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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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aus und wich stolpernd zurück. Die Kugel fuhr vier knubbelige Beine aus und schoss auf die Lichtung.
    Malenfant hatte einen flüchtigen Blick auf schwarze Knopfaugen und stachlige Haut erhascht – das Vieh hatte doch tatsächlich aus-gesehen wie ein Igel.
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    Nemoto kam zu ihm. Ihre Kamera verfolgte das kleine Lebewesen.
    »Die Wissenschaftler sagten doch, dass es hier keine kleinen Tiere gebe«, sagte er verdrießlich. »Dünne Luft, schneller Stoffwech-sel …«
    »Eine flüchtige Beobachtung ist einen Berg von Hypothesen wert, Malenfant. Vielleicht hat unser kleiner Freund durch eine neuartige Strategie wie Faltung oder sogar fraktale Strukturen eine größere Lungenoberfläche entwickelt. Vielleicht spart er Energie, indem er wie manche Reptilien gewisse Zeitabschnitte schlafend verbringt.« Sie nahm eine der Früchte. »Ihre Beschreibung dieser Banane war ganz richtig.« Sie schälte sie mit schnellen Handgriffen und biss ins weiche Fruchtfleisch. »Es sind tatsächlich Bananen. Etwas spelzig und fade, aber definitiv Musa sapientum. Und der fade Geschmack ist vielleicht auf die Umverteilung der Körperflüssigkeiten zurückzuführen, die bei uns beiden während des Raumflugs stattgefunden hat.«
    Malenfant löste eine weitere Banane von dem Büschel, schälte sie und biss herzhaft hinein. »Sie sind eine richtige Intelligenz-bestie, Nemoto. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?«
    »Malenfant, alle Spezies hier werden uns mehr oder weniger bekannt vorkommen. Wir haben die Proben der Hominiden, die durch die Portale auf die Erde gefallen sind. Obwohl ihre Spezies ungewiss ist, hatte ihre DNA-Sequenz eine große Ähnlichkeit mit Ihrer und meiner aufgewiesen …«
    Ein Scharten bewegte sich hinter Nemoto durch den Wald: Schwarz vor grünem Hintergrund, lautlos und geschmeidig.
    »Was ist das den?«, sagte Malenfant.
    Der Schatten bewegte sich vorwärts, löste sich auf und trat ins Licht.
    Es war eine Frau. Und doch keine Frau.
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    Sie musste einen Meter achtzig groß sein, so groß wie Malenfant.
    Ihr Blick traf sich mit Malenfants; sie bückte sich, hob die Banane auf, die Nemoto hatte fallen lassen und steckte sie sich mitsamt der Schale in den Mund.
    Sie war nackt und unbehaart, außer einem dunklen Dreieck im Schambereich und dichtem Kraushaar auf dem Kopf. Sie hielt nichts in den Händen, trug keinen Gürtel, hatte keinen Beutel bei sich. Sie hatte den Körper einer zwanzigjährigen Tennisspielerin, fand Malenfant, oder einer Athletin: Gut ausgebildete Muskeln und hoch angesetzte Brüste. Vielleicht war der Brustkorb etwas vergrößert, um Platz für die größere Lunge zu schaffen, die die Theoretiker postuliert hatten. Sie sah aus, wie man sich in den 1950ern einen Marsmenschen vorgestellt hatte. Ihre Bewegungen waren von geschmeidiger Eleganz, und ihre Ruhe kündete von einer tiefen Nachdenklichkeit.
    Doch über diesem wundervollen Körper und einem kleinen, kindlichen Gesicht erhob sich das Schädeldach eines Affen. Das war zumindest Malenfants erster Eindruck: Augenwülste und eine fliehende Stirn. Nein, kein Affe, aber auch kein Mensch.
    Ihre Augen waren blau und menschlich.
    »Homo erectus«, murmelte Nemoto nervös. »Oder H. ergaster. Oder eine andere Spezies, die wir nie entdeckt haben. Oder etwas, das sich von allen Hominiden unterscheidet, die sich jemals auf der Erde entwickelt haben … Und selbst wenn sie aus einer archaischen Spezies hervorgegangen wäre, ist sie natürlich kein richtiger Erectus, sondern ein Abkömmling dieser Abstammungslinie, der über ein paar hunderttausend Jahre von der Evolution geprägt wurde – genauso wie die Schimpansen nicht unsre gemeinsamen Vorfahren sind, sondern eine voll entwickelte eigene Rasse.«
    »Sie reden zu viel, Nemoto.«
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    »Ja … Wir haben die Rekonstruktionen gesehen und die Körper untersucht, die vom Rad ausgestoßen wurden. Aber ihr hier lebendig und in Bewegung zu begegnen ist unheimlich.«
    Das Hominiden-Mädchen musterte Malenfant mit dem direkten, offenen Blick eines Kinds, ohne Berechnung und Furcht.
    Er machte einen Schritt nach vorn. Er roch das Mädchen: Sie war ungewaschen, stank aber nicht wie ein Tier. Sie verströmte einen intensiven Geruch wie eine Umkleidekabine. Er spürte eine starke Anziehung, die von ihr ausging. Zuerst hielt er das für eine erotische Anziehung – und die war auch vorhanden. Die Verbindung dieses klaren animalischen Blicks mit dem schönen menschlichen Körper war überaus reizvoll, auch wenn er

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