Das Muster der Liebe (German Edition)
Klinik in meinem Bett lag und mir der Geruch von Franzbranntwein und antiseptischen Mitteln in die Nase stieg. Ich habe den Geruch von Krankenhäusern immer gehasst. Jemand, der so lange im Krankenhaus war wie ich, hätte sich eigentlich langsam daran gewöhnen müssen. Aber ich konnte es nicht. Die Röntgenaufnahmen bestätigten meine schlimmsten Befürchtungen: Ein Tumor hatte sich gebildet. Glücklicherweise war dieser Tumor durch meine Nasenhöhle erreichbar, sodass nicht wieder durch meine Schädeldecke gebohrt werden musste.
Die Untersuchung lag zum Glück bereits hinter mir, die Biopsie war durchgeführt und die Proben ins Labor geschickt worden. Leider ergaben sie keine eindeutigen Ergebnisse. So musste eine zweite Probe eingeschickt werden, um eine weitere Meinung einzuholen. Bei meiner Krankengeschichte konnte man sich keine Unsicherheiten leisten.
Margaret hatte einen Strauß Nelken bringen lassen, der neben meinem Bett stand und mich aufheitern sollte. Es war das erste Mal, dass meine Schwester mir überhaupt Blumen schickte. Unsere Beziehung zueinander hatte sich langsam, aber sicher verändert – doch auch ihre kleinen Aufmerksamkeiten konnten mir nicht helfen, diese furchtbare Situation durchzustehen.
Tief in meinem Herzen wusste ich, was mir bevorstand. Ich konnte es kaum ertragen. Nicht schon wieder. Mit jeder Faser meines Körpers wollte ich herausschreien, wie unfair das alles war. Wie ein kleines Kind wollte ich brüllen und jammern und einen Wutanfall bekommen.
Dad war nicht mehr da, um mir beizustehen. Und das Gefühl, vollkommen verlassen zu sein, überwältigte mich beinahe. So irrational es sein mochte – ich nahm meinem Vater furchtbar übel, dass er einfach gestorben war. Ich war so wütend. Wütend auf meinen Vater. Wütend auf Gott. Wütend auf die ganze Welt.
Fast zwei Tage lang stand ich wegen der verschiedensten Untersuchungen und des Eingriffs unter Medikamenten und war vollkommen benommen. Nun konnte ich keinen Schlaf mehr finden. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sah ich Brads Gesicht. Alles, was ich hörte, war seine Stimme. Und immer wieder schoss mir der letzte Streit durch den Kopf. Ich erinnerte mich an das Telefonat, in dem ich ihm mitgeteilt hatte, dass ich ihn nicht mehr sehen wollte. So gefasst wie möglich sagte ich ihm, dass ich die Beziehung zu ihm nicht länger aufrechterhalten wollte.
Natürlich konnte er es nicht verstehen. Es war ihm nicht möglich zu begreifen, dass ich ihm eigentlich einen Gefallen tat. Und er versuchte mit allen Mitteln, mich umzustimmen. Ich bereute die Dinge, die ich gesagt hatte, aber ich konnte ihm die Wahrheit nicht erzählen. So ließ ich ihn in dem Glauben, mein Herz schlüge für einen anderen Mann.
Ich wusste, dass Margaret die Trennung von Brad ganz und gar nicht guthieß. Doch es war schließlich
mein
Leben und
meine
Entscheidung. Sie ließ mich daraufhin in Ruhe, aber ich wusste, dass es sie wütend machte. Mit ihrem Missmut wusste ich allerdings umzugehen – das hatte ich schließlich beinahe mein ganzes Leben lang getan.
Ich glaubte nicht, dass sie mich für den Rückfall verantwortlich machte. Als ich ihr von dem Tumor erzählte, wurde sie still und erklärte mir, wie leid ihr das alles täte. Ich war wirklich dankbar für ihr Mitgefühl.
Als hätten meine Gedanken an meine Schwester sie tatsächlich zu mir gebracht, stand Margaret plötzlich in der Tür zu meinem Krankenzimmer. “Ich sehe, dass du die Blumen bekommen hast”, stellte sie fest. Sie wirkte seltsam beunruhigt. Vorsichtig sah sie sich um. Es war, als befürchte sie, jeden Moment von einem Pfleger geschnappt und auf eine Trage gepackt zu werden, auf der sie zu einer experimentellen Operation gefahren würde.
“Die Blumen sind sehr schön”, sagte ich. “Es war sehr nett von dir, die Nelken zu schicken.”
“So”, begann sie und kam zögerlich ans Bett. “Wie sind die Tests gelaufen?”
Ich zuckte die Schultern, denn bisher gab es nichts Neues. “So wie beim letzten Mal.”
Sie hob die Augenbrauen und sah mich mitfühlend an. “So schlimm?”
Ich nickte.
“Ich bin froh, dass du da bist”, sagte ich, “weil es ein paar Dinge gibt, die ich klären möchte.”
Sie schaute an mir vorbei aus dem Fenster. “Es ist nicht die richtige Zeit dafür …”
“Bitte”, beharrte ich. Im Gegensatz zu meinen Worten schien der Klang meiner Stimme zu ihr durchzudringen.
Seufzend wandte Margaret sich mir zu. “Okay, was gibt’s?”
“Ich habe
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