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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Unbehagen verursachten.
    Aber die gefährlichsten Lebewesen von allen waren die Leute.
    Es schien viele Arten von Hominiden zu geben, die um diesen Globus wanderten. Sie wusste, dass es Hams und Läufer, Elfen-Leute und Nussknacker-Leute und vermutlich noch weitere gab.
    Die vegetarischen Nussknacker schienen sich damit zu begnügen, sich in den Tiefen des Waldes von Bambussprossen und Nüssen zu ernähren und lebten unbekümmert in den Tag hinein. Ein Lebensstil, um den Emma sie manchmal beneidete. Die Läufer hingegen betrachteten die Ebenen als ihr Revier.
    Vor den im Wald lebenden Elfen-Leute – sie waren etwa einen Meter groß und glichen aggressiven aufrecht gehenden Schimpansen – hatte Emma am meisten Angst. Nachdem sie gesehen hatte, was dieser Trupp der Elfen-Leute mit dem Läufer-Kind gemacht hatte, wurde sie ständig von dem Alptraum verfolgt, ihr Leben als lebendiger Fleischvorrat in den Händen von Elfen-Männern zu beenden.
    Aber die Hams wurden von den anderen in Ruhe gelassen.
    Einmal aus dem Grund, weil sie mit ihrer Kleidung, den vergleichsweise hoch entwickelten Werkzeugen und dem bizarren Englisch den anderen weit überlegen waren. Und sie waren so kräf-249
    tig, dass sogar die Frauen und Kinder sich vor keiner Elfe fürchten mussten.
    Während Emma den Hams zuhörte, wie sie in gebrochenem Englisch plapperten, wurde ihr klar, dass sie nie ein Teil dieser nach innen gerichteten, starren Gemeinschaft werden würde. Aber sie wusste auch, dass es hier viel sicherer war, als allein im Wald umherzustreifen.
    Also blieb sie und bezog eine primitive Unterkunft am Rand des Dorfs. Sie verbesserte langsam ihre Überlebensfähigkeit, kam wieder zu Kräften und harrte der Dinge, die da kommen würden.
    Die Technik der Hams war zwar höher entwickelt als die der Läufer, in Anbetracht ihrer großen Hirnschalen aber doch erstaunlich beschränkt. Sie hatten bessere Spantechniken, und ihr Repertoire umfasste außer den allgegenwärtigen Steinäxten noch eine Reihe von Klingen, Spitzen und Bohrern. Sie besetzten die massiven Speere mit Steinspitzen.
    Aber das war es dann auch schon. Sie hatten keinen Gegenstand, der aus mehr als zwei oder drei Einzelteilen bestanden hätte. Sie hatten nicht einmal solche Innovationen wie Wurfspeere und Bö-
    gen.
    Und das waren nicht die einzigen Defizite. Was sie nicht interessierte – eine Pflanzenart zum Beispiel, die sie nicht als Nahrung, Medizin oder für Werkzeuge verwenden konnten –, ignorierten sie einfach. Wenn etwas keinen Nutzwert für sie hatte, war es, als ob es überhaupt nicht existierte. Soweit sie sah, gab es ganze Katego-rien solch ›nutzloser‹ Objekte und Phänomene, die keine Namen hatten.
    Sie kannten natürlich keine Schrift. Und keine Kunst: Keine Malereien auf Tierhäuten, keine Tätowierungen, nicht einmal ein Farbklecks aus zerstampftem Stein im Gesicht eines Kinds.
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    Überhaupt schienen die Hams einen Abscheu gegenüber Symbolen aller Art zu hegen. Sie tolerierten zwar die seltsamen Farben von Emmas Haut und Haar, ihren schlanken Wuchs, die Art, wie sie sprach, sogar das helle Blau ihrer Kleidung – aber sie ertrugen nicht das Logo der südafrikanischen Luftwaffe, das an der Fliegerkombination prangte. Sie musste es mit einem Steinmesser abtren-nen. (Weil sie es aber nicht übers Herz brachte, ein Andenken von zuhause wegzuwerfen, hatte sie das Abzeichen in eine Ärmeltasche gesteckt.)
    Mit der Zeit kam ihr der Gedanke, dass es weniger die Symbole selbst waren, die sie störten, sondern ihre Reaktion darauf – und auf alle Skinny -Leute, eine Klasse, die sie selbst, Emma, und die geheimnisvollen ›Eiferer‹ und ›En'lischen‹ zu umfassen schien. Die Hams sagten, dass Skinnies Leute im Stein sähen, als ob die Symbole selbst irgendwie lebendig wären.
    Infolgedessen war die Welt der Hams ein bedrückend trister Ort ohne Kunst, Religion und Geschichte – außer natürlich dem gro-
    ßen Mythos von der Grauen Erde, woher sie gekommen waren. Sie erzählten keine Witze. Die Kinder spielten, wie junge Schimpansen gespielt hätten: Sie maßen ihre Kräfte und testeten ihre animalischen Reaktionen aneinander.
    Und der Tod schien für sie ein absoluter Endpunkt zu sein, eine Singularität, jenseits der eine Person keine Spur hinterließ und jeg-liche Bedeutung verlor. Für die Hams zählte nur das Heute, und das Gestern existierte nicht mehr. Wer heute nicht da war, den gab es nicht.
    In vielerlei Hinsicht waren sie wie die Läufer. Doch im

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