Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Musical

Das Musical

Titel: Das Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
Vom Netzwerk:
glaube, ich gehe wieder.«
    »Setzen Sie sich.« Es war ein Befehl, keine Bitte. Gloria setzte sich.
    »Wie viele Sekunden Aktivität sind auf dem Band festgehalten?«
    »Dreizehn.«
    »Die gleiche Zeitspanne, die Ihr Bruder gehirntot gewesen ist.«
    »Exakt die gleiche, ja. Was wollen Sie damit sagen? Sie wußten von diesen Scheißkerlen, die meinen Bruder gefoltert haben. Sie ließen es geschehen und haben nichts dagegen unternommen, bis er tot war.«
    Dan blickte zur Decke. Seine Pupillen hatten sich inzwischen wieder auf beide Augen verteilt, doch sie schienen von innen heraus zu leuchten. »Ich sehe alles, Gloria. Ich bin der Dalai Lama.«
    »Aber warum haben Sie zugelassen, was diese Schweine mit meinem Bruder angestellt haben, wenn Sie es hätten verhindern können?«
    »Es war ein kontrolliertes Experiment. Außerdem ist Ihr Bruder lebendig und erfreut sich bester Gesundheit.« Dan berührte die Mitte seiner Stirn und schloß die Augen. »Nein, ich korrigiere mich. Er scheißt. Er sitzt auf Ihrer Toilette und entleert seine Eingeweide in das Bidet.«
    Gloria öffnete den Mund, um Schmähungen auszustoßen, doch Dan hob die Hand. »Warten Sie damit bis Sie alleine sind. Ich hör’s ja trotzdem. Alles in allem denke ich, Ihr Bruder hatte keinen besonders glücklichen ersten Tag. Ich schätze, er hat sich einen kleinen Bonus verdient. Bestellen Sie ihm, daß ich ihn pünktlich morgen früh um zehn hier bei mir erwarte. Und Gloria…?«
    »Ja?«
    »Sie können jetzt gehen.«

11
    Der Begriff ›Universelles Gesetz‹ ist bedeutungslos. In universellen Dimensionen kann unmöglich etwas Absolutes existieren. Jede Wahrheit, die die Menschheit entdeckt, wird unwiderruflich von einer anderen begleitet, die im Widerspruch dazu steht und sie ultimativ als falsch widerlegt. Und während wir das im Gedächtnis behalten, wenden wir uns der ärgerlichen Frage zu: ›Existiert ein Gott? Oder existieren Götter?‹.
    In universeller Hinsicht ist diese Frage nicht zu beantworten, denn der Begriff ›Existenz‹ besitzt keine absolute Dimension.
    Also formulieren wie die Frage neu: ›Existiert ein Gott / existieren Götter der Menschen?‹ Das ist schon ein wenig leichter. Die Antwort lautet: ja. Für uns Menschen gibt es Götter. Ob die Götter existieren, die von den großen Affen Afrikas angebetet werden, wenn sie bei Vollmond tanzen, weiß ich nicht zu sagen. Genausowenig wie ich weiß, ob es im Sargassomeer einen Fischgott gibt, zu dem die Aale ihre alljährliche Pilgerfahrt unternehmen. Ich weiß es einfach nicht. Ich weiß auch nicht, ob es einen namenlosen geflügelten Gott gibt, dem die Vögel ihre Hymnen bei Anbruch der Dämmerung darbieten.
    Doch die Götter der Menschen, die sind ganz sicher real. Ich weiß es. Weil ich einem dieser Götter begegnet bin.
    Das Sub-Urbane Buch der Toten.
    Rex schnarchte leise in seinem alten Lehnsessel. Vor ihm flackerte das Fernsehterminal. Der EYESPY tastete seine blicklosen Pupillen ab und meldete die Sehbeteiligung an den Muttercomputer. Rex war ganz überraschend aus Glorias Appartement geflogen. Es war eine würdelose Angelegenheit gewesen, ohne nette Abschiedsworte. Seine Körperfunktionen hatten große Beachtung in der Schimpftirade gefunden, die sich aus dem Mund seiner Schwester über ihn ergossen hatte. Sie war so wütend gewesen, daß Rex das Thema ihres Bettes lieber nicht zur Sprache brachte, wo er sich kurze Zeit zuvor hatte übergeben müssen. Das einzige, was den Abend für ihn gerettet hatte, war die Freundlichkeit und Kameraderie der beiden Sicherheitsleute gewesen, die ihn aufgelesen hatten, als er halbnackt und halb betrunken durch das Labyrinth von Korridoren gewandert war. Sie hatten ihm einen neuen Strahlenschutzanzug gegeben, seine Taschen mit Bierdosen und Zigaretten vollgestopft und sich ein übers andere Mal für das kleine Mißverständnis der Folter entschuldigt. Und schließlich hatten sie ihn sogar noch zum Odeon Tower geflogen.
    Rex träumte. Er träumte von der Frau seiner Träume. Der Frau, die er im Augenblick seines Todes gesehen hatte. Sie waren allein und liefen durch Felder von hohem, wankendem braunen Zeugs. Und sie hatten keinerlei Kleider an. Rex war stinksauer, als er schließlich von einem heftigen Klopfen an seiner Tür geweckt wurde.
     
    Mungo Madoc schlief kaum jemals. Er war das Produkt einer ziemlich gewieften Gentechnologie, und so mußte er nicht mehr tun, als seinen Körper jeden Tag mit einem Cocktail aus Vitaminen, Proteinen

Weitere Kostenlose Bücher