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Das Musterbuch (German Edition)

Das Musterbuch (German Edition)

Titel: Das Musterbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Mantovana
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hatte den Ball dankbar aufgegriffen. "Komm, lass uns Näheres in der taverna besprechen." Kaum hatte Andrea sein Gepäck in der bottega abgestellt und die garzoni für das Polyptychon San Luca instruiert, denn der Rahmen war noch zu vergolden und eine Figur in der linken Nische fehlte gänzlich, stand er zusammen mit seinem Freund und Kollegen auf der sonnenbeschienenen piazza della frutta . Sie unterhielten sich in einer taverna über vergangene Zeiten.
"Lass und doch noch due passi entlang der via San Francesco zur Kirche Santa Sophia machen, um deine Jugendsünde anzuschauen." Carlo bewunderte damals den 13 Jährigen für dieses Werk ungemein und nahm sich dieses stets zum Vorbild. Andrea war hingegen wesentlich stolzer auf sein Frühwerk in Venedig, den Heiligen Georg, den er mit 16 Jahren gemalt hatte.
"Wie warst du damals niedergeschlagen, als du den Prozess gegen unseren 'Ziehvater' Squarcione führen musstest! Hast du eigentlich noch Kontakt zu ihm?" Carlo wollte viel vom Freund wissen.
"Vor einiger Zeit suchte er mich in der Ovetari-Kapelle auf, aber wohl nicht aus persönlicher Hochachtung sondern aus rein pragmatischen Gründen: er wollte sich bei mir Ideen abgucken!" Andrea fiel dabei ein, dass diese Begegnung, die fast sechs Monate zurücklag, zusammen mit Niccolò standfand und er von der Krankheit seines Freundes damals noch nichts ahnte...
"Betreten wir das Reich des Maestro Mantegna und schauen uns seine Perspektivkunst an, von der alle Welt berichtet!" Mittlerweile waren die zwei Freunde nach einem kurzen Aufenthalt in der Kirche Santa Sophia über die via Altichiero zur Eremitani-Kirche gelangt und durch das Portal getreten. "Was heisst hier alle Welt?" Andrea nahm an, dass sein Freund masslos übertrieb.
"Hast du denn noch kein Exemplar von Leon Battista Albertis 'Elementa Picturae' erhalten? Soeben ist die lateinische Fassung erschienen und die ersten Kopien zirkulieren bereits "Nicht nur Euklid sondern auch Fibonacci werden hierin geehrt. Und von Mathematik verstehst du doch etwas Andrea!" Andrea hatte ihn als Junge schon in seinen Rechenkünsten beeindruckt. "Mir gefällt vor allem das Spiel mit der Perspektive, lieber Freund, und dafür war mir in der Tat der Traktat Albertis in 'De Pictura' sehr nützlich. Der Schnitt durch die Sehpyramide eröffnet einem Welten!" Erzähle mir mehr über deine Entdeckungen, Andrea und erläutere sie mir bitte anhand deiner wundervollen Fresken hier!"
"Das wird eine kostspielige Vorlesung: aber na, gut! - Alberti führt in Kapitel achtzehn, glaube ich, in die Relativität aller Grössen und bezeichnet den Menschen als das Mass für die Proportionalität im Sinne des ' homo-mensura '. Schau einmal hierher: die Figuren in den beiden Fresken zum toten Christoph entsprechen genau der Proportionalität im Sinne Alberti. Im 'Abtransport' verwendete ich den Trick der Fluchtpunktlinie, an der ich die Figuren aufreihte. Recht simpel, aber überzeugend oder?" Andrea dreht sich um." Schau einmal die beiden Büsser in den Bänken dort hinten: der vordere ist grösser, so auch die Bank, vor der er kniet, und der hintere kleiner: aber sie sowie die Bänke stehen in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander. Dafür braucht es Berechnungen. Deshalb bezog sich Alberti auf Fibonacci ."
" Itaque comparationibus haec omnia discuntur - also in Vergleichen nehmen wird all diese Eigenschaften zur Kenntnis an du erklärst mir damit die Wirkung von Distanzen. Ich erinnere mich da an Albertis 'camera optica'." Carlo hatte sich eingehend mit diesem Apparat befasst. "Guter Freund, ich wusste gar nichts von deiner Belesenheit. Vermutlich kennst du also auch das Buch der Optik von Kitab-al-Manzir , von dem wir die lateinische Übersetzung als 'De aspectus' vorliegen haben, oder die 'Prospettiva' von Guerruccio di Cione Federighi . Es hat schon Vorteile, die beste Universität Italiens am Ort zu haben und mit bedeutenden Gelehrten in Kontakt treten zu können."
"Das bedeutet eben, dass Alberti seine invenzioni aus den Büchern alter Gelehrter ableitet, so beispielsweise aus Euklids 'Optik'...." "Korrekt, Carlo", unterbrach ihn der Freund, "und da ist noch etwas, was mich an Alberti begeistert: sein Bezug zur Antike! Seine Analysen zu Vitruv und Cicero, Plutarch und den Bildhauern Phidias und Praxiteles, aber auch des Zeuxis. Daher auch mein Interesse für alles all'antica und ehrlich gesagt: die Liebe zur Antike hat sich schon seit der Lehrzeit in der bottega gebildet, dank der

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