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Das Musical

Das Musical

Titel: Das Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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marschierte aus dem Aufzug, und das martialische Klicken ihrer Stahlabsätze verlor sich in den Tiefen dicker Teppiche.
    »Kannst du ihn denn nicht spüren?« Gloria verspürte mit einem Mal Furcht.
    »Ich kann den Gestank von diesem widerlichen Zeug riechen, das er sich jeden Tag in die Haare geschmiert hat, aber das ist auch schon alles. Komm weiter, Liebes. Das sind die Nerven. Die erste Nacht ist immer am schlimmsten.«
    Mit unschlüssigen Schritten betrat Gloria das Appartement. Das alles hatte sie auch früher schon gesehen. Die edlen Stoffe an den Wänden. Die gepolsterten Sofas mit den Decken aus Federn von Vögeln, die schon seit einem Jahrhundert ausgestorben waren. Die hohen Glasvitrinen voller rätselhafter Antiquitäten. Die Kelims und Kurios. Sie hatte alles schon mehr als einmal gesehen – und doch irgendwie auch wieder nicht. Jedenfalls nicht so deutlich und so klar wie heute. Sie hatte nie begriffen, was dieses Appartement repräsentierte. Was der Dalai Lama repräsentiert hatte.
    »Dauerhaftigkeit«, hatte Dan gesagt. »Sicherheit. Den Status Quo. Ich bin ein Teil von alledem. Eine Metapher, ein Symbol, was weiß ich.«
    Mrs. Vrillium klapperte mit einer venezianischen Karaffe und schenkte einen silbernen Pokal voll. »Das hier wird als allererstes aus der Wohnung verschwinden«, sagte sie zu einem lebensgroßen Porträt des Dalai selbst.
    »Was denn, sein Gemälde?« Glorias Stimme klang merkwürdig eingeschüchtert und leise.
    »Von wegen Gemälde. Dieses Ding ist eine Patchwork-Arbeit. Und die Flicken bestehen zur Gänze aus menschlicher Haut.«
    Gloria fühlte sich hundeelend.
     
    Die gegenwärtige Auseinandersetzung zwischen den Fundamentalisten und den Jesuiten gewann von Minute zu Minute an Heftigkeit. Obwohl die involvierten Waffen ein wenig angestaubt und von zumindest zweifelhafter Tauglichkeit waren, gingen die Protagonisten mit einem großen Maß an Entschlossenheit zu Werke. Wenn nämlich beide Parteien Gott auf ihrer Seite haben, dann können beide gleichermaßen sicher sein zu gewinnen.
    Es hatte bereits mehrere unangenehme Zwischenfälle mit sogenannten ›smarten‹ Waffensystemen gegeben.
    Nachdem die smarten Waffen fünf Jahrzehnte Zeit gehabt hatten, über ihre eigene Smartheit nachzudenken, hatten sie offensichtlich einen Status von Erleuchtung erreicht, der sie weit über den Willen gewöhnlicher sterblicher Menschen erhob. Und so fanden nur wenige von ihnen – wenn überhaupt – ihr zugewiesenes Ziel.
    Dann waren da noch die Anti-Raketen-Raketen, die Anti-Raketen-Raketen-Raketen, die holographisch projizierten Ablenkungsraketen, die elektronischen Störsysteme, die elektronischen Anti-Stör-Entstörsysteme und die Systeme, die im Grunde genommen gar nichts taten außer faszinierend zu sein. Und zu diesem unüberschaubaren Bild von Systemen kamen schließlich noch die Systeme, die gleich im ersten Augenblick versagten, und jene, die sich ihre Fehlfunktion bis zum entscheidenden Augenblick aufsparten. Und selbstverständlich die Systeme – die im übrigen die meisten der vorgenannten mit einschlossen –, welche die geschickte Hand eines gründlich ausgebildeten Experten erforderten. Eine Gattung, die längst zu Staub und Asche zerfallen und in den Tiefen der Geschichte versunken war.
    Noch ein weiterer Punkt ist der Erwähnung wert. Beide Gebäude, die jetzt so heftig bombardiert wurden, hatten dem Nuklearen Holocaust widerstanden, in einer Zeit, wo die Menschen noch gewußt hatten, wie man mit der hochentwickelten witwenmachenden Hardware umzugehen hatte. Die lahmen Explosionen und Feuerchen, die gegenwärtig auf sie einprasselten, stellten höchstens eine geringe bis gar keine Bedrohung dar.
     
    Hubbard der Dreiundzwanzigste spürte deutlich, daß das tragische Ende des Dalai Lama eine Gelegenheit mit sich brachte, aus der Rolle des zweidimensionalen Charakters zu schlüpfen, der kaum eine Nebenhandlung ausfüllte, und in die des Hauptdarstellers aufzusteigen. Er stapfte ohne die Hilfe fremder Hintern in seinem Hauptquartier auf und ab. Die Hubbards waren nicht zu dem geworden, was sie geworden waren, indem sie kleinkariert gedacht hatten.
    »Mein Ururururururururgroßvater hätte bestimmt noch gewußt, wie man diesen Habenichtsen in den Hintern tritt!« brummte er mißmutig. »Gar kein Problem für den Ururururururururgroßpapa wäre das gewesen.«
    Die wachen jungen Männer mit den weit entrückten starren Blicken beugten sich über ihre Instrumentenkonsolen und

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