum ersten Mal auf einer kreatürlichen Ebene bewusst, dass er es hier mit einer ganzen Welt zu tun hatte – einem komplexen Himmelskörper mit eigenem Charakter, eigenen Gesetzen und Gefahren.
    Und nun mutete der Plan, Emma zu retten, genauso absurd und vermessen an, wie viele seiner Gegner zuhause behauptet hatten.
    Aber was hätte er sonst tun sollen, als hierher zu kommen und es zu versuchen?
    Nemoto schritt prüfend die Lichtung ab. Trotz des plumpen orangefarbenen Raumanzugs und des Fallschirms auf dem Rücken wirkte sie zierlich. Ihr Gang glich dem eines Mondspaziergängers, ein Mittelding aus Gehen und Laufen. »Faszinierend«, sagte sie.
    »Gehen ist eine Pendelbewegung, ein Wechselspiel zwischen der Gravitationsenergie, die auf den Körper wirkt, und seiner vorwärts-gerichteten kinetischen Energie. Im Bestreben, den mechanischen Energieaufwand zu minimieren, strebt der Körper bei jeder Geschwindigkeit eine optimale Gangart an – Gehen oder Laufen.
    Und je geringer die Schwerkraft, desto geringer die Geschwindigkeit, bei der das Gehen in Laufen übergeht. Das ist nur eine Frage der Skalierung der Naturgesetze. Die Froude-Zahl …«
    »Lassen Sie's gut sein, Nemoto.«
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    Sie blieb stehen und kam zu ihm. Und bevor er sie daran zu hindern vermochte, entriegelte sie ihren Helm und setzte ihn ab.
    Sie grinste ihn an. Sie war grün um die Nase, aber so sah sie immer aus. Und sie war auch noch nicht tot umgefallen.
    Malenfant nahm nun auch den Helm ab und legte dabei die Hand auf den apfelgrünen Abzug, der die Sauerstoff-Notversor-gung des Anzugs aktivieren würde. Die Astronautenhaube mit dem Kopfhörer drückte auf dem Kopf und wirkte deplaziert in dieser urwüchsigen Umgebung.
    Er atmete tief ein.
    Die Luft war dünn. Aber damit hatte er schon gerechnet, und das Höhentraining, das er absolviert hatte, reduzierte den Schmerz in der Brust auf eine Randerscheinung. (Aber Emma hatte kein Höhentraining, erinnerte er sich; die dünne Luft musste ihr stark zugesetzt haben.) Die Luft war feucht und auf eine Art kühl, die er als belebend empfand. Er roch Vegetation – den herbstlichen Geruch toten Laubs und einen intensiveren Duft, den der Wald verströmte.
    Und er roch Asche.
    Nemoto benutzte gerade ein kleines tragbares Analyse-Gerät.
    »Keine Giftstoffe«, sagte sie. »Dünn, aber atembar.« Sie streifte die Astronautenhaube ab und stieg aus dem orangefarbenen Raumanzug. »Die Luft ist sogar gesünder als an den meisten Orten auf der Erde«, sagte sie.
    Nachdem er drei Tage lang im Weltraum in einer Kabine mit dem Volumen eines Fahrzeuginnenraums eingesperrt gewesen war, hatte Malenfant keine Hemmungen mehr vor Nemoto. Trotzdem hatte er irgendwie Hemmungen, sich hier im Freien auszuziehen, wo sie vielleicht von wer weiß wem beobachtet wurden. Trotzdem öffnete er den Reißverschluss des Anzugs. »Ich rieche Asche.«
    »Das ist wahrscheinlich die Zielscheibe«, sagte Nemoto. Man hatte mehr oder weniger regelmäßige Ausbrüche des mächtigen 256
    Vulkans beobachtet, seit der Rote Mond im Erdorbit aufgetaucht war. »Sie

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