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Das Musical

Das Musical

Titel: Das Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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inzwischen die einzigen, die imstande waren, die Bedürfnisse der Welt zu befriedigen, verspürten keinerlei Bedürfnis, ihnen zu widersprechen.
    Die Regierungen der Nach-NHE-Welt bemühten sich tapfer, die Kontrolle zurückzugewinnen, doch sie erlebten ein paar recht unangenehme Überraschungen. In Washington beispielsweise stieß der Oberkommandierende Nord die Türen seines Notfallsilos für den Atomaren Holocaust auf und fand – eine Million Kabelfernseher mitsamt Zubehör. Das Vermächtnis des scheidenden Präsidenten Wormwood an das Postnukleare Zeitalter.
    In einem Versuch, den Status quo wiederherzustellen, berief der Oberkommandierende Nord jedes verbliebene Mitglied der Streitkräfte ein. Die Minuten ihres Treffens sind in den Akten vermerkt, doch was die dreizehn Männer einander zu sagen hatten, taugt nicht für ein unterhaltendes Buch.
    Als Vollzeitbuddhist benötigte der Oberkommandierende Nord nicht lange, bis er merkte, auf welcher Seite sein Synthabrot™ gebuttert war. Ein rascher Anruf bei Buddha Biolabs und die Verteilung von einer Million Kabelfernsehapparate samt Zubehör sicherte ihm den Posten des gewählten Präsidenten auf Lebenszeit.
    Die Jungs bei Buddha ihrerseits, außerstande, eine Million Fernseher weltweit zu verteilen, schlossen einen lukrativen Handel mit der Fundamental Foods und der Jesuit Inc. ab und entledigten sich auf diese Weise zweier Drittel ihres unerwarteten warmen Regens. Kurz darauf fanden die Apparate ihren Weg in die Bunker der Überlebenden des NHE. Der Rest ist Geschichte.
    Ein paar Jahre darauf wurden die EYESPY-Modifikationen hinzugefügt in »einem Versuch, die Lebensqualität und die Moral zu heben, als Anreiz und zur Belohnung und um einen gesunden Wettbewerb zu fördern«. Und Wettbewerb, sei er nun gesund oder nicht, war etwas, mit dem sich die Großen Drei, inzwischen ausnahmslos im Besitz eigener TV-Sender, in zunehmendem Maß verstrickten. Und es war die Gameshow, die sich zum Dreh- und Angelpunkt dieses wettbewerbsorientierten Universums entwickelte.
    Die Autodafé-Show der Jesuiten hatte ihre Anhänger, genau wie Hoppla-da-geht-ein-Atheist der Fundamentalisten. Doch einzig und allein Nemesis zog die zuschauenden Massen in den Bann.
    Moderiert vom Lebenden Gottkönig persönlich und von seiner Public-Relations-Abteilung gefeiert als die ultimative terminale Erfahrung, bot Nemesis Gameshow-Magie in der großen alten Tradition. Und oft noch eine ganze Menge mehr.
    Gloria Mundi schob sich zwischen den Frauen hindurch, die im Studio umherwimmelten, stieg eine kurze Treppe hinauf und betrat das Grüne Zimmer. Hier saß, in einem etwas verschmutzten safrangelben Dreiteiler, der Goldene Knabe in Person.
    Dalai Dan sah ziemlich angeschlagen aus. Er hatte Mühe, Gloria scharf anzusehen; seine blutunterlaufenen Augen gaben beredtes Zeugnis ab von den Genüssen der vorangegangenen Nacht, ohne zu weit in die schäbigeren Einzelheiten vorzudringen.
    »Sie sehen aus wie der Tod«, stellte Gloria fest. »Haben Sie die Tempelkerze wieder einmal an beiden Enden gleichzeitig angezündet?«
    »Ziehen Sie Leine«, antwortete der Dalai Dan. »Ich meditiere.«
    »Ich hätte wirklich geglaubt, der Warnungen seien genug. So geht das nicht mehr weiter.«
    Der Dalai Dan strich sich über den stoppeligen Schädel. Er hatte eine Rasur nötig.
    »Hauen Sie ab.«
    »Päpstin Johannas Zahlen sind schon wieder gestiegen. Und Sie verlieren Zuschauer.«
    »Ich erinnere mich, einen Tampa Sunrise bestellt zu haben.« Er pulte einen kleinen Wachsklumpen aus dem linken Ohr.
    »Keine Drinks mehr. Sie sind in fünf Minuten auf Sendung!«
    Dalai Dan drehte den Wachsklumpen zwischen Daumen und Zeigefinger. »Trink nicht nur Wasser, sondern auch ein wenig Wein, um deines Magens willen.«
    »Falsche Glaubensgemeinschaft, Süßer.« Gloria warf sich gegenüber dem verkaterten Heiligen in einen Sitz, und Dalai Dans Augen wanderten über ihre unglaublich langen übereinandergeschlagenen Beine. Sie war fast schmerzhaft attraktiv. Groß, geschmeidig, elegant und ziemlich tödlich obendrein. Die Art von Frau, die alle bis auf die tapfersten Männer mit heraushängenden Zungen hinter sich ließ. Ihre Haut leuchtete in einem sanften Babyblau, das perfekt zu ihren Augen paßte. Ihr schwarzes Haar fiel bis zu einer Taille herab, die so schmal war, daß die Hände von Gottes Liebling sie umfassen konnten. Die restlichen Proportionen ihres Körpers fügten sich nahtlos in die maßlos überzogenen Standards

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